Der unsichtbare Killer

Hypothese?«
    »Es war auf St Libra, und jetzt ist es hier. Ich hab keine Ahnung, wie es sich eingeschlichen hat, ich weiß nur, dass ein North in der Leichenhalle liegt.«
    Antrinell hob beschwichtigend die Hände. »Okay, okay. Ich sehe, dass diese Sache schon viel zu viel Eigendynamik entwickelt hat, als dass einfache Logik sie aufhalten könnte. Und ich werde nicht derjenige sein, der dem Kaiser sagt, dass er nackt ist.«
    »Danke. Wie rasch kannst du mit Jay den Detektor zum Laufen bringen?«
    »Er besteht aus fünfzehn Modulen. Wir müssen sie ringförmig um die Stadt herum verteilen und mit dem HDA-Sicherheitsnetz verbinden. Das dürfte nicht ganz einen Tag in Anspruch nehmen.«
    »Sehr gut. Weniger als ich erwartet hatte.«
    »Vance, bist du dir wirklich sicher, dass du dich dieser Sache verpflichten willst? Wenn irgendwas schiefgeht, wird das ganze Schuldzuweisungsgehassel zu einem einzigen Albtraum werden.«
    Vance nickte bedächtig. »Glaub mir, ich hab lange darüber nachgedacht. Aber es gibt hier ein paar Dinge, die sich einfach nicht erklären lassen. Und der General hat mich persönlich angesprochen, ich werde ihn auf St Libra vertreten.«
    »Shaikh höchstselbst?«
    »Ja.«
    »Ah. Nun ja, in dem Fall wollen wir hoffen, dass Jesus über uns lächelt. Mit zusätzlicher Güte.«
    »Mit all der Hilfe, die wir bekommen können, sollten wir es schaffen«, stimmte Vance zu. Es war eine angenehme Wendung, mit einem Glaubensgenossen zusammenarbeiten zu können. Zu viele in der HDA runzelten über die Gospel Warriors die Stirn; Atheisten und Zyniker, die sich über die alten Religionskonzepte lustig machten. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass es besser war, wenn er seine Hingabe für Gott gegenüber den HDA-Kameraden nicht erwähnte.
    Ein Icon expandierte im Rasterfeld von Vances Iris-Smatcells. »Verbindung zum Dienststellennetz herstellen«, befahl er seiner E-I.
    Corporal Paresh Evitts war in Begleitung von Angela Tramelo im Vorzimmer eingetroffen. Der liebenswürdig-neutrale Ausdruck in ihrem Gesicht verriet Vance alles, was er wissen musste.
    »Bitte bleib hier«, sagte er zu Antrinell und begab sich wieder hinter den Schreibtisch.
    Der Corporal wusste, dass ihm das Wasser bis zum Hals stand. Er baute sich mitten vor dem Schreibtisch auf und salutierte in perfekter Vollendung. »Sir, Corporal Paresh meldet sich wie befohlen zum Bericht, Sir.«
    »Stehen Sie bequem, Corporal«, erwiderte Vance. Er hatte schon früher mit GE-Legionärstruppen zusammengearbeitet. Sie waren gut, allen anderen nationalen Streitkräften mindestens ebenbürtig. Wenn sie auf physischen Ärger stießen, hatte er kein Problem damit, ihnen sein Leben anzuvertrauen. Aber Angela Tramelo war kein Kampfgebiet – jedenfalls nicht die Art, die Legionäre gewohnt waren.
    »Corporal, Sie und ich werden in den nächsten paar Monaten eine Menge Zeit miteinander verbringen, ich will mich daher so kurz fassen wie möglich«, sagte Vance zu ihm. »Wenn Sie einen direkten Befehl erhalten, insbesondere was diese Frau betrifft, werden Sie ihm bedingungslos folgen. Sie werden nicht auf sie hören, Sie werden nicht tun, worum sie Sie bittet, Sie werden einfach nur Ihre Pflicht erfüllen. Noch Fragen?«
    »Nein, Sir.«
    »Tut mir echt leid, Mann«, sagte Angela zu dem bedrängten Corporal; ihr Ton war beeindruckend frech. Passend zu dem Schmollmund.
    »Was haben Sie auf der Last Mile gemacht?«, fragte Vance.
    »Sir, Bedarf für St Libra gekauft, Sir.«
    »Und das war ihre Idee, ja?«
    Paresh fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ja, Sir. Ms Tramelo meinte, wir sollten auf St Libras Umweltbedingungen vorbereitet sein. Sie ist schon einmal da gewesen und –«
    »Uninteressant. Warten Sie draußen. Wenn Ms Tramelo rauskommt, eskortieren Sie sie mit Ihrem Trupp zu der ihr zugewiesenen Unterkunft. Nirgendwo sonst hin. Verstanden?«
    »Sir.« Ein weiteres perfektes Salutieren, und Corporal Evitts machte auf dem Fuß kehrt und verließ das Büro.
    Vance befahl seiner E-I, das Rasterfeld auszublenden, sodass er Angela ohne irgendwelche graphischen Überlagerungen betrachten konnte. »Sie sind so ein durchtriebenes Miststück.«
    Sie grinste und ließ sich auf einen Stuhl ihm gegenüber plumpsen. »Ach kommen Sie. Ich helfen diesen armen Trotteln doch bloß. Sie sind so oder so tot, wenn wir das Nest des Monsters oder die Stadt oder das Mutterschiff oder worin sonst zur Hölle es leben mag finden. Sie werden ihnen doch nicht ein kleines