Der unsichtbare Killer
das Absicht war, dass man sie vorsätzlich desorientierte.
Die Sektion, in der sie schließlich endete, wirkte wie eine Ambulanzstation in einem bitterarmen Land. Durchweg Metallmöbel, und davon nicht einmal viel. Tische mit dürftigen Elektronikelementen, keiner von ihnen auch nur annähernd hübsch und alle inmitten eines Wirrwarrs von Kabeln und Strippen. Keine Fenster. Wachen, denen befohlen worden war, nicht mit ihr zu sprechen.
Sie lernte nur drei Räume kennen. Zunächst ihre Zelle, vier Quadratmeter, mit einem schmalen Bett, das von der Wand abgeklappt war, einem Plastikbürostuhl, einem Tisch, an dem sie ihre ganzen Kantinentellermahlzeiten aß, einer Toilette und einem Waschbecken. Raum zwei, der Vernehmungsraum, befand sich gleich daneben.
Dorthin wurde Angela direkt gebracht. Er war fast identisch mit der Zelle: quadratisch und mit einem Tisch in der Mitte, ihr Stuhl auf der einen Seite, zwei Stühle auf der anderen. Die Wachen setzten sie hin und schnallten ihre Hand- und Fußgelenke fest. Dann erschien ein Techniker und befestigte diverse Elektroden und Sensorpads auf ihrer Haut. Unverschämt grinsend, als er den Reißverschluss vorn an ihrem Strafvollzugsoverall aufzog, um knapp unterhalb ihres BHs den Herzmonitor und zwei weitere eiskalte Pads anzubringen, die ihre Körpertemperatur und ihre Schweißabsonderung überwachten. Scheinbar gleichgültig erwiderte sie seinen Blick, doch in ihrem Innern begann die Furcht zu wachsen.
Wirklich Angst hatte sie eigentlich nur vor dem Tod. Doch der war nichts, worüber sie irgendeine Kontrolle besaß, da machte sie sich nichts vor. Andererseits hatte man sie bestimmt nicht den weiten Weg hierhergebracht, um sie dann einfach nur zu töten. Die Fesseln, die Sensoren, der unbekannte Ort, der Aufwand, der mit ihrem Transport verbunden war – dass alles konnte nur eines bedeuten. Sie wollten die Wahrheit wissen, und sie sollte sie ihnen liefern. Doch die Wahrheit, die sie so unbedingt erfahren wollten, war für sie nicht von Bedeutung. Das war ihre einzige Hoffnung. Ihr Talisman. Das Wissen, das sie vernünftig und rational bleiben würde.
Nachdem alle Pflaster auf ihren Körper gepappt waren, stellte der Techniker ein paar Kameras auf untergliederten Metallstielen so ein, dass sie ihre Augen beobachteten und die Pupillenerweiterung und die Häufigkeit ihres Blinzelns maßen. Zuletzt richtete er noch ein einfaches Mikrophon aus, damit auch die vokalen Stressmuster analysiert werden konnten.
»Sie sind so was von erledigt«, sagte er und strich ihr über die Wange. Angela wich nicht zurück, belohnte ihn mit lediglich einem Schnauben.
Elston war einer der zwei Männer, die die beiden Stühle ihr gegenüber einnahmen und sie all die zahllosen Stunden verhörten. Der mit dem niedrigeren Rang. Die meisten Fragen stellte Major Sung, wieder und wieder.
»Wir werden jetzt mit den Kalibrierungen beginnen«, erklärte er ihr, als der Techniker endlich ging und die Tür hinter sich schloss.
Angela bedachte ihn mit ihrem mitleidigsten Blick. »Sie wollen etwas über das Monster erfahren. Ich habe nicht die Absicht, irgendetwas zu verbergen. Ich kann nur nicht verstehen, wieso Sie der Sache nicht schon früher auf den Grund gegangen sind.«
»Nur zu Ihrer Information, wir haben niemals aufgehört zu ermitteln«, erwiderte Sung ruhig. »Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass es jemals existiert hat, nicht eine Spur. Wir haben keine Sichtung in der Wildnis um Abellia herum. Keinen kriminaltechnischen Beweis. Nichts. Wir haben ein kleines Vermögen ausgegeben, um diese Angelegenheit zu untersuchen, und jetzt wüssten wir gern, ob es wirklich nur ein Scheißtrick Ihrer Rechtsverteidigung ist.«
»Ist es nicht! Ich hab das verdammte Biest gesehen. Es ist real!«
»Dazu kommen wir noch. Aber zuerst sagen Sie mir Ihren Namen.«
»Angela Tramelo.«
»Alter?«
»Achtzehn.« Zumindest ging es so aus ihrer Geburtsurkunde hervor, die vermutlich die Akte war, die er soeben las.
»Was haben Sie am Imperial College studiert?«
»Sportmedizinische Physiotherapie.«
Und so ging es weiter. Ihrem Gefühl nach etwa acht Stunden. Wenn sie darum bat, gaben sie ihr etwas zu trinken. Schnallten sie sogar zweimal los, damit sie in ihrer Zelle auf Toilette gehen konnte. Aber ansonsten setzten sie ihre Fragerei erbarmungslos fort. Was haben Sie gesehen? In welchem Zimmer waren Sie, als der Angriff stattfand? Wie hat der Außerirdische ausgesehen? Was haben Sie getan? Wieso sind Sie
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