Der unteleportierte Mann
müssen, um die Fälligkeitsdaten der Schuldscheine einzuhalten. Aber nun zu uns, Rachmael. Sie erwarten . . .?« »Ich besitze immer noch«, sagte er, »unser schnellstes, neuestes, größtes Schiff, die Omphalos. Ich habe sie nie verkauft, ganz gleich, wie sehr mich AHS unter Druck gesetzt hat, vor den UN-Gerichten oder außergerichtlich.« Er zögerte unmerklich, dann sprach er das Ungeheuerliche aus. »Ich möchte nach Walmaul reisen. Per Schiff. Nicht mit Dr. von Einems Telpor. Und vor allem mit meinem eigenen Schiff, dem Fahrzeug, das eigentlich hätte unser Flaggschiff — « Er brach ab. »Ich möchte es die ganze Strecke bis nach Fomalhaut überführen, auf einer Achtzehn-Jahres-Reise — allein. Und wenn ich auf Walmaul ankomme, dann werde ich beweisen — «
»Ja?« fragte Freya. »Was werden Sie beweisen, Rachmael?« Während er dasaß und seine Antwort formulierte, sah er wieder die sanfte, intelligente Gestalt Abbas; aber Abba sah nicht wie ein Mensch aus. Ein dunkler, vielgestaltiger Pelz bedeckte Abba, und als der Weise sprach, wirkte seine Stimme schrill und unheimlich. Überbleibsel des Traums, begriff Rachmael; sie fallen mir im Wachzustand wieder ein.
Abba intonierte: »Es gibt einen wunderschönen Ort. An ihm liegen prima Speisen. An ihm liegen . . . Lügen . . . liegen . . . Lügen.»
Das letzte Wort blieb in Rachmaels Geist haften. Lügen.
Ihm gegenüber wartete das Mädchen darauf, daß er antwortete.
»Lügen«, brachte er hervor. »Irgend etwas mit Lügen.«
»Ach, der Name, den man uns gibt. Die Lügen-AG.« Freya lachte.
Eine Assoziation, dachte er. Liegen und Lügen - die beiden Worte klingen beinahe gleich1, werden ähnlich buchstabiert, meinen aber verschiedene Dinge.
»Daß wir es hätten schaffen können«, sagte Rachmael. »Wäre von Einem nicht mir diesem Ding dahergekommen, diesem . . .«
Er gestikulierte und fühlte hilflosen Zorn in seinem Inneren. Und immer noch haftete das Wort in seinem Geist, von Abba dort eingraviert, der weise war, aber kein Mensch.
Lügen.
Freya stellte sachlich fest: »Telpor ist eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte, Rachmael. Stellen Sie l Anm. d. Übers.: Im Englischen ist die Übereinstimmung genauer, da
>lies< sowohl >liegt< (3. Person Einzahl) als auch >Lügen< bedeutet.
sich das doch einmal vor: die Teleportation von einem Sternensystem in ein anderes, vierundzwanzig Lichtjahre in fünfzehn Minuten! Wenn Sie mit der Omphalos Walmaul erreichen, werde ich zum Beispiel . . .« Sie rechnete nach. »Dreiundvier- zig Jahre alt sein.«
Er schwieg.
»Was«, erkundigte sich Freya mit sanfter Stimme, »würden Sie mit Ihrem Flug bewirken?«
Er dachte: Das hier, wo ich sitze und mit spreche, ist Lies Incorporated. Die letzten Leute auf der Welt, mit denen ich sprechen sollte. Vielleicht bin ich darauf programmiert worden, hierher zu kommen, unterbewußt programmiert, im Schlaf, in meinen Träumen . . . was das Wort Lügen erklären würde. Nach einer Weile sagte Freya, die wieder in ihrem Computer- bogen las: »Sie haben während der letzten sechs Monate die Ophalos auf einem sogar uns verborgen gebliebenen Startfeld mit angeschlossenem Wartungsdock auf Luna gründlich überprüfen lassen. Wie es hier heißt, soll sie jetzt für den Interstel- larflug bereit sein. Auf Hoffmanns Spuren hat versucht, durch die Gerichte einen Anspruch auf das Schiff geltend zu machen; das haben Sie zu verhindern gewußt. Bisher jedenfalls. Aber jetzt . . .«
»Meine Rechtsanwälte teilten mir mit«, sagte Rachmael, »daß drei Tage zwischen mir und der Übernahme der Ophalos durch AHS stehen.«
»Sie können nicht binnen drei Tagen starten?«
»Die Tiefschlaf-Ausrüstung. Sie wird frühestens in einer Woche fertig sein.« Er ließ rauh seinen Atem entweichen. »Ein Zweigunternehmen von AHS stellt lebensnotwendige Kompo- nenten her. Die Auslieferung hat sich — verzögert.«
Freya nickte. »Und Ihr Erscheinen hat den Grund«, stellte sie fest, »uns zu bitten, die Ophalos durch einen unserer ProfiPiloten zu übernehmen und mindestens eine Woche lang mit ihr unterzutauchen, bis sie für den Flug nach Fomalhaut bereit ist. Richtig?«
»Genau das«, bestätigte er und lehnte sich wartend zurück. Nach einer Pause sagte Freya: »Sie können das Schiff nicht selber fliegen?«
»Ich bin nicht gut genug, um sie verschwinden zu lassen«, meinte Rachmael. »Aber Ihre — einer Ihrer Spitzenpiloten.« Er sah sie nicht direkt an, zu viel hing davori ab.
»Können Sie
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