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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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ein helles, rhythmisches Summen. Am inneren Halsring blinkte ein grelles Licht. Es wurde still.
Der Bordkybernet verkündete die erste Alarmstufe und beorderte die Passagiere zurück an Bord.
Sie hetzten den Gang entlang. Die Stimme des Kyberneten begleitete sie: »Schnelles, dichtes Meteoritenfeld in Annäherung. Ausweichmanöver in vier Minuten.«
»Zerstrahlen!« schrie Bailey keuchend im Takt der Schritte. »Höchste Leistungsstufe. Zerstrahlen. Ausweichmanöver stoppen!«
»Zerstrahlen unmöglich«, antwortete der Automat. »Masse größer: zehn hoch neunzehn Gramm!«
»Schutzschirm auf Höchstleistung!«
»Objekte schneller: fünfzig Kilometer pro Sekunde«, erwiderte die Stimme lakonisch. »Ausweichmanöver in drei Minuten!«
»Ausweichmanöver verboten!« schrie Bailey verzweifelt. »Menschenleben in Gefahr!«
»Bei Verzögerung Gefährdung von Schiff und Menschen«, tönte unbeirrt die Antwort. »Manöver in zwei Minuten!«
Als vor ihnen die Umrisse des Lecks aus dem Dunkel traten, blieben noch siebzig Sekunden. Die ersten begannen mit hastig-eckigen Bewegungen, in die vom Meteoriten getroffene Sektion einzudringen. Sie flatterten mit ungelenken Bewegungen vor dem dunkelleuchtenden Hintergrund des Alls, Insekten inmitten zerfetzter Spinnfäden. Unbeirrt rotierte der lose Träger wie der Zeiger einer ewigen Uhr.
Bailey blieb atemlos stehen und lehnte sich gegen ein aus der Wand ragendes Rohr. »Kommt zurück, kommt doch zurück!« Seine Stimme überschlug sich. Sie hörten nicht auf ihn. Einen Moment noch waren irgendwo ihre Scheinwerfer zu sehen, dann verschwanden auch diese.
Bailey drehte sich um und begegnete Kattens Blick.
»Was willst du?« Er stieß die Worte hervor. Sie kamen zischend, heiser wie Dampf aus einem berstenden Kessel.
»Nichts.« Kattens Handbewegung deutete an, daß er sich von der Frage zurückzog, ohne sie ausgesprochen zu haben. Was hatte es jetzt für einen Sinn, mit Bailey zu moralisieren. Schuld oder Nichtschuld!
Baileys Stimme war wieder wie gewohnt. »Es ist nicht mehr zu schaffen. Wir müssen hier warten, bis der Kreisel uns abholt. Ich verlange Disziplin; es kann nicht lange dauern. Ich werde die fünf der Sicherheitsbehörde melden.«
»Wenn sie im Strom umkommen…« Es war Lares Stimme.
Bailey drehte sich ohne Antwort um und starrte an dem Gewirr zerfetzter Teile vorbei. Draußen huschte sekundenlang aufblitzend der Schatten des Rettungsgleiters.
»Ihr schafft es nicht zum Kreisel!« schrie Bailey. »Es ist Selbstmord!«
Er bekam keine Antwort. Statt dessen sagte jemand: »Das geht auf deine Kappe.«
Bailey fuhr herum. »Ach! Das Vergnügen ist vorbei, jetzt braucht ihr einen Dummen, wie?«
»Du hast uns überredet, die Marsbahn zu überschreiten.«
»Ihr benehmt euch wie Kinder«, sagte Lare. »Wir waren alle begeistert, als Bailey damit herausrückte.«
»Trotzdem«, beharrte die Stimme. »Er hat’s organisiert. Sie werden auch seinen Partner in der Leitstelle hochnehmen.«
Katten hörte zustimmende Äußerungen. Bailey knurrte wütend. Es war ungerecht, Bailey so zu behandeln. Hätten sie auf ihn gehört, wären sie alle wieder im Raumkreisel gewesen, als der Alarm kam. Er sagte laut: »Bailey ist zwar Order-Chief, aber die Schuld kommt auf jeden von uns.«
Sie schrien ihn höhnisch nieder.
»Laß sie«, sagte Bailey. »Diese Mitläufer. Es hat keinen Sinn.«
Das Geschrei verstummte. In die lauernde Stille fiel Lares energische Stimme. »Spielt doch nicht verrückt, die fünf trifft eigene Schuld. Aber ich denke, sie schaffen es entweder zum Kreisel oder zurück. In zwei Sekunden holt uns das Raumschiff.«
»Sie hat recht«, äußerte eine schüchterne Stimme. »Seid vernünftig. Wir sollten uns lieber die Zeit vertreiben. Es wird langweilig.«
»Meldung einer Idee«, rief jemand. »Wir feiern das Fest des Absoluten Nullpunkts. Tanz bei null Grad Kelvin und Schwerelosigkeit. Musik hab’ ich dabei.«
Ein begeisterter Aufschrei antwortete dem Vorschlag. Sie tobten los. Einer hatte einen Raum entdeckt, der wohl ehemals als Aufenthaltsraum diente. Er lag ein Stockwerk über der Zentrale.
»Kommst du mit?« fragte Katten.
Bailey blickte ihn kalt an, schüttelte langsam den Kopf. »Geht voraus. Ich hab’ noch was zu tun.«
»Bailey«, sagte Lare, »das kannst du nicht machen. Du kannst sie nicht allein lassen.«
»Verrat mir, was sie von meiner Anwesenheit haben«, knurrte Bailey.
»Du weißt genau, was ich meine.«
Katten bemerkte eine Vertrautheit zwischen ihnen, die ihn

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