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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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unbekleideten, schwimmenden Avatar von Pastor Karl Phelps.
    Seine gefletschten Zähne klafften auseinander und ein Strom glasiger, roter Blasen trug verzerrte, plappernde Worte an ihre Ohren.
    »Hier steckst du also, du verräterische Hure! Hab ich dich gefunden! Hier in Babylon mit den restlichen Sündern!«
    Konnte er sie ertränken? Es fühlte sich zumindest so an. Vielleicht konnte er ihren Geist nicht auslöschen, aber ihn derart durcheinanderbringen, dass er sich für den Rest der Ewigkeit in den tiefsten Strömungen des Netzes verirrte?
    Sie trat nach seinem Gesicht, doch das Medium, in dem sie schwamm, dämpfte die Kraft ihrer Bewegungen. Er schlug mit seiner freien Hand nach ihren Armen und Beinen. Als sie zu ihm hinunterblickte, die Lippen konzentriert aufeinandergepresst, weil sie befürchtete, ihre Lungen könnten sich mit unzähligen winzigen, roten Zahlen füllen, sah sie einen weißen Umriss, der wie ein Torpedo auf sie beide zuschoss.
    Vees Angst nahm zu, weil sie befürchtete, dass diesmal wirklich ein Hai auf Beutezug war. Das Tier sah auch so ähnlich aus. Doch zu ihrer Überraschung bohrte sich der weiße Umriss in die Seite ihres Vaters. Beim Aufprall spie der Mund ihres Erzeugers eine große Säule aus Blasen aus und er ließ von Vees Fußgelenk ab. Als sie mit den Armen schlug, um wieder zur Oberfläche aufzusteigen, beobachtete sie, wie die weiße Gestalt eine scharfe Kurve vollzog und ein zweites Mal auf Phelps zuhielt.
    Verrückterweise dachte Vee für einen Moment, es sei Armdrans Hund, der weiße Akita, der ihren Vater im virtuellen Einkaufszentrum angesprungen hatte. Aber nein, die haiartige Form widersprach dieser Vermutung. Als die Kreatur ihrem Vater die lange Schnauze ins Kreuz rammte, wurde Vee bewusst, was sie sah: einen Albinodelfin mit Augen, die nicht bloß gerötet waren, sondern an leuchtende Rubine erinnerten.
    Jay, dachte sie. Wo immer er verstaut war oder untersucht wurde, man hatte ihm gestattet, sich mit dem Netz zu verbinden.
    Vee wartete nicht ab, wie der Avatar ihres Gewehrs weiter das virtuelle Abbild ihres Vaters angriff. Sie machte sich Jays Eingreifen zunutze und tauchte zur Oberfläche zurück, und zwar nicht bloß zur Oberfläche des Ozeans, sondern sie befreite sich gänzlich aus dem Netz – und fand sich auf ihrem Stuhl in der Bibliothek wieder, wo sie gierig wie eine Ertrinkende nach Luft schnappte.

39. Die Rastlose
    S ie müssen das nicht tun«, versicherte Michael Palladino ihr, während er Vee die höllische Handtasche reichte. Sie spähte hinein, fand ihr Messer in seiner Scheide vor, ihre Beretta M9 mit den Ersatzmagazinen und die letzte verbliebene M67-Granate.
    »Ich will nicht, dass mein Vater mir hierher folgt und Ihnen Probleme bereitet«, antwortete sie entschlossen und hängte sich den Beutel aus Haut am Gurt über die Brust.
    »Nach allem, was wir im Netz herausgefunden haben, hat er einen Platz neben Pastor Johnston eingenommen, ihn aber nicht abgelöst. Ich glaube nicht, dass er eine ganze Armee nach Freetown führen wird und einen Heiligen Krieg gegen uns anzettelt, nur um an Sie heranzukommen. Was auch immer er im Schilde führt, Rebecca, das Konstrukt hat sich seit dem Großen Konflikt verändert.«
    Als Nächstes reichte er ihr Jay und Vee widerstand der Versuchung, das Gewehr anzugrinsen, als es mit dem Auge rollte, um zu ihr hinaufzustarren. »Was hat uns der Krieg eingebracht? Lediglich neue Konstellationen von Feinden und Verbündeten, so wie jeder Krieg. Er war nicht der erwartete Schlussstrich, dieser Krieg der Kriege, der allem Bösen ein Ende bereitet und dafür sorgt, dass das Gute seinen Siegeszug antritt.
    Seitdem haben die meisten Menschen – abgesehen von ein paar eingefleischten Fanatikern wie den Mudschaheddin – den Krieg satt . Sogar ein Großteil der Bürger von L.A., würde ich behaupten. Wir alle haben schon vor langer Zeit genügend kämpferische Auseinandersetzungen miterlebt. Der Große Krieg hat die meisten von uns schwer genug traumatisiert, dass wir uns mit seiner Ausbeute zufriedengeben. Wir konzentrierten uns auf andere Aufgaben, etwa darauf, diese Stadt zu einer Einheit zu formen und dafür zu sorgen, dass sie allen Flüchtigen offen steht. Sicher, kleine Scharmützel wird es immer wieder geben, aber niemand hat wirklich das Bestreben, erneut in eine große Schlacht zu ziehen. Was wäre damit gewonnen? Ein paar weitere Ebenen? Was gibt es noch zu gewinnen, wenn Himmel und Hölle nach allem, was wir wissen,

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