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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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erwartet hatte, sie hier zu treffen. Die Litanei, die er benutzte, um seine Seele im Feuer zu schmieden, stieg beinahe in seinem Kopf auf, bevor er sie unterdrücken konnte. Sie war klein, schlank und blass, mit großen dunklen Augen und einem kleinen Rubin, der von einer goldenen, in ihr schwarzes, bis auf die Schultern fallendes Haar geflochtenen Kette auf ihrer Stirn baumelte. Sie glich ihrer Cousine Moiraine auf verblüffende Weise. Sie trug ausgerechnet einen langen blauen Mantel, der abgesehen von den roten, grünen und weißen Streifen, die vom Kragen bis zum Saum reichten, mit goldenen Ornamenten bestickt war; dazu gehörten eng sitzende grüne Reithosen und hochhackige blaue Stiefel. Es hatte den Anschein, als hätte sich die Mode doch verbreitet. Sie machte sogar einen Knicks, obwohl das in dieser Aufmachung seltsam aussah. Lews Therin summte noch stärker, was in Rand den Wunsch aufkommen ließ, dass der Mann ein Gesicht hätte, damit er ihn schlagen konnte. Moiraine war eine Erinnerung, damit er seine Seele abhärtete, nicht um sie anzusummen.
    »Mein Lord Drache«, sagte Darlin und verbeugte sich steif. Er war kein Mann, der daran gewöhnt war, als Erster eine Ehrenbezeugung zu erweisen. Für Cadsuane hatte er keine Verbeugung übrig, nur einen scharfen Blick, bevor er ihre Anwesenheit zu ignorieren schien. Sie hatte ihn und Caraline einige Zeit als »Gäste« in Cairhien beherbergt. Unwahrscheinlich, dass er das vergessen oder vergeben würde. Nach einer Geste beeilten sich die Dienerinnen, Wein anzubieten. Wie zu erwarten, erhielt Cadsuane mit ihrem alterslosen Gesicht den ersten Pokal, aber überraschenderweise bekam Nynaeve den zweiten. Der Wiedergeborene Drache war eine Sache, eine Frau, die den Großen Schlangenring trug, etwas ganz anderes, selbst in Tear. Cadsuane schlug den Umhang nach hinten und zog sich zur Wand zurück. Es sah ihr nicht ähnlich, sich zurückzuziehen. Aber von dort aus konnte sie alle gleichzeitig beobachten. Alivia nahm einen Platz neben der Tür ein, zweifellos aus dem gleichen Grund.
    »Ich sehe mit Freude, dass es Euch besser geht, als ich Euch das letzte Mal gesehen habe«, fuhr Darlin fort. »Ihr habt mir eine große Ehre erwiesen. Obwohl ich deswegen noch immer meinen Kopf verlieren könnte, wenn Eure Aes Sedai nicht bald Fortschritte macht.«
    »Schmollt nicht, Darlin«, murmelte Caraline. Ihre kehlige Stimme klang amüsiert. »Männer schmollen, oder nicht, Min?« Aus irgendeinem Grund stieß Min ein Lachen aus.
    »Was tut Ihr hier?«, wollte Rand von den beiden Leuten wissen, die er hier nicht erwartet hatte. Er nahm einer der Dienerinnen einen Pokal ab, während die andere zwischen Min und Alivia zögerte. Min trug den Sieg davon, vielleicht weil Alivias blaues Kleid so schlicht war. Den Wein schlürfend, schlenderte Min zu Caraline herüber - nach einem Blick der Cairhienerin bewegte sich Darlin grinsend von ihr fort - und die beiden Frauen steckten die Köpfe zusammen und flüsterten. Mit der Macht gefüllt, konnte Rand gelegentlich ein Wort aufschnappen. Seinen Namen. Darlins.
    Weiramon Saniago, ebenfalls ein Hochlord aus Tear, war nicht klein, und er stand so gerade wie ein Schwert da, aber er hatte etwas von einem umherstolzierenden Gockel an sich. Sein mit Grau durchsetzter Bart, eingeölt und zu einer Spitze getrimmt, zitterte förmlich vor Stolz. »Heil dem Herrn des Morgens«, sagte er mit einer Verbeugung. Oder intonierte es vielmehr. Weiramon war wie dazu geschaffen, etwas zu intonieren oder deklamieren. »Warum ich hier bin, mein Lord Drache?« Die Frage schien ihn zu verblüffen. »Als ich hörte, dass Darlin im Stein belagert wird, was hätte ich da anderes tun können, als ihm zu Hilfe zu eilen? Soll man meine Seele verbrennen, ich habe versucht, ein paar der anderen dazu zu überreden, mich zu begleiten. Wir hätten Estanda und dem ganzen Haufen ein schnelles Ende bereiten können, das schwöre ich!« Er packte seine Faust, um zu demonstrieren, wie er die Rebellen zerquetscht hätte. »Aber nur Anaiyella hatte den Mut!« Caraline hielt in ihrer Unterhaltung mit Min inne, um ihm einen Blick zuzuwerfen, der ihn nach einer Stichwunde hätte suchen lassen, wäre er ihm aufgefallen. Astoril schürzte die Lippen und fuhr darin fort, seinen Wein zu betrachten.
    Hochlady Anaiyella Narencelona trug ebenfalls einen Mantel mit eng sitzenden Reithosen und hochhackigen Stiefeln, allerdings hatte sie weiße Spitze hinzugefügt, und ihr grüner Mantel war mit

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