Der unsichtbare Turm
könnt Eure Sachen hierlassen.«
Däumling lachte zustimmend und Artie und Bedevere gingen unbewaffnet auf Lavery zu, bereit zu gehen.
Doch Kay war nicht so willig. Den stechenden Blick des Elfs vermeidend, sagte sie: »Ich glaube, wir sollten unsere Sachen mitnehmen, Leute. Wir wollten doch von da gleich weiter. Ich meine, wir bleiben doch nicht noch eine Nacht hier, oder?«
Däumling schwankte, als Artie und Bedevere ihn fragend anblickten. Er sah Kay scharf an und sie konnte fast erkennen, wie sich die Rädchen in seinem Kopf drehten. Das schien ihr ein gutes und schlechtes Zeichen zugleich. Schlecht, weil es ihr bestätigte, dass sie eindeutig unter dem Einfluss irgendeines Zaubers standen; gut, weil sich Däumling, wenn er nachdachte, vielleicht davon befreien konnte.
Kay ging zum Regal hinüber, nahm Cleomedes und schnallte es sich um. Sie griff auch nach dem Rest ihrer Ausrüstung und drückte Däumling dann das walisische Wakizashi in seine kleine, raue Hand. Eine plötzliche Übelkeitswelle bekämpfend, sah Kay Däumling direkt in die Augen und sagte: »Hier, Tommy, nimm es. Wenn wir im Landkartenhaus fertig sind, müssen wir gleich weiter, okay?«
Däumlings Pupillen weiteten sich auf die Größe eines Zehncentstücks und alle Farbe wich ihm aus dem Gesicht. Kay fürchtete schon, dass Däumling jetzt endgültig weggetreten war. Doch dann nickte der kleine Mann und schob sein Schwert in den Gürtel. Er drehte sich zu Artie und Bedevere um und sagte: »Sir Kay hat recht, Burschen, wir müssen weiter. Nehmt eure Schwerter.«
Artie und Bedevere zuckten mit den Schultern und holten geistesabwesend die Schwerter, die übrigen Waffen und das Gepäck. Sie stellten sich an der Tür auf, Däumling ganz vorne in der Reihe und Kay hinten.
Energisch sagte Däumling: »Wir sind bereit, Meister Lavery.«
»Ja, das sehe ich«, zischte er. Sein Lächeln war verschwunden. Aber da er immer noch Jeans und das alberne Dungeons-&-Dragons-T-Shirt trug und außerdem vollkommen unbewaffnet war, wirkte er nicht allzu gefährlich.
Die Raubkatze hingegen verströmte aus jeder Pore Todesgefahr. Lavery trat zurück in die Halle und kraulte sie unterm Kinn. Schrödinger stieß einen Laut aus, der sich wie eine Mischung aus Knurren und Schnurren anhörte. Der Ton ging Kay durch Mark und Bein.
Falsch lächelnd sagte Lavery: »Schön. Wollen wir dann?«
Mit einer Sicherheit in der Stimme, die Kay außerordentlich beruhigte, erwiderte Däumling: »Wir wollen.« Der Reihe nach gingen sie hinaus.
Sie wanderten eine ganze Weile durch die Halle, von der Eingangstür weg. Lavery ging voraus und Schrödinger hinter ihnen. Auf leisen Pfoten folgte er Kay. Die kämpfte ununterbrochen gegen den Drang, sich nach der Raubkatze umzusehen, aus Angst, dass diese ihr sonst mit ihren fiesen Riesenzähnen den Kopf abreißen würde.
Schließlich erreichten sie das Ende der Halle und standen vor einer normalgroßen Tür. Lavery schloss sie mit einem großen silbernen Schlüssel auf. Knarrend gab sie den Blick auf eine dunkle, dichte Wiese frei.
Lavery streckte einladend den Arm aus und sie gingen hindurch.
Der Garten der Bibliothek war so groß wie ein Fußballfeld. Die Äste der riesigen Ulme, in der sich die Bibliothek befand, ragten über die Rasenfläche und verdunkelten den Himmel. Ihre Blätter waren so dicht, dass schwer zu sagen war, ob Nacht oder Tag, Abend- oder Morgendämmerung herrschte.
Ein kniehoher hölzerner Zaun begrenzte den Garten. Der Elf setzte sich wieder an die Spitze und sagte: »Hier entlang, bitte.« Er ging auf ein niedriges, fensterloses Haus mit strohgedecktem Dach am Ende des Gartens zu. Neben dem Haus saß der andere Säbelzahntiger, Frau Tibbins. Kay war überhaupt nicht erfreut, sie dort zu sehen.
Hinter dem Haus stand ein Eichenwald, der so dicht und finster war, dass er jegliches Unterholz, durch das sie sich in der Woche zuvor gekämpft hatten, im Vergleich lächerlich wirken ließ. Seine gigantischen Bäume waren mit Moos bedeckt und als sie näher kamen, rutschte Kay das Herz in die Hose, als ob dort etwas wartete.
Sie wollte jedoch nicht, dass die anderen sie für paranoid hielten und sagte lieber nichts.
Schließlich erreichten sie das Gebäude. Schrödinger ging an ihnen vorbei und setzte sich Frau Tibbins gegenüber.
Lavery sagte: »Nun, da wären wir. Die Karte, die Ihr benötigt, wurde für E uch herausgeholt und ausgebreitet. Ich werde E uch jetzt allein lassen, doch die Kätzchen bleiben. Falls
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