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Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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»Aber wahrscheinlicher ist, dass sie um einen magischen Talisman gekämpft haben – das Schwert vielleicht.«
    »Gute Idee«, sagte Hjerold schon munterer. »Das schreibe ich mir auf.«
    »Ich frage mich«, begann Meredith, die immer noch das Fax begutachtete, »ob es nicht eine Verbindung zur Universität selbst gibt. Wie wahrscheinlich ist es, dass zwei Professoren, einer davon sogar Rektor, plötzlich beschließen, das renommierteste Festival Europas zu stürmen? Es könnte sein, dass wir in Wien nach Antworten suchen sollten, und nicht nur in Bayreuth.«
    »Das klingt nach einer guten Fährte, die wir verfolgen sollten – nach einer sehr guten sogar«, sagte Tetsuo.
    »Ich werde mich so bald wie möglich darum kümmern«, sagte Hjerold. »Ich hätte es schon längst getan, wären die Telefone nicht abgeschaltet.«
    »Also, was nun?« Shingo ließ seinen Blick über ihre verschiedenen Funde wandern. »Sollen wir nach Attila dem Hunnen suchen?«
    »Warum nicht?«, fragte Meredith. »Das ist ein guter nächster Schritt.«
    »Ich möchte respektvoll widersprechen, Meredith«, sagte Tetsuo entschuldigend, »und ich sage dir auch warum. Die Ereignisse der letzten Tage mögen eine Wiederkehr von Elementen aus dem Nibelungenlied darstellen, doch die Gesamtfolgen gehen weit über die Ermordung deines Stiefvaters oder die Suche nach einem verlorenen Schatz hinaus. Ich denke, wir müssen noch genauer hinsehen, auf die Mythen in ihrem weiteren Umkreis. Ich glaube, das, was passiert, ist weitaus schlimmer, als jeder von uns sich vorstellen kann.«
    »Was sagst du da, Ted?«
    Langsam ließ er seinen Blick von Fuji zu Hjerold, Shingo und Meredith wandern. Meredith hatte den Verdacht, dass jeder von ihnen das gleiche dachte, doch niemand war gewillt, es in Worte zu fassen.
    Schließlich sagte Tetsuo feierlich. »Ragnarök.«
    »Die Götterdämmerung? Ernsthaft? Das glaubst du doch nicht wirklich, Ted.«
    Wie zur Antwort begann Fuji aus einem der älteren Bücher auf dem Tisch vorzulesen. »Viele Dinge müssen geschehen vor dem Anbruch der Ragnarök. Zuerst kommt der Fimbulwetr, der ›Gewalts-Winter‹. Da herrscht Schneetreiben aus allen Richtungen, starken Frost gibt es und scharfe Winde. Die Sonne versinkt. Drei Winter folgen aufeinander, ohne Sommer dazwischen. Große Kriege toben; da erschlagen einander Brüder aus Habgier, und keiner scheut sich, den eigenen Vater oder Sohn zu morden. Dann geschieht das Ungeheuerliche: dass der Wolf die Sonne verschlingt – großes Unglück bricht über die Menschen herein. Ein anderer Wolf packt den Mond, und auch der richtet schweren Schaden an. Die Sterne verschwinden am Himmel. Die ganze Erde und die Berge beben so, dass sich die Bäume loslösen vom Boden, und die Fesseln alle brechen, die Bande zerreißen. Dann kommt der Fenriswolf los. Das Meer stürmt über die Küsten, weil sich die Midgardschlange windet im Riesenzorn und hinaufdrängt ans Land.«
    Meredith erinnerte sich an ihren Traum und verspürte ein Frösteln.
    »Hört mal«, sagte Shingo, »lasst uns vernünftig sein. Wölfe? Die Midgardschlange? Das scheint mir für diese Geschichte etwas weit hergeholt zu sein.«
    »Es ist keine Geschichte mehr«, sagte Hjerold, ohne sich an jemand Bestimmten zu wenden. »Es ist genau das, was er gesagt hat.« Er nickte Tetsuo zu. »Die Götterdämmerung.«
    »Aha.«
    »An welche Religion glaubst du, Shingo?«
    »Also«, sagte er und sah seine Eltern ein wenig beschämt an. »Ich beschäftige mich nicht weiter damit, aber ich würde mal sagen, dass ich Christ bin.«
    »Gut«, sagte Hjerold. »Dann glaubst du also daran, dass die Bibel ein historisches Dokument ist, und nicht nur Mythos oder Allegorie oder Metapher?«
    »Klar.«
    »Glaubst du an die Prophezeiungen über das Ende der Welt, Gottes Rache und all das?«
    »Im Grunde – ja, wahrscheinlich schon.«
    »Also gut.« Hjerold hob ein gebundenes Exemplar beider Eddas hoch. »Wer sagt dann, dass die Edda nicht ebenfalls dokumentarisch ist, oder dass die Voraussagen über die Ragnarök nicht mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit Wirklichkeit werden können wie deine christliche Apokalypse?«
    »Ich sage nicht, dass es unmöglich ist«, verteidigte sich Shingo. »Ich glaube nur, dass das alles unwahrscheinlich ist, bis an die Grenze zur Unmöglichkeit.«
    »So unwahrscheinlich wie ein Düsenflugzeug, das sich in einen Drachen verwandelt und alle Passagiere auffrisst?«
    »Äh… ach, verdammt«, krächzte Shingo.
    Während sie sich

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