Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
der Straße geblieben?«
Orcard schaute zu Boden. »Nein, du hast Recht. Meine Worte waren unbedacht.«
Eneas musterte den Wächter, dann die Frauen. »Wir sind hier nicht sicher und müssen weiter. Wir haben keine Wahl.«
Orcard schaute ihn nachdenklich an, als versuchte er zu ergründen, was in Eneas vorging, dann nickte er und bedeutete den anderen, aufzustehen und sich für den Weitermarsch fertig zu machen.
»Wohin gehen wir eigentlich?«, wollte Hendran wissen. Seine Wut Eneas gegenüber war inzwischen einer bleiernen Müdigkeit gewichen, die sein Gesicht nicht mehr verließ. »Wir irren durch diesen verdammten Nebel und niemand weiß, wo wir sind. Unser Führer könnte uns irgendwo hinbringen!«
» Ich weiß, wo wir sind!«, erwiderte Eneas kalt und er hoffte, dass seine Worte wirklich der Wahrheit entsprachen.
Nach einigen weiteren Widerworten setzte sich die Gruppe schließlich doch in Bewegung; langsam zwar, aber zumindest ging es voran. Hendran flankierte die vier Frauen auf einer Seite, Eneas führte und Orcard machte den Schluss. Zu ihrem Glück fanden sie unterwegs genug Material, um ihre Fackeln am Brennen zu halten, und so marschierten sie im Gefühl trügerischer Sicherheit weiter, bis sie am Abend eine kleine Anhöhe erreichten, die von großen Statuen umsäumt war.
»Wir sollten hier die Nacht verbringen«, schlug Eneas vor. »Ich werde wachen und ihr könnt schlafen.«
Orcard unterzog den Platz einer raschen, oberflächlichen Musterung, dann nickte er zustimmend. Die anderen suchten sich in der Mitte freie Plätze und ließen sich erschöpft nieder. Sogar Hendran blieb stumm und akzeptierte die Entscheidung Orcards und Eneas' ohne Widerworte.
Mela musterte indes voller Bewunderung die Statuen, die fast doppelt so groß waren wie sie selber. »Sie sind schön! Es ist schade, dass sie teilweise zerstört sind.«
Zwar waren die Statuen tatsächlich in Teilen zerbrochen, aber trotzdem ließ sich noch gut erkennen, was sie darstellten.
»Vieles ist vergessen und zerstört, dass einst schön und lebendig war«, antwortete Eneas dunkel. »Der Nebel hat sich genommen, was nicht geschützt wurde. Der Nebel und die Neuen Götter.«
Orcard, der inzwischen etwas zu essen verteilt hatte, setzte sich neben Eneas und Mela und betrachtete ebenfalls die Statuen. Er war kein Mann der Kunst, aber auch er fühlte das Besondere, das ihnen innewohnte, und lange folgte sein Blick den Formen und Rundungen.
»Es ist seltsam«, meinte er nach einer Weile, »inmitten des Nebels etwas so Schönes vorzufinden. Es zeigt mir, dass es so viel mehr gibt, als ich bislang gedacht habe.«
Eneas betrachtete den Wächter nachdenklich. Er war ein merkwürdiger Mann. Hart und kompromisslos, aber da schien noch viel mehr in ihm zu stecken, als es den Anschein machte. Gemeinsam schwiegen sie, denn auch Mela war ganz in den Anblick der Statuen versunken. Irgendwann dann legten sich die beiden hin und fielen in einen unruhigen Schlaf, genau wie die übrigen.
Eneas blieb wach und richtete seine Sinne in den Nebel. Die drakesh waren da, hielten sich aber in respektablen Abstand. Er traute ihnen nicht, wusste, dass sie irgendwann angreifen würden. Dann, wenn sie sich stark genug dafür fühlten. Für diese Nacht aber würden sie sicher sein, und Eneas hoffte, sein eigentliches Ziel am nächsten Tag zu erreichen.
***
Nach ihrem Aufbruch am Morgen waren sie bereits einige Stunden unterwegs, als sie einen großen, lang gezogenen Schatten vor sich aufragen sahen.
Unwillkürlich blieben alle stehen und Mela trat neben Eneas. »Was im Namen der Götter ist das?«
Eneas war erschrocken über die Erschöpfung, die aus ihrer Stimme sprach, schaute sie jedoch nicht an, als er antwortete: »Eine heilige Stätte der Alten Götter. Ihr Name war Konduun. «
»War? Wieso sprichst du in der Vergangenheit?«
»Die Alten Götter sind fort, daher ist der Name jetzt bedeutungslos.«
» Konduun «, wiederholte Mela. »Ein schöner Name.« Sie zögerte einen Augenblick und starrte den Schatten neugierig an. »Warst du schon einmal hier?«
Eneas schüttelte den Kopf. »Nein. Und vermutlich war seit dem Untergang der Alten Götter niemand mehr hier. Doch früher, als sie noch über die Menschen herrschten, muss es eine Stätte voller Schönheit gewesen sein. Die Götter gingen ein und aus und man konnte ihre Größe und Schönheit bewundern.«
»Du meinst, als es noch keine Dunklen gegeben hat?«
Mela zitterte leicht, als machte ihr
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