Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
der sie bedeckte.
Aber das war es nicht, was ihre Aufmerksamkeit fesselte. Immer wieder ragten turmartige Schemen aus dem Nebel heraus – Anlagen der Alten Götter, wie Eneas ihr erklärt hatte.
»Wie viele es von ihnen gibt! Ich meine, ich wusste nichts davon ...«
»Ja«, war alles, was Eneas antwortete. Er stand neben Mela und schaute genau wie sie in die Ferne. Unwillkürlich suchten seine Augen nach Desgard, der Hauptstadt des Reiches. Dort, wo sein gefährlichster Gegner wartete. Zu sehen vermochte er die Stadt jedoch nicht, dafür war sie viel zu weit entfernt.
Mela spürte, dass sich Eneas in Konduun anders verhielt, als wäre dieser Ort etwas ganz Besonderes für ihn. Es war eine Mischung aus Freude und Trauer, wobei die Trauer zu überwiegen schien.
»Zerstört im Krieg der Götter.«
Eneas' Stimme klang teilnahmslos, aber Mela wusste, dass das nicht stimmte. Dafür kannte sie ihn inzwischen einfach zu gut.
»Es müssen ungeheure Kräfte gewesen sein, so wie die Zerstörungen aussehen.« Sie schaute sich demonstrativ um.
»Nichts, was du dir vorstellen kannst, Mela. Auch ich habe nur davon gehört – und vieles gesehen. Diese Orte sind mächtig, und doch wurden sie zerstört. Es ist traurig, das sehen zu müssen, denn es erzählt eine Geschichte von Untergang und Vernichtung. Eine ganze Welt ist zugrunde gegangen und aus der Erinnerung der Menschen verschwunden.«
Mela betrachtete Eneas scheu. Aus seinen Worten sprach wieder diese Trauer, die ihr schon zuvor aufgefallen war.
»Was wohl alles unter dem Nebel verborgen liegt? Ich meine, vielleicht ist da noch mehr ...«
Eneas lächelte. »Da ist noch viel mehr – aber die drakesh verhindern, dass man dorthin kann.«
Mela schauderte bei dem Namen der Dunklen. Sie konnte kaum verstehen, dass sie sich jetzt in diesem Augenblick inmitten des Nebels umgeben von Dunklen befand. Noch vor wenigen Tagen hatte sie in Boram um ihr Überleben gekämpft, aber das erschien ihr jetzt wie in weiter Vergangenheit. Und hier oben hatte sie fast ein Gefühl der Geborgenheit und Ruhe, obwohl das angesichts ihrer Situation eigentlich verrückt war.
»Wirst du mir davon erzählen?« Sie stockte kurz. »Ich fühle, dass es wichtig ist, mehr davon zu wissen.«
Eneas schloss für einen Augenblick die Augen, dann antwortete er mit müder Stimme: »Vielleicht eines Tages, Mela. Vielleicht eines Tages. Aber jetzt ist nicht die Zeit dafür.«
Mela bohrte nicht weiter, sie kannte ihn inzwischen gut genug um zu wissen, wann er nicht weiter über etwas reden würde, so sehr man ihn auch bedrängte. Sie hätte gerne von diesem Anderen gehört, das sich seiner Andeutung nach noch im Nebel befand, doch das würde warten müssen.
Hinter ihnen ertönten Schritte, dann tauchte Orcard in der Öffnung auf und trat zu ihnen heraus ins Freie. Nur kurz wanderte sein Blick über die Umgebung, dann sagte er: »Wir müssen reden!«
Eneas wandte seinen Blick nicht vom Nebel ab. »Worüber?«
»Die anderen werden unruhig. Ich bin für sie verantwortlich und muss wissen, wie es weitergeht.«
Orcards Stimme klang entschieden. »Wir sind jetzt bereits seit drei Tagen hier und die Lebensmittel werden nicht mehr ewig reichen.«
»Sie alle sind hier in Sicherheit, nur das zählt im Augenblick.«
Doch Orcard schüttelte den Kopf und leichter Missmut zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Das reicht mir nicht als Antwort!« Er wies nach unten. »Ich meine, wir sind natürlich alle dankbar für diesen Ort der Ruhe und Sicherheit. Aber warum hast du uns hierher geführt? Ausgerechnet hierher?«
»Sie sind dort draußen.«
»Wen meinst du? Die Dunklen?« Orcards Augen zogen sich zusammen.
»Die drakesh und der Häscher.«
»Der Häscher? Bist du dir sicher?« Melas Stimme zitterte und ihr Blick suchte den Nebel rings um sie ab.
»Er ist gekommen, ich kann ihn spüren. Er wartet, verborgen in Schutz des Nebels.«
»Worauf wartet er?«
Eneas schnaubte, als wäre die Antwort selbstverständlich. »Er wartet darauf, dass wir Konduun verlassen. Dann wird er angreifen und versuchen, uns alle zu töten.«
Orcard trat bis an den Rand der Brüstung und seine Hände schlossen sich krampfartig. Angst spiegelte sich in seinem harten Gesicht wider, denn ein Häscher war nichts, gegen das ein Mann wie er kämpfen konnte.
»Das bedeutet, dass wir nicht mehr hinaus können, oder?«
Melas Augen weiteten sich, als sie die Bedeutung seiner Worte erfasste. Angst griff nach ihr und für einen Augenblick
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