Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
ergeben. »Der Vater des Mädchens ist zurückgeblieben, um die Nachricht an den Fremden zu überbringen. Nun werden wir sehen, ob er kommen wird.«
»Ja, das werden wir«, murmelte Thuraan und ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. »Es sollte mich wundern, wenn er nicht käme, um wie ein Held diese junge Frau zu retten.« Ein hässliches Lachen ertönte.
»Du kannst gehen!«, befahl er und wartete, bis Chrenar demütig den Saal verlassen hatte.
Langsam näherte er sich Linan und betrachtete sie in aller Ruhe. Sie war schön, doch das waren die Mädchen alle, die Chrenar ihm brachte. Dennoch war etwas an diesem Mädchen, das besonders wirkte. Fast bedauerte er ihr Schicksal, aber dieser Anflug eines Gefühls währte nur einen Augenblick. Sie war nur eine Puppe für ihn, ein Werkzeug, das er benötigte und benutzte, so wie er es wollte.
»Wie ist dein Name, Mädchen?«
Linan sagte es ihm, jede Widerstandskraft in ihr war erloschen. Die Erscheinung Thuraans hatte sie wie ein Faustschlag getroffen, seine ungeheure Präsenz und Macht war wie etwas Körperliches, das sie einschüchterte und ängstigte. Gleichzeitig wirkte er wie ein wunderschönes, fremdartiges Wesen.
»Linan also. Ein schöner Name, er gefällt mir.«
Er lächelte sie an, doch sein Lächeln war nur oberflächlich, denn die Augen blieben kalt und berechnend. Tief in sich wusste Linan, dass er nur mit ihr spielte.
»Weißt du, aus welchem Grund du hier bist, Linan?«, fragte er.
Linan, ihn noch immer aus großen Augen anstarrend, nickte zögerlich und wiederholte mit belegter Stimme, was der Hohepriester zu ihr gesagt hatte.
»Gut, es würde dir auch nichts nützen, mich anzulügen. Ich würde es wissen, glaube mir.« Thuraan lächelte. »Mir wurde berichtet, dass du einen ganz bestimmten Fremden kennst, Linan.«
Linan hörte die Worte wie aus weiter Ferne, noch immer stand sie unter dem Eindruck dieser furchtbaren, zwingenden Augen, die in ihrem Verstand immer größer zu werden schienen.
Auch wenn sie es nicht wollte, die Worte strömten aus ihrem Mund und berichteten über alles, was sie von dem Fremden wusste, der so plötzlich aufgetaucht war. Als sie endete, schaute Thuraan sie prüfend an, offenbar erfreut über die Tränen, die in ihren Augen standen.
»Das ist bedeutend, wirklich sehr bedeutend. Und du hast wirklich Runen auf seiner Haut gesehen?«
Linan nickte voller Erschöpfung und Scham.
»Beschreibe sie mir!«
»Ich … ich kann mich nicht …«
"Beschreibe sie mir!«, brüllte Thuraan und die Welt schien zu erbeben.
Linan erzitterte voller Angst, dann gehorchte sie.
Als sie endete, ging Thuraan nachdenklich auf und ab. Er wusste, was sich hinter den Runen verbarg, auch wenn er selber ihre Macht nicht nutzen konnte. Er hatte es eine Zeit lang versucht, aber all seine Bemühungen – wie auch die der anderen Serapen – waren fehlgeschlagen.
»Töte mich!«, flehte Linan und unterbrach seine Überlegungen. Aus ihrer Stimme sprach Qual und Selbstverachtung. »Ich habe alles verraten, jetzt verdiene ich den Tod.«
Die tiefe Scham, die aus ihren Worten sprach, überraschte Thuraan. Üblicherweise flehten die Opfer um ihr Leben, nicht um den Tod. Nochmals betrachtete er sie genau; etwas an ihr irritierte ihn, aber er wusste nicht was. Fast war es, als würde sie etwas verbergen, von dem sie selber nicht wusste, dass es überhaupt existierte. Nun, er würde es noch herausfinden, aber zunächst gab es wichtigere Dinge. Viel wichtigere Dinge.
»Du wünschst dir wirklich den Tod?«
Linan nickte, stumm und voller Tränen. Sie schämte sich über alle Maßen, dass sie ihm nicht hatte widerstehen können, dass sie alles erzählt hatte, was er hatte wissen wollen. Sie begriff, dass Thuraan sich aus irgendeinem Grund besonders für den Fremden interessierte und für einen Augenblick erschien dessen Gesicht in ihrer Erinnerung. Auch er hatte sie mit der Kraft seiner Stimme beeinflussen können, genau wie Thuraan.
»Du weißt nichts über den Tod, sonst würdest du ihn dir nicht wünschen.« Thuraan lachte boshaft. »Aber wir werden sehen, vielleicht kann dir geholfen werden und du wirst Dinge erfahren, die deinen kleinen Verstand bersten lassen. Der Tod ist nicht so, wie du ihn dir vorstellst. Dort wartet etwas auf dich, dem du ganz bestimmt nicht freiwillig begegnen willst!«
Linan starrte ihn hoffnungslos an. »Was kann schlimmer sein, als jemand anderen zu verraten?« Ihre Stimme wurde brüchig, dann verlor sie das
Weitere Kostenlose Bücher