Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
sie, dass er nicht sie, sondern das Amulett anzustarren schien, das sie noch immer in den Händen hielt. Es glühte jetzt stärker, als spürte es die Anwesenheit des Drachens.
Etwas wie ein Flüstern ertönte in ihrem Kopf; wie leise Stimmen, die man zwar hörte, deren Sinn man aber nicht begreifen konnte. War es überhaupt ein Flüstern oder bildete sie sich das nur ein? Linan wusste es nicht.
Wieder schnaubte der Drachen, dann bewegten sich seine gewaltigen blauen Schuppen und er wich langsam zurück. Es war wie ein metallisches Scharren und Schauer schossen über Linans Rücken. Sie traute ihren Augen nicht. Was geschah hier? Hatte es etwas mit dem Amulett zu tun?
Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte, aber es musste so sein. Langsam verblasste das Licht des Amuletts, bis es seine ursprüngliche Helligkeit wieder erreicht hatte. Sie hatte noch immer keine Vorstellung, wie sie zu dem Amulett gekommen war, alles war wie ausradiert, ihr Kopf war leer.
Immer weiter wich der Drache zurück, bis sie seine Konturen nur noch undeutlich ausmachen konnte. Dann ertönte ein Dröhnen, das sie erneut zusammenfahren ließ.
Sie musste weiter, schoss es ihr durch den Kopf. Sie war sich keinesfalls sicher, ob der Drache nicht zurückkommen würde, und wenn es so war, wollte sie ganz bestimmt nicht mehr hier sein. Ein zweites Mal würde sie kein solches Glück mehr haben.
Langsam stemmte sie sich hoch, horchte ins Plateau hinein, und als sie nichts hörte, setzte sie sich vorsichtig in Bewegung. Sie fürchtete jeden Augenblick zu hören, wie der Drache auf sie zustürmte und sie in tausend Stücke riss, aber nichts dergleichen geschah, alles blieb ruhig. Schritt für Schritt ging sie weiter, immer am Rand der Wand entlang, die ihr ein Gefühl von Sicherheit vermittelte. Doch diese Sicherheit war nur allzu trügerisch.
Irgendwann hatte sie es dann tatsächlich geschafft und das Plateau lag in ihrem Rücken. Vor ihr sah sie eine kleine Öffnung und ihr Herz schlug wild.
Beherzt trat sie hinein und fand sich in einem kleinen Gang wieder, der ihr bekannt vorkam. Ängstlich folgte sie dem Gang, bis sie vor einer Wand stand, an der es kein Fortkommen mehr gab. Plötzlich schoss es ihr durch den Kopf: sie wusste, warum der Gang ihr bekannt vorgekommen war – es war der gleiche Gang, durch den sie zum Plateau gekommen war, oder aber ein vollkommen identischer!
Entsetzt tastete sie die Wand ab, aber es gab nichts, keine Rille, keine Struktur, nichts. Nur eine scheinbar makellos glatte Wand. Mit großen Augen stand sie lange Zeit einfach nur da, all ihrer Hoffnungen beraubt. Sie musste ihm Kreis gegangen sein, oder aber es gab viele dieser Gänge und alle führten sie nur bis an eine Wand, an der es nicht weiter ging.
Sie fing an, hysterisch zu lachen. Sie wusste nicht, wie sie hierher gekommen war, was passiert war; nicht weit von ihr gab es einen Drachen, und ein Ausgang aus diesem Gefängnis – denn nichts anderes konnte es in ihren Augen sein - war nicht zu finden. Es war hoffnungslos, so hoffnungslos.
Sie klammerte sich an das Amulett und wieder spürte sie die Kraft und Beruhigung, die davon ausging. Auch das war etwas, was sie nicht verstand. Wie war sie an dieses Amulett gekommen, und welche seltsamen Kräfte verbarg es in seinem Inneren? Sie wusste es nicht, wusste gar nichts mehr.
Sie ließ sich mit dem Rücken an der Wand nach unten sinken und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie war in einem Albtraum gefangen, aus dem es kein Entkommen zu geben schien. Was sollte sie jetzt tun? Was konnte sie tun?
Immer wieder musste sie an den Drachen denken, der sie aus ihr unerfindlichen Gründen am Leben gelassen hatte. Etwas tief in ihr schien zu flüstern, dass nur er eine Flucht ermöglichen konnte. Aber was war das für ein Gedanke! Ein Drache! Das vermutlich furchtbarste und gefährlichste Geschöpf, das in dieser Welt existierte!
Statt hier zu warten konnte sie ebenso gut zurück aufs Plateau gehen und dort sterben, denn ohne Nahrung und Wasser würde sie schon bald vor Schwäche umkommen. Da war ein Drache keine wirklich schlechtere Wahl.
Nochmals lachte sie wie von Sinnen, dann stand sie auf und ging langsam den Gang zurück. Dorthin, wo nur der Tod auf sie warten konnte. Aber es war ihr gleichgültig. Sie wollte nur noch, dass all dieser Irrsinn endlich ein Ende hatte.
***
Der Anblick, der sich von dieser Stelle aus bot, war schier atemberaubend. Ein
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