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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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auf der Erde schlafen. Vielleicht erweist sich der Einfluß des Hypsychosators als ausreichend.«
Die Frau nickte wehmütig. »Das wäre die einzige Möglichkeit, ihm den Hypnonder zu ersparen. Man fühlt sich in den Tagen danach so leblos.«
»Aber er hilft.«
Sie blickte aus dem Fenster auf den entschwindenden Asteroiden. »Was hat er nur erlebt? Was ging dort mit ihm vor?«
Der Mann nahm sie in die Arme. »Er wird es vergessen.«
Sie machte sich frei, überraschend, nachdem sie einen Moment erschlafft gegen ihn gelehnt hatte. »Ich will es wissen.«
Er schüttelte den Kopf. »Warum willst du dich mit den gefährlichen Erinnerungen eines anderen belasten? Er wird es vergessen.«
»Es gab dort etwas, was unser Leben bedrohte, nicht nur hier und in diesem Augenblick, nicht unser persönliches Leben, sondern überhaupt.«
Er strich mit dem Mund über die Falte an ihrer Nasenwurzel. »Ist das wirklich wichtig? Nichts kann unser Leben bedrohen!«
»Es ist einmalig und unerhört: Ein Mensch verweigert sich dem Hypnonder, um mit seinen schädlichen Erinnerungen zu leben. Er muß krank sein.«
»Vielleicht. Der Hypsychosator wird es…«
»Aber dann«, fuhr die Frau beharrlich fort, »müßte die Ursache der Krankheit außerhalb zu suchen sein. Ich meine, das kam von außen, plötzlich. Es hat sich nicht in ihm entwikkelt.«
Der Mann küßte ihre heißen Wangen. »Du solltest ein wenig ruhen.«
Sie klammerte sich an ihn, ihre Augen waren weit. »Der Hypsychosator muß mich koppeln.«
»Wenn seine Erinnerungen nicht nützlich für dich sind, wird er sein Bewußtsein für dich sperren.«
»Ich werde die Sperre annullieren.«
Der Mann löste sich von ihr. »Das ist verboten! Es kann deine Vollöschung zur Folge haben. Aber ich möchte dich so behalten, wie du bist. Mir liegt nichts an irgendeiner synthetischen Person mit deinem Äußeren, an die ich mich erst gewöhnen müßte.«
Sie lächelte schwach. »Es ist lieb von dir.« Ihr Mund leuchtete groß und ernst aus dem schönen Antlitz. »Ich muß wissen, was in dem Jungen vorgeht.«
Ihre Starrköpfigkeit verletzte ihn. Steif sagte er: »Du bist zweiundvierzig, du hast fast den sechsundzwanzigsten Reifegrad. Du kannst verantwortlich entscheiden. Mir bist du keine Rechenschaft schuldig. Aber was willst du dem Hypsychosator sagen? Ich wäre nicht glücklich, wenn er dich konvertierte.«
»Du kannst mich begleiten.«
Der Vorschlag traf ihn wie ein Schlag, beschämte ihn maßlos. Er stammelte, versuchte seiner Verwirrung Herr zu werden, äußerte kurzatmig Unverständliches, das er mit zerfahrenen Gesten zu ordnen versuchte. Wann jemals hätte ein Mensch einem anderen einen solchen Vorschlag gemacht? War es nicht rücksichtslos von ihr, ihn in Gefahr zu bringen? Seine Arme sanken herab, er schwieg. Sein Mund öffnete sich. »Ich begleite dich.«
Sie schmiegte sich an ihn, küßte ihn, erregend in ihrer Hingabe.
Sie lagen reglos, in den unsichtbaren Kissen aus Energie. An der Wand summte der Hypno-Konverter des Hypsychosators. In gleichmäßigen Wellen umkreiste eine Lichtspirale sein Facettenauge. Die Wände glühten in tiefem Rot, öffneten sich dunkelstrahlend, den Blick in die Unendlichkeit lockend.
Die Dimension des Raums entflog. Niemandsland zwischen zwei Welten.
Sie sahen nicht mehr mit eigenen Augen, hörten nicht mehr mit eigenen Ohren, fühlten, rochen, schmeckten mit fremden Sinnen. Ehe sie gänzlich in das andere Bewußtsein eindrangen, durchfloß sie wie ein kühler Schauer ein letzter, eigener Gedanke: Das ist nicht unser Sohn. Unbekanntes sog sie auf. Es hatte von ihm Besitz ergriffen.
Dieses andere dachte an etwas, was ihnen ungeheuerlich erschien, es empfand mit furchtbarer, explosiver Intensität.
Einen Moment lang versuchten sie, an die Oberfläche ihres Bewußtseins zu gelangen. Doch schon hatte der Unbekannte sie erfaßt. Er beherrschte ihre Gedanken, löschte sie aus. Ihre Furcht vor ihm war nicht stark genug. Wie ein Orgasmus überschwemmte Neugier sie.
Der Hypsychosator sah keinen Grund, den Vorgang zu unterbrechen.
Es gab kein Zurück mehr. Immer tiefer sanken sie in das Wesen ein, das den sonderbaren Namen O’Skryllis trug und in ihrem Sohn wohnte.
    O’Skryllis war zufrieden mit dem Tag. Er hatte eine Glückssträhne wie selten in seinem Leben, und es war nicht arm daran gewesen.
    Schon als er den Asteroiden anflog, hatte ihm eine Ahnung gesagt, das da ist ein Opalasteroid. Als die Analysendaten es bestätigten, fand er es irrsinnig komisch. Er

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