Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)

Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)

Titel: Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Ritter
Vom Netzwerk:
die Farbe weißen Schnees angenommen hatten, hatte nichts von seiner körperlichen Stärke verloren, und auch das Schwert vermochte er noch immer meisterhaft zu führen. Immer wieder gab es junge Wächter, die dachten, sie könnten den alten Mann mit dem Schwert besiegen. Doch stets wurde solcher Hochmut teuer und mit bleibenden Erinnerungen bezahlt.
    Orcard dachte an die Zeit zurück, in der er selber seine Ausbildung als Wächter absolviert hatte. Es lag lange zurück, sehr lange, und doch konnte er sich noch gut daran erinnern, denn diese Zeit hatte tiefe Spuren in ihm hinterlassen. Er musste lächeln, als er an seinen Schwertausbilder zurückdachte. Seinen Namen hatte er inzwischen vergessen, aber sein Gesicht stand in aller Klarheit vor ihm, so als wäre er ihm eben noch begegnet. Telos erinnerte Orcard in gewisser Weise an ihn; beide waren hart und beinahe fanatisch, was die Ausbildung und ihre Liebe zu Waffen anging.
    Nach einiger Zeit stillen Betrachtens widmete er sich schweren Herzens wieder den Bögen zu, die auf dem Tisch vor ihm lagen. Er hatte Nachricht aus Desgard erhalten, von Wedir Molwar, dem Führer der Wächter in der Hauptstadt, und es waren nicht nur gute Nachrichten. Dass Molwar ihm schrieb, geschah nicht oft, aber wenn, waren seine Worte ernst zu nehmen.
     
    Orcard, alter Freund!
    Ich hoffe, es geht dir gut, dort, wo es dich hin verschlagen hat. Dass ich dich lieber hier an meiner Seite hätte, weißt du, doch die Dinge sind nun einmal so wie sie sind.
    Ich will dir berichten, dass die Frevler – so will ich sie nennen – noch immer versuchen, die Menschen aufzuwiegeln, teils verborgen, aber teils auch ganz offen, als bräuchten sie keine Vergeltung zu befürchten. Die Priester jagen sie, und auch wir sind dazu aufgefordert und tun unser Möglichstes. Doch es ist schwer, da sie keine Organisation zu haben scheinen. Selbst den Priestern gelingt es nicht, aus den Gefangenen viel heraus zu pressen.
    Du kennst mich und weißt, dass mich nicht mehr viel in Sorge zu versetzen vermag – doch dies hier tut es. In den übrigen Städten ist es ähnlich, wenn auch nicht so schlimm wie in Desgard, aber du weißt genau wie ich, zu was das führen wird. Die Götter werden reagieren, und es wird zu großem Blutvergießen kommen.
    Lass dich daher von einem alten Freund warnen: sei auf der Hut, denn es scheint mir nur eine Frage der Zeit, bis die Frevler auch in Boram auftauchen und dir Probleme bereiten. Schicke mir Kunde, wenn es so sein sollte!
     
    Orcard presste die Lippen zusammen. Offensichtlich breiteten sich die Unruhen – wenn man sie denn so nennen wollte – weiter aus. Stirn runzelnd dachte er darüber nach, was das für Boram bedeuten konnte. Noch hatte es solche Fälle hier nicht gegeben, vielleicht weil Boram einfach zu abgelegen war, um in diese Entwicklungen mit hineingezogen zu werden.
    Dennoch war er besorgt, denn er teilte die Einschätzung Molwars. Unwillkürlich wurde er an den Aufstand der Götterfrevler erinnert. Sie hatten sich selber die Pelendariis genannt, und die Götter hatten mit aller Macht zurückgeschlagen und sie alle ohne Ausnahme vernichtet.
    Er seufzte. Egal, wie ihre Motive gewesen waren, nur ein Narr konnte ernsthaft glauben, sich den Göttern ungestraft widersetzen zu können. Er wunderte sich jedoch, dass die Götter noch nicht reagiert hatten, denn für ihre Gnade und Zurückhaltung waren sie ganz bestimmt nicht bekannt.
    Er seufzte ein weiteres Mal. Er würde seine Männer darüber informieren müssen, auch wenn er es für unwahrscheinlich hielt, dass etwas Vergleichbares wie in Desgard auch in Boram geschehen würde. Aber wer konnte schon wissen, was in den Menschen vorging. Auch mit Chrenar würde er sprechen müssen. Ohne Zweifel wusste der Hohepriester von den Vorgängen in der Hauptstadt, denn er besaß ausgezeichnete Quellen, wenn er nicht sogar bereits von Thuraan selber in Kenntnis gesetzt worden war.
    Orcard schaute erneut nach draußen und beneidete die Männer, die unter Wer Telos' Kommandos schwitzten und fluchten. Er hatte nie nach Führung verlangt, und doch war er jetzt der oberste Wächter Borams, ein Wedir wie Molwar es war. Also musste er seiner Verantwortung nachkommen, ob er nun wollte oder nicht.
    Er blickte zu Hendran, der die ganze Zeit über stumm dagesessen hatte. »Was denkst du?«
    Hendran zuckte mit den Schultern, er hatte die Nachricht aus Desgard ebenfalls gelesen. »Ich glaube nicht, dass es in Boram soweit kommen wird. Die Leute

Weitere Kostenlose Bücher