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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Frauen nunmehr wenigstens zu zweit auf der Plattform. Ja, Plattform!
    Sie hatten den Werkzeugsack als Gewicht an das Seil gebunden. Zusätzlich von oben gerüttelt, bahnte er sich einen Weg durch das Gestrüpp.
    Ich schlang das Seil um den Oberschenkel und zog es unter den Ach
selhöhlen durch, dann machte ich mich von den Pflanzen frei.
»Geht’s?« rief Lisa. »Schaffst du es?«
»Alles in Ordnung, hievt an!«
    Carlos ist ein ausgezeichneter Pilot. Er hob das Fluggerät so behutsam an, daß ich jederzeit in der Lage war, Zweige mit der freien Hand abzuwehren und mich mit den Füßen von der Wand fernzuhalten.
    Dann sah ich über mir die besorgten und angestrengten Gesichter der drei Frauen. Lisa und Friedrun lagen bäuchlings und führten das Seil, während Inge über ihnen stand, in die Tiefe äugte und offenbar unglücklich war, nicht ebenfalls aktiv eingreifen zu können. Ich fühlte mich einen Augenblick gerührt über soviel Anteilnahme. In kurzer Zeit befand ich mich oben.
    Lisa mühte sich besorgt um mich, tupfte mir das Gesicht ab. »Das ist nichts«, sagte sie. »Carlos«, rief sie dann, »eine neue Maske.«
    Carlos warf das Gerät ab. Wenn eine Infektionsgefahr bestand, war es längst zu spät. Ich wußte, was mir dann blühen würde… »Du machst Sachen«, Inge schüttelte den Kopf.
    »Das ist ein Raumkreuzer größten Ausmaßes«, sagte ich, und ich stampfte mit dem Absatz in die Vertiefung, aus der ich den kleinen Busch gerissen hatte.
    Obwohl die Frauen mich verstanden hatten, ging zunächst keine auf meine Bemerkung ein. Ich war mir in diesem Augenblick sicher, daß jeder von uns bereits in ähnlicher Kategorie gedacht hatte. Aber ich mußte erst ein Dutzend Meter in die Tiefe stürzen.
    Zu allem Überfluß bemerkte Friedrun – ohne aufzusehen – ein wenig spöttisch: »Was du nicht sagst!«
    Als ich die Maske aufgesetzt hatte, verteilte Inge die Werkzeuge.
    Es dauerte keine halbe Stunde, und Carlos stand mit der Flugmaschine auf der geschaffenen Lichtung. – Im übrigen konnte man auch dünnere Stämme und Sträucher so aus dem Boden ziehen wie ich vordem den kleinen Busch.
    Carlos klopfte mir auf die Schulter, als er aus dem Drehflügler stieg. »Bleib du hier, ich steige jetzt ab. Paßt auf das Seil auf, wenn es über die Kante läuft«, sagte er, zu den Frauen gewandt, behängte sich mit Werkzeug, knotete das Seil fachgerecht zu einem Sitz und verschwand hinter der Kante an derselben Stelle, die ich unfreiwillig passiert hatte. Über Funk gab Carlos kurze Anweisungen, so als sei das Ganze eine simple Übung. Einigemal ließ er uns stoppen, dann hörten wir ihn mit der Axt zuschlagen, Geäst rauschen. Er hieb sich den Weg nach unten frei.
    Bei nahezu dreißig Metern gab er an, den Boden erreicht zu haben. Der Körper befinde sich etwa fünf Meter über ihm, stehe offenbar auf Stützen, die man jedoch nicht sehen könne. Allerdings sei der Verwuchs unter dem Rumpf wesentlich stärker, da sich die Pflanzen stauten und eine Art groben Filz bildeten. Er wolle aber dennoch versuchen, eingedenk des Rasterbildes, das zu vermutende Nebentrum zu erreichen. Wir hörten es weiter schlagen, krachen, dazwischen Carlos’ Keuchen.
    Nach einer halben Stunde ließ unser Gefährte sich hochhieven.
    Carlos war tropfnaß von Schweiß. Es herrschten nach wie vor an die fünfzig Grad, die Sonne strahlte schwach hinter Dunst. Fast hundert Prozent Feuchtigkeitssättigung der Luft…
    »Es hat so keinen Zweck!« Carlos schüttelte resignierend den Kopf. »So lernen wir nie das Ausmaß kennen, und einen Eingang finden wir nur durch Zufall…«
    Ich wartete noch einige Minuten – ordnete Gerät –, bis Carlos sich einigermaßen erholt hatte. »Kennst du – so was?« fragte ich und deutete mit dem Daumen auf das, worauf wir standen.
    »Wenn du so etwas nicht kennst…!« Carlos schüttelte nachhaltig den Kopf. »Das ist ein Monstrum.«
    Wieder nagte der vage Gedanke, den ich nach dem Absturz angesichts der Nietenköpfe hatte. »Ich glaube, ich hab’s«, sagte ich dann. Man sah mich erwartungsvoll an.
    »Das mit dem Flügler bringt nichts. Der Weg unten ist unsere Chance. Er muß schließlich irgendwohin führen, nicht? Da er geradeaus zum Objekt weist… Doch sicher nicht Carlos’ grobem Pflanzenfilzes wegen…«
    Carlos sah mich noch eine Sekunde lang an, dann nickte er und begann wortlos Seil und Gerätschaften im Flugapparat zu verstauen. Dazwischen fragte er obenhin: »Bist einverstanden, Bruno,

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