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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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feige, ich fliehe. Ich will nicht von Wänden eingeschlossen sein, wenn…«
Sie durchschritten den Gang bis zu seinem Ende. Im bizarren Wundloch des Meteoriteneinschlags suchten sie sich eine weit vorspringende Platte aus. Sie setzten sich aneinandergelehnt in ihre schützende Wölbung. Der Himmel war eng, seine Grenzen zerfetzt. Hier und da leuchtete ein einzelner Stern.
Kattens Gedanken kreisten um einen Punkt. Nichts anderes drang in sein Bewußtsein. Er traute nicht mehr seinen Sinnen. Er entrückte der gewohnten Welt seiner Empfindungen. Es gab nicht Lare und nichts anderes, nur diese verfluchte halbe Stunde.
»Katten?« Halbe Frage, sein Vorhandensein überprüfend. »Denk an das Tal am Ende des Tunnels, an den steinigen Strand, an das Haus und das Boot.«
Es war ihm, als spürte er ihren warmen Atem. Ihre Worte lenkten ihn einen Moment lang ab. Er fühlte seine trockenen Lippen und erkannte sogar seine Stimme wieder.
»Ob wir so sterben können wie sie?«
»Wen meinst du?« fragte Lare.
Er suchte nach Worten, dann sagte er einfach: »Sie, die Besatzung.«
»Was meinst du damit?«
»Wir werden nur so sterben, nur so, aus Zufall.« Tränen stiegen in ihm hoch, er schluckte krampfhaft und schwieg, um sich nicht zu verraten.
Nach Minuten drangen in ihr Schweigen ferne, unstet aufund niedersteigende Töne, als zerrisse etwas mit Heftigkeit, schrill, dumpf.
Entsetzt drängten sie sich aneinander, preßten die Arme um die undurchdringliche Schicht der Schutzanzüge. Er spürte Lares Bewegungen, hörte ihr stoßweises, wimmerndes Schluchzen.
Der ferne Laut dauerte nicht lang, verebbte abrupt. Kattens Blick fiel auf die Anzeige: Er hatte noch Sauerstoff für dreißig Minuten.
Er versuchte an nichts zu denken. Quälend langsam verstrich die Zeit. In Abständen überschwemmte ihn wie eine Flut der Gedanke, das Helmvisier zu öffnen. Er sagte es Lare. Sie klammerte sich fester an ihn, und ihr Schluchzen verstummte. Er glaubte sie sagen zu hören, nein, nein, das darfst du nicht.
Es blieben noch fünf Minuten.
Die Stimme des Kreiselkyberneten erschien ihnen wie eine Täuschung ihrer überreizten Sinne.
»Kreisel in vier-Komma-drei Minuten auf Position und zur Übernahme bereit.«
Als fürchte er, etwas Unsinniges zu äußern, flüsterte Katten: »Warum erst jetzt?« Er ahnte die Antwort.
»Rückkehr wegen Ausdehnung des Meteoritenfeldes nicht eher möglich.« Die Stimme wurde deutlicher, und unerbittlich fuhr der Automat fort: »Kursberechnung erfolgte auf Grundlage Sauerstoffverbrauch bei minimaler Belastung des menschlichen Organismus. Die Übernahme kann rechtzeitig erfolgen. Die Berechnung wurde verifiziert, sie ist fehlerfrei!«
In diesem Moment kam ihm schmerzhaft die unwiderrufliche Tatsache zum Bewußtsein, daß die anderen tot waren. Die Erinnerung an jenes ferne Geräusch ließ ihn zusammenfahren. »Es wird knapp!« Seine Stimme kippte heiser über. »Knapp, knapp!«
»Übernahme erfolgt rechtzeitig«, plärrte der Automat. »Übernahme erfolgt rechtzeitig…«
Jede Erklärung war sinnlos. Der Kybernet kannte ihre Situation besser als sie selbst. Seitdem die Verbindung wieder bestand, empfing er alle lebenswichtigen Daten: zwei Überlebende. Die Toten interessierten ihn nicht.
Nach einer endlos erscheinenden Zeit meldete der Kybernet: »Übernahmeposition ist erreicht. Servoautomaten zur Bergung von drei Überlebenden auf dem Marsch!«
Obwohl ihm das Atmen bereits schwerfiel, richtete sich Katten auf. Er packte Lare an der Schulter.
»Hast du gehört? Drei!«
»Bailey.«
»Bailey?«
»Sie hat recht«, vernahm er Baileys Stimme.
Kattens Herz hämmerte vor Erregung und Sauerstoffmangel. Sein Atem ging rasselnd. Ihm war heiß. Er würgte nach dem Rest stickiger Luft.
Baileys Worte klangen sachlich und leidenschaftslos. »Ich hab’ vorhin ein paar Sauerstoffflaschen entdeckt. Das Kunststück, sie an meinen Kreislauf anzuschließen, hat mich fast das Leben gekostet.«

UFO
»Das war mal eine Geschichte«, sagte Pickett, »schön schauerlich. Leider«, er seufzte, »erstunken und erlogen.«
    »Desto mehr«, fiel ihm Booster ins Wort, »ist die Phantasie des Erzählers zu loben.«
Carson konnte es sich leisten, die Ironie zu überhören: Seine Geschichte war wirklich gut gewesen. Er schwieg, schlürfte Glühwein und blickte scheinbar unbeteiligt aus dem Fenster.
Draußen war es bereits dunkel. Ein scharfer Wind hatte sich aufgemacht, es rauschte in den Wipfeln, vereinzelt schlugen Regentropfen gegen das hohe, vielfach

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