Der Untergang der Hölle (German Edition)
damit herum, immer noch aufgeregt von seinem Besuch. Aber er fragte sich, wie lange diese Begeisterung noch nachwirkte, wenn sich im Anschluss die einsamen Stunden bis zu seinem nächsten Kurzbesuch langsam dahinschleppten.
Während er aus dem Fenster starrte, musste Adam an seinen Hund denken, der sich jetzt allein im großen Haus befand. Vielleicht lief nicht einmal mehr das Radio. Draußen, weit weg, hörte er Leute singen, die sich im Stadtzentrum versammelt hatten. Gerade sangen sie Imagine von John Lennon. Er hätte gern darüber lachen können.
Im alten Haus gab es noch Strom und Wasser, wenn auch unbezahlt. Er sagte sich, dass er nicht wollte, dass die Rohre einfroren und er Wasser brauchte, um seine Wäsche zu waschen, aber in Wahrheit ging es um seine Hündin. Sie musste es warm haben. Musste dieses Radio hören.
Er hatte dort drüben immer noch einige Konserven deponiert, trotzdem belud er sein Auto mit dem größten Teil dessen, was sein Kühlschrank und die Speisekammer hergaben. Er sah sich noch ein letztes Mal in seiner Wohnung um, nahm ein Album mit Familienfotos mit, sonst nichts. In der Erwartung, nie wieder zurückzukehren, schaltete er das Licht aus.
Es war eine kurze Fahrt, nur ein paar Straßen weiter. Bald kam ein Einkaufszentrum in Sicht, das man sowohl von seiner Wohnung als auch vom Haus aus sehen konnte. Es war innerhalb der letzten zwei Jahre gebaut worden, hatte sich jedoch als überambitioniert erwiesen. Am Ende des weitläufigen Geländes schraubte sich ein Gebäude mit luxuriösen Eigentumswohnungen in die Höhe, von denen lediglich zwei oder drei bewohnt waren.
Die Shoppingmeile war als Nachahmung eines reizenden kleinen Dorfes angelegt und sehr hübsch anzusehen, obwohl sie ebenfalls mit mangelnder Auslastung kämpfte – lediglich für ein Drittel oder Viertel der zur Verfügung stehenden Ladenflächen hatten sich Mieter gefunden. Sie glich einem Miniaturmodell seines Landes; eine verfallene Geisterstadt, die der ökonomischen Apokalypse bereits zum Opfer gefallen war, bevor die Bomben überhaupt zu fliegen begonnen hatten.
Wenn er abends mit seinem Hund spazieren ging, hörte er immer eine Gruppe von drei Jugendlichen, die im Einkaufszentrum herumlungerten. Wenn es warm war, fuhren sie Skateboard, im Winter schienen sie ziellos durch die Gegend zu streifen, aber sie trugen unabhängig von der Jahreszeit stets die gleichen schwarzen Kapuzenshirts.
Einer dieser Jungen gab häufig ein lautes, johlendes Geräusch von sich, das an die aufheulende Sirene eines Polizeiautos erinnerte. Adam hätte schwören können, dass er diesen Ruf jede Nacht hörte, wenn er mit der Hündin unterwegs war. Dieser Schrei und die Jungen beunruhigten ihn. Eigentlich hätten ihm diese verlorenen Seelen leidtun müssen, schließlich konnte ihr Zuhause nicht gerade einladend sein. Aber im Zeitalter des Internets und der Flut wunderbarer Videospiele kam es Adam … unnatürlich vor, dass sie nicht einfach in der Wohnung blieben.
Nur wenige Monate nach der Eröffnung des umjubelten Einkaufstempels hatte er einen riesigen weißen Penis registriert, der an die Rückseite eines der Gebäude gesprüht worden war. Ein wahres kubistisches Meisterwerk. Genau wie einem bei den Menschen in Picassos Gemälden sogar im Profil zwei Augen entgegenstarrten, die wie bei einer Flunder am Rand des Gesichts saßen, verfügte auch dieser Penis über zwei Hoden an einer Seite. Der hintere wirkte sogar größer als der vordere. Adam war sicher, dass einer der verwilderten Jungen der Urheber dieses Graffito war. Zweifellos stellte es die bedeutendste Errungenschaft seines menschlichen Daseins dar, aber war es auch nur einen Hauch bedeutungsvoller als alles andere, das nun zu Asche verbrennen würde?
Die Akitahündin freute sich, ihn zu sehen, und nahm ihr Spielzeug ins Maul. Er streichelte ihren Kopf und unterhielt sich in Babysprache mit ihr, während sie ihn so hingebungsvoll anhimmelte, als stünde Gott in Menschengestalt vor ihr. Er fühlte sich eher wie ein Gott, der sich von ihr abgewandt hatte. Ihre kleinen braunen Augen blitzten voll Zuneigung aus der schwarzen Maske ihres Gesichts hervor. Ihre Liebe war stärker als alles, das menschliche oder sogar himmlische Wesen aufzubringen in der Lage waren. Auch der Schöpfer des Universums trug eine mysteriöse schwarze Maske, dachte Adam, doch seine Augen konnte man durch sie nicht erkennen.
Er schaffte seine gesamten Vorräte ins Haus. Er ging davon aus, dass es am besten
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