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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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Mensch? Du bist kein Mensch!«
»Nein.«
Das Lachen stürzte wieder hervor. »Du bist mein Traum von Keméle.«
»Ich habe mich ihrer äußeren Form bedient. Wir dachten, das würde den Kontakt erleichtern.«
»Wer – wir?«
»Die anderen meiner… Crew.« Sie sagte nicht Mannschaft, Besatzung, Kameraden; woher hatte sie dieses Wort? Es gehörte zum Sprachschatz junger Leute. Als Djagganaut zwanzig war…
Als müßte er sie abwehren, wich er einen winzigen Schritt zurück. »Woher… woher kommst du… ihr?«
»Aus einem Planetensystem, dessen Zentralgestirn ihr Capella nennt.«
Ihre Worte flossen an ihm vorbei. Er fragte: »Lebewesen von einem anderen Planeten?«
Er erkannte Keméles hintergründiges Lächeln. In jeder Geste war sie Keméle. »Nach eurem Maßsystem liegt unsere Welt in einer Entfernung von fünfundvierzig Lichtjahren.«
Die Zahl stand nüchtern und unwiderruflich im Raum. Djagganaut kicherte hysterisch. Der aufreizende Laut ließ ihn zur Besinnung kommen. Er strich sich schweißnasses Haar aus der Stirn. Seine Hand zitterte. »Woher wißt ihr von uns? Was weißt du von mir, von Keméle?«
»Wenn es dir gefällt, kannst du mich mit diesem Namen nennen. Wir hätten voraussehen müssen, daß dich ihr Anblick erschrecken würde. Ich bitte dich um Verzeihung. Aber wir hatten keine Wahl. Unsere natürliche Gestalt hätte unserer Begegnung im Wege gestanden. Es ist unmöglich. Ihr würdet uns nicht einmal als Lebewesen erkannt haben. Abgesehen davon, verfügt unser Körper über keine Möglichkeit, sich mit euch phonetisch zu verständigen.«
»Aber wie…?«
»Wir erfaßten dein Bewußtsein mittels eines technischen Geräts. Es ist ein aufwendiges Verfahren, aber der Effekt rechtfertigt es.«
»Ihr habt…? Wann war das?«
»In dem Zeitraum, den du als den vergangenen Tag bezeichnest. Hast du unseren Eingriff bemerkt?«
»Mich quälten wahnsinnige Kopfschmerzen, den ganzen Tag.«
»Du solltest uns auch das verzeihen. Es ist ein geringes Opfer.«
Sie standen sich noch immer auf dem Gang gegenüber. Um irgend etwas zu tun, forderte er sie auf einzutreten.
Sie ging neben ihm. Er konnte nicht umhin, wie früher die Linie ihres Nackens zu bewundern, die Hüften, die einer unsichtbaren Schwingung folgten. Ihre Brüste vibrierten im Rhythmus ihres Schritts.
Sie setzte sich, schlug die Beine übereinander – Keméles Haltung – und lehnte es mit einer hilflos-spontanen Geste ab, etwas zu trinken.
»Wie weit bist du Mensch?«
»Fast völlig, bis auf unwesentliche Einzelheiten, die für die Erfüllung meiner Aufgabe nicht nötig sind.«
»Was ist deine Aufgabe?«
»Ich soll einen ersten, versuchsweisen Kontakt mit den Menschen herstellen. Mit einem Menschen! Du warst ein günstiger Fall: du bist allein. Da ihr zweigeschlechtliche Lebewesen seid«, fuhr sie fort, »erschien es uns günstig, die Form deines bevorzugten Partners zu benutzen, der Person, die du am besten kennst, der du am nächsten stehst.« Sie raffte mit vertrauter Bewegung ihr Haar in einer Hand zusammen und strich es über die Schulter zurück. Ihre Brüste preßten sich gegen das Kleid, das inzwischen getrocknet war.
Aus einer beinahe pubertären Scham heraus und der Befürchtung, sie könnte in seinen Augen seine Gedanken erraten, versuchte er, den Blick auf ihren Mund oder ihre Nase zu konzentrieren. »Warum die Maskerade?«
Ihre Stimme überschwemmte ihn wie ein kalter Guß. »Unser Anblick würde euch entsetzen.«
»Nichts, was unserer Phantasie vorstellbar ist, kann uns erschrecken.«
»Wir befinden uns jenseits dieser menschlichen Grenze.« »Woher wollt ihr das wissen?«
»Wir haben dein Innerstes untersucht.«
Die Ungeheuerlichkeit ließ ihn seine ganze Kraft zusammennehmen. »Das ist unzulässig.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir werden unsere Grenzen schnell erweitern.«
»Es gibt keine Gemeinsamkeit zwischen uns. Weder äußerlich noch innerlich, weder sittlich noch emotionell.«
»Das ist unmöglich.«
Sie lachte ihn aus. »Du siehst, wie schnell du deine Grenzen erreichst.«
Er zuckte mit den Schultern. »Uns bleibt das Wichtigste, die rationale Verständigung.«
»Das allein?« Sie zog die Brauen in die Höhe. »Wozu?«
Er äußerte ärgerlich: »Was soll das? Ihr überfallt mich in ziemlich geschmackloser Manier, treibt, wie du sagst, ungeheuren Aufwand, und das alles, um festzustellen, daß unsere Begegnung von keinerlei praktischem und wissenschaftlichem Nutzen sein wird. Ist das eure Logik?«
»Ja«, behauptete

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