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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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Inneren des beschädigten Tanks, und sie sagte: »Hey …« – nur einen Moment, bevor das schreckliche Heulen einsetzte.
    Sie wich so heftig vor dem gigantischen Zylinder zurück, dass sie mit Armdran zusammenprallte und ihn ebenfalls ins Stolpern brachte. Ein riesiger Mund, groß genug, um sie beide zu verschlingen, öffnete sich in der weißen gummiartigen Substanz im Inneren. Er presste sich an die Glaswand, als ob er sich hindurchfressen wollte, obwohl dieser dunkle Schlund keine Zähne zu besitzen schien. Das Geheul stammte aus einer weiteren Öffnung, die oberhalb der anderen entstanden war. Wenige Augenblicke später klafften weitere Mäuler auf und steuerten schauriges Brüllen und wimmernde Klagelaute zu dieser ohrenbetäubenden Akustikattacke bei. Vee und Armdran gingen vom Zuhalten von Nase und Mund zum Zuhalten ihrer Ohren über, während sie mehr und mehr Distanz zwischen sich und den Sockel des rissigen Behälters brachten.
    Vee glaubte, den rudimentären Ansatz eines gigantischen, weißen Auges erkennen zu können, das sich aus dieser amorphen Zellmasse formen wollte, doch dann verlor es sich wieder in ihr. Münder schlossen sich, ohne eine Spur zu hinterlassen, und neue bildeten sich an anderen Stellen, um ihren tosenden, disharmonischen Chor fortzusetzen.
    Als sie quer durch den Raum fast bis zu den Regalen auf der anderen Seite zurückgewichen waren, verstummten die Schreie nach und nach, bis bloß noch tiefes Stöhnen und eine Art Schluchzen zu hören war – obwohl »bloß noch« kein passender Ausdruck war. Die Münder öffneten und schlossen sich noch immer und quetschten sich gegen das Glas, wenn auch weniger unbändig. Sie nahmen langsam die Hände von den Ohren und Vee umklammerte ihr Sturmgewehr, doch sie hielt den Lauf gesenkt, um die Substanz im Zylinder nicht erneut gegen sich aufzubringen.
    »Was zum Teufel …?«, zischte Armdran, der aussah, als ob er sich jeden Moment vor Angst übergeben müsste.
    Vee spähte noch einmal zum Balken hinauf, der auf dem Deckel des Behälters lag, besah sich die krautartigen Gewächse, die an ihm entlangwucherten. »Es ist der Grundstoff«, sagte sie und nickte wie in Zustimmung für diese Eingebung. »Er ist von oben in das Glas gesickert. Hat in dem Zeug Wurzeln geschlagen. Jay, du hast gesagt, dass dieses Protoplasma, oder was immer es ist, darauf wartet, programmiert zu werden. Nun, ich glaube, es ist per Zufall längst programmiert worden.«
    Ein weiteres langes, tief dröhnendes Stöhnen ließ den Boden unter ihren Füßen erbeben.
    »Egal, was es ist, ich hoffe, dass es im Tank bleibt«, meinte Armdran. »Wir sollten losgehen, Vee, bevor es ein weiteres Mal aufgescheucht wird und sich diesmal vielleicht befreien kann.«
    Aber Vee beobachtete fasziniert, wie sich ein neu entstandenes Maul weit aufsperrte und ein kurzes verlorenes Blöken ausstieß. Es klang wie der einsame Ruf des letzten Dinosauriers. »Es ist wie der Schöpfer, nicht wahr, Jay? So, wie du ihn mir beschrieben hast … so, wie er war, bevor er sich selbst in die Luft gesprengt hat. Verwirrt. Gequält. Wütend auf alles – den Krieg, das allgegenwärtige Chaos. Wütend auf sich selbst.«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass wir gerade Zeuge der zufälligen Wiedergeburt des Schöpfers werden?«, erkundigte sich Jay aus Armdrans Beutel.
    »Nicht ausgeschlossen. Zumindest könnte ein Teil von ihm da drin neu gesät worden sein. Es ist ein fruchtbarerer Boden als alles, worauf der Grundstoff bislang getroffen ist. Es handelt sich um eine Art Ursuppe.«
    »Madam«, erwiderte Jay mit argwöhnischem Tonfall, »ich fürchte, Ihr begrabenes Selbst kommt wieder zum Vorschein.«
    Vee riss ihren Blick von dem Golem im Behälter los und starrte in das rote Auge des Dämonengewehrs. »Wie meinst du das??«
    »Sie hoffen auf seine Rückkehr. Sie haben ihn einst geliebt. Sie wollen ihn wieder lieben.«
    »Ich liebe gar nichts. Ich habe lediglich eine Möglichkeit angedeutet.«
    »Vielleicht sind Sie zu fantasievoll.«
    »Und was macht das schon? Was wäre schlimm daran, wenn ich Hoffnung hätte? Das sind menschliche Eigenschaften. Aber das können Sie vielleicht nicht nachvollziehen, Mister Spock.«
    »Menschlich«, entgegnete Jay. »Ja. Entschuldigen Sie, dass ich nicht menschlicher bin.«
    Vee atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Tut mir leid, Jay.«
    »Nicht nötig. Wie könnten Sie meine Gefühle verletzen? Ich bin kein Mensch. Aber wenn Sie mich fragen – das Beste, was wir tun

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