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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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frustrierend und schwierig gestalten, andererseits aber sehr frei und aufregend. Keine Sorge – ich bleibe hier bei Ihnen und hole Sie raus, wenn ich sehe, dass Sie in Schwierigkeiten kommen.«
    »Schwierigkeiten?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich meine nur Verwirrung, Nervosität, Unruhe. Ich werde Ihre Erfahrung hier auf dem Bildschirm überwachen und durch die Augen Ihres Avatars sehen. Ich möchte, dass Sie selbst ein Gefühl dafür bekommen, also werde ich Sie nicht begleiten und Ihre Hand halten. Ich verzichte auch darauf, Sie innerhalb des Netzes anzusprechen. Es sei denn, ich halte es für zwingend notwendig, um Sie anzuleiten, Ihnen auf die Sprünge zu helfen oder Sie zu beruhigen.«
    »Ähm, okay. Schon gut. Ich werde es ja sehen, wenn ich angekommen bin.«
    »Haben Sie schon eine Vorstellung, womit Sie Ihre Recherche beginnen möchten? Eine bestimmte Information, die Sie benötigen und die von jemandem aus Naraka oder Freetown oder von den Vernetzten archiviert worden sein könnte?«
    »Nun ja, hm. Also, Jay … das heißt, mein Gewehr … hat mir Gedankenbilder gezeigt, die von einem Verdammten namens Adam aufgezeichnet und ins Netz gestellt wurden. Ich könnte vielleicht ausprobieren, ob es mir gelingt, diese Erinnerungen selbst noch einmal abzurufen, wenn ich mich darauf konzentriere.«
    »Okay, das klingt nach einer guten Übung. Sind Sie bereit?«
    Vee lehnte sich im Bürostuhl zurück, umklammerte die Armlehnen und schloss ihre Augen – vielleicht etwas zu fest, denn sie hörte, wie Harvinder belustigt schnaubte. Dann hörte sie, wie er eine einzige Taste drückte.
    Und sie befand sich im Netz.
    Falls man angesichts einer totalen Abwesenheit von allem überhaupt davon sprechen konnte, »in« etwas zu sein. Vielleicht war sie eher »außerhalb von allem«. Sie fand sich in einer Schwärze wieder, die absoluter zu sein schien als beim bloßen Schließen der Augen; absoluter sogar, als wenn man blind war. Es war nicht nur still, sondern so, als hätte jemand eine Stummschaltung aktiviert, die sogar die bloße Möglichkeit von Geräuschen kategorisch ausschloss. Und was das Gefühl betraf, über einen physischen Körper zu verfügen, nun … vielleicht eine geisterhafte Form von Körperlichkeit. Zumindest hatte sie das vage Gefühl, auf einer Oberfläche zu stehen und nicht frei im Raum herumzuschweben, das war immerhin etwas.
    Sie wollte ihren Avatar dazu bringen, sich zu bewegen, den rechten Arm zu heben, und möglicherweise tat er das … möglicherweise … Aber es gab keine Luftmoleküle, die von der Bewegung getroffen werden oder Widerstand leisten konnten. Ohne die Glieder ihres Astralleibs sehen zu können, konnte sie nicht sicher sein, ob das Experiment glückte. Das Gleiche war der Fall, als sie ihren Körper anwies, sich umzudrehen und in eine andere Richtung zu blicken. Denkbar, dass er es getan hatte, aber in dieser Umgebung konnte sie es nicht mit Sicherheit beurteilen.
    Wenn sie im Hades schon nur eine Kopie ihres sterblichen Selbst zu sein schien, war sie jetzt zur Kopie einer Kopie geworden. Und die Qualität der Reproduktion verschlechterte sich mit jeder Vervielfältigung. War ihre Seele bereits so stark reduziert, dass sie einen Punkt erreicht hatte, an dem sie vollständig aufhören konnte zu existieren?
    Ein Anflug von Panik ließ sie frösteln. Sie erinnerte sich daran, wie es war, in ihrem Sarkophag aus Zement begraben zu sein, vollkommen hilflos und unfähig, ihren Körper zu bewegen oder gar zu fliehen. Was, wenn der Mann, der draußen wartete und alles beobachtete, sie nicht zurückholen und sie diesen Ort nie wieder verlassen könnte? Was, wenn sie noch immer in den Steinsarg eingeschlossen und ihre Befreiung lediglich ein Traum gewesen war – nur eine Wahnvorstellung?
    Sie brachte sich dazu, nach oben zu schauen, obwohl sie, von der Leere ausgehend, die sie umgab, nicht erwartete, dass es oben anders als unten war. Sie irrte sich. Ihr Avatar öffnete den Mund und hätte ein überraschtes Keuchen ausgestoßen, wenn Luft dagewesen wäre, die ihre Lungen füllen könnte – und wenn sie Lungen besessen hätte.
    Dichte Sternbilder erfüllten den Himmel über ihr; Sterne, die sich rot von der Schwärze abhoben und funkelten wie Millionen winziger Rubine, gebettet auf dunklen Samt. Ein Universum, das allein aus sterbenden Roten Riesen bestand. Myriaden von Himmelskörpern bewegten sich so schnell wie auf Zeitrafferaufnahmen eines nächtlichen Firmaments, wenngleich manche

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