Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
heftig. »Er glaubt, dass Eneas uns alle ins Verderben führen will, dass wir ihm alle gleichgültig sind. Und jetzt weiß ich ganz einfach nicht, was ich tun soll.«
Mela war verwirrt. Konnte sie wirklich einen solchen Vorschlag in Betracht ziehen? Hatte sie denn wirklich vergessen, was dort draußen auf sie lauerte?
»Ich vertraue ihm nicht«, antwortete sie abweisender als sie es vorgehabt hatte.
Lal versuchte zu lächeln, aber es wirkte nicht überzeugend. »Er ist ein Wächter, und er ist stark!«
»Stark? Etwa stärker als Eneas?« Mela hätte fast aufgelacht bei diesem Gedanken.
»Er denkt, er könnte es bis zur Straße schaffen – und wir mit ihm!«
Mela schnaubte. »Ich würde nicht wieder in den Nebel gehen wollten. Die Dunklen – sie sind einfach furchtbar.«
»Und Eneas? Was ist mit ihm?« Lals Blick wirkte fast wütend. »Hasst du vergessen, dass er es war, der Boram zerstört hat?«
Nein, das hatte Mela natürlich nicht. Wie hätte sie das auch jemals können. »Ich glaube nicht, dass er den Tod so vieler gewollt oder gar beabsichtigt hat.«
Lal lachte. »Ich denke, wir sind ihm vollkommen egal. Er hat seine eigenen Pläne – und wir haben einfach nur Pech, dass wir zufällig dabei sind. Je früher sich unsere Wege trennen, desto besser!«
Mela antwortete nichts. Alles was Lal sagte, hatte sie sich selber auch schon gesagt; wieder und wieder, ohne aber zu einer befriedigenden Antwort zu kommen.
»Wie denken die anderen darüber?«
»Du meinst Xarina und Anda?« Lal zuckte mit den Schultern. »Ich denke, sie werden tun, was der Wächter möchte. Sie haben Angst vor Eneas.«
So wie du auch, dachte Mela, ohne es jedoch auszusprechen. Sie spürte, dass ihre Reise an einem entscheidenden Punkt angelangt war. Aber sie wusste auch, dass sie vorhatte, Eneas zu folgen, selbst wenn er in die Verbotenen Wege gehen würde. Sie vertraute ihm weit mehr als dem Wächter.
»Wir werden sehen, was Orcard dazu sagt«, meinte sie schließlich. »Er wird entscheiden, nicht Hendran.«
***
Eneas lag am Boden und war schweißgebadet. Seine Schulter brannte wie Feuer und er konnte spüren, wie die dunkle Magie darin gegen seine Runen kämpfte. Es war, als würden zwei Titanen gegenseitig versuchen, sich zu Boden zu stoßen. Noch waren sie gleich stark, aber irgendwann würde einer von ihnen siegen. Und dieses Irgendwann lag in nicht mehr allzu ferner Zukunft, dass wusste er.
Er versuchte, dagegen anzukämpfen, die Kräfte seiner Runenmagie zu nutzen, so wie er es bei jeder anderen Verletzung auch getan hatte – doch es gelang ihm nicht. Dieses Mal war sein Gegner schier übermächtig.
»Du musst in die kresh kallaan!«
Die Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien, ließ ihn zusammenfahren. Er schaute sich aus trüben Augen um, doch er konnte niemanden erkennen. Die Stimme aber kannte er.
»Alter Mann – du bist es!«
»Du musst in die kresh kallaan!«, wiederholten sich die Worte.
Eneas stöhnte und richtete sich mühsam auf. Seine Schulter, in der er kaum mehr Gefühl hatte, behinderte ihn dabei sehr.
»Ich bin geschwächt«, entgegnete er, als er es geschafft hatte. »Ich weiß nicht, ob ich noch die Kraft dazu habe.« Seine Stimme klang belegt.
»Du musst es schaffen, sonst wirst du sterben. In Konduun. Du hast keine Wahl.«
Eneas presste die Lippen zusammen, bis sie weiß wurden. »Diese Worte habe ich jetzt schon so oft gehört, aber dennoch ...«
»Es gibt kein dennoch!« Die Stimme war hart und ungeduldig. »Du hast deine Aufgabe noch nicht beendet, und ich habe dir nicht so viel beigebracht, damit du jetzt einfach aufgibst und stirbst.«
Eneas lachte. »Ich habe nicht vor zu sterben, aber ich trage auch Verantwortung für die, die mit mir in Konduun sind. Ich bin schuld, dass sie sich hier befinden.«
»Sie dürfen dich nicht kümmern, du musst endlich lernen zu akzeptieren, wer du bist! Du hast eine Aufgabe – erinnere dich an das, was du dir selber im Pardraach geschworen hast!«
Eneas winkte müde ab. »Ich weiß, was ich geschworen habe, und ich habe vor, diesen Schwur zu erfüllen.«
»Und trotzdem zögerst du.«
Es lag kein Vorwurf in diesem Worten, nur eine Feststellung, die keinen Widerspruch zuließ. Eine Zeit lang sprach niemand von ihnen und die Welt schien einfach nur still zu stehen. Eneas hätte ewig so verweilen können, denn er wusste, dass die Zukunft nur schlimmer werden konnte. Viel schlimmer.
Irgendwann dann sagte der Alte: »Du weißt, wie du den
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