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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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Sie?«
    Der junge Mann räusperte sich und entgegnete: »Victor X. Lance, Taxifahrer und Bogenschütze, unter anderem.« Er verbeugte sich und fügte hinzu: »Und ich stehe euch zu Diensten.«
    »Nichts für ungut, aber Sie sehen ziemlich lächerlich aus!«, platzte Kay heraus.
    Und das stimmte voll und ganz. Victor Lance, der aussah, als wäre er um die zwanzig, trug hochgeschlossene Ledermokassins und eine Hose aus Leder und Kettenpanzer. Dazu ein tarnfarbenes Jagdhemd unter einer schwarzen schusssicheren Weste und einen grünen Filzhut im Robin-Hood-Look, an dem eine große Fasanenfeder steckte.
    Und der alberne Hut war nicht das einzige ungewöhnliche Accessoire, das er trug. In der rechten Hand hielt er einen riesigen Bogen voller Schnüre und Seilrollen. Geschmückt war er mit rot-weiß-blauen Motiven, zum Beispiel der amerikanischen Flagge und schreienden Adlern. Auf dem Rücken hatte er einen Köcher mit sehr langen Pfeilen, die mit besonders schmuckvollen Federn verziert waren, und um die Hüfte trug er ein militärisch aussehendes Jagdmesser.
    Artie konnte ihn immer noch nicht einordnen. »Woher kenne ich …«
    »Cincinnati. Ich war dein Taxifahrer und habe mich bemüht, freundlich zu sein, aber du warst sehr geistesabwesend.«
    Kay wandte sich an ihren Bruder und fragte: »Artie, kennst du diesen Typen?«
    »Nicht richtig. Aber jetzt erinnere ich mich. Er war tatsächlich mein Taxifahrer.«
    Artie senkte Cleomedes und Kay schüttelte den Kopf. Der Liste an Verrückten, die sie in der letzten Woche getroffen hatten, konnten sie nun einen »Miliz-Taxifahrer« hinzufügen. Warum auch nicht. Es waren schon schrägere Sachen passiert. Zum Beispiel kannten sie einen Miniaturmann, der ein Kaninchen ritt.
    Dieser schaltete sich nun ein und erklärte: »Artie, Kay, Herr Lance ist ein Freund und Verbündeter von mir und Merlin, und er wird es auch für euch sein. Ein sehr findiger Kerl. Er weiß ein bisschen was über euch und eine ganze Menge über die Anderswelt.«
    »Das ist eines meiner Hobbys, müsst ihr wissen. Genau wie vom Bogenschießen kann ich auch von der Anderswelt einfach nicht genug kriegen. Das ist eine lange Geschichte, aber ich habe mehr oder weniger selbst herausgefunden, dass es diese zweite Welt namens Anderswelt gibt. Wurde ganz schön besessen davon. Hab hier überall ein wenig geheime Nachforschungen betrieben, die mich zum Unsichtbaren Turm und dem alten Lyn – ich meine Merlin – geführt haben. Muss mich immer noch daran gewöhnen, ihn so zu nennen.«
    »Wem sagen Sie das«, bemerkte Artie. Kay nickte.
    Lance fuhr fort: »Jedenfalls bin ich ein harter Bursche und ein guter Kämpfer. Ich war mit der Armee im Irak, bis ich nach zwei Jahren ehrenhaft entlassen wurde. Auf meinem rechten Ohr kann ich nichts mehr hören und ich hab nur noch einen Lungenflügel. Ich kann nicht mit euch nach Anderswelt kommen. Wir wissen nicht warum, aber im Moment können nur Kinder und Leute wie Däumling, die aus der Anderswelt stammen, dort ein- und ausgehen. Meine Aufgabe ist daher, hier zu bleiben und das Tor zu bewachen, um sicherzustellen, dass niemand Unfug damit treibt.«
    Artie und Kay sahen sich an und zuckten mit den Achseln. Klar, warum nicht?
    »Ich werde euch nicht hängen lassen, Leute.«
    Während ihres Gesprächs hatte Däumling einen silbernen Faden zu einem weiten Kreis gelegt. Innerhalb dieses Kreises standen das Kaninchen, Artie, Kay und er selbst. Lance stand außerhalb.
    Däumling beugte sich zu ihrem neuen Freund hinüber und reichte ihm das Ende des Fadens. Lance nahm einen Pfeil aus seinem Köcher, band den Faden daran fest und legte den Pfeil an die Sehne. Dann spannte er den Bogen und zielte in die Baumkronen.
    Als er losließ, zischte der Pfeil durch die Luft. Mit einem beeindruckenden Knall traf er sein Ziel.
    Plötzlich gab es ein Geräusch, als würden elektrische Funken sprühen und ein heller, durchsichtiger Vorhang umschloss alle bis auf Lance.
    Der Bogenschütze sagte: »Ich werde da sein, wenn ihr zurückkommt. Viel Glück!«
    Und ehe sie sich’s versahen, war der dunkle Wald verschwunden.

Kapitel 11
    IN DEM UNSERE REISEGRUPPE IN DEN GENUSS EINER RUHIGEN,
KLEINEN PADDELTOUR AUF EINEM SEE KOMMT
    Ein greller Lichtblitz leuchtete auf und verschwand wieder. Sie verzogen die Gesichter und rieben sich die Augen. Als sie wieder richtig zu sich kamen, fanden sie sich auf der Straße wieder, die Artie mit Bercilak, dem grünen Ritter, entlangspaziert war.
    »Alles in Ordnung

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