Der Untergang der Telestadt
Hauptstadtbewohnern noch von den Siedlern in anderen Orten – von denen es noch drei geben sollte – etwas Definitives erfahren.
Auf meinen Einwand, man müsse das Logbuch studieren, zuckte Bruno mit den Schultern. »Ich glaube nicht, daß es etwas brächte, daß sich das Risiko, an dieses Buch, das sie wie ein Heiligtum hüten, heranzukommen, rentiert. Die letzte Eintragung habe ich vorgelesen. Die anderen vorher dürften sich von denen aller Logbücher wohl kaum so sehr unterscheiden, daß sie nennenswerte Aufschlüsse liefern. Was es mit der TELESALT auf sich hat, erfahren wir auf der Erde umfassender und genauer.«
Nun, es ließ sich nicht bestreiten, die Logik befand sich auf Brunos Seite.
Dann teilten wir uns Aufträge zu. Es galt zu erkunden, welche Beziehung zum Raumschiff bestand, wenn es überhaupt noch eine gab, was es mit den dort abgelagerten Leichnamen auf sich hatte, mit dem Weg dorthin, oder ob auch solche Brücken aus konkreter Erinnerung in den Mythos gerutscht waren. Da sie den Weg vor noch nicht allzu langer Zeit aufgegeben hatten, bestand Hoffnung, in ihrem Erinnern Zusammenhänge aufzudecken.
»Den Schlüssel aber zu alldem vermute ich im Schiff und nicht bei denen…« Ich bezog mit einer weitausholenden Geste den Ort in meine Darlegungen ein.
Meine Behauptung rief ein wenig Erstaunen hervor. »Wie kommst du darauf, der vergammelte Kasten könnte noch irgendwelche Aufschlüsse liefern?« fragte Lisa.
»Weil er die ersten Jahrzehnte ihres Hierseins so etwas wie Heimat bedeutete, bei allem Sendungsbewußtsein, bei allem Enthusiasmus, den sie mitgebracht haben mögen und von dem jeder Krake, jeder Sturm, jeder Raupenschwarm ganz gewiß bei dem einen oder anderen ein Stück abgefressen hat…«
»Da ist was dran, was Sam sagt«, pflichtete Friedrun mir bei.
Lisa schüttelte skeptisch den Kopf, Bruno hatte mir aufmerksam zuge
hört.
»Und worauf willst du hinaus?« fragte Carlos.
»Eine nochmalige Durchsuchung des Schiffes«, antwortete ich mit der größten Selbstverständlichkeit. »Wir haben längst keine vollständige Übersicht.«
Bruno schüttelte den Kopf. »Das können wir uns nicht leisten«, sagte er. »Uns bleibt nicht viel Zeit.«
»Ich bin dafür«, erwiderte Friedrun. »Selbst wenn wir noch einen Trakt voller Leichen finden«, scherzte sie makaber.
»Einen Ablaufplan machen wir, wenn wir wieder auf der FOTRANS sind. Für heute schlage ich…« Was Bruno vorschlagen wollte, blieb zunächst ungewiß.
Vom Ortseingang her näherte sich eine Kolonne von ausschließlich männlichen Menschen, jeder einzelne schwer beladen mit Holzbündeln. Als sie näher kamen, konnten wir ausmachen, es handelte sich um jenes Brennmaterial, von dem zum Fest sicher ein beträchtlicher Vorrat verbraucht worden war.
Die Ankömmlinge teilten sich in kleine Gruppen auf, die ihre Lasten vor den Häusern abwarfen. Wenig später formierten sie sich erneut und entfernten sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Das Ganze hatte keine zehn Minuten gedauert. Und noch schneller ging es mit dem Einräumen des Holzes, was offensichtlich eine Aufgabe der männlichen Hausbewohner war. »Die sind nicht von hier«, sagte Inge plötzlich.
»Was meinst du?« fragte Carlos, »wer ist nicht von…, ah!« Er blickte die Straße hinauf und hinunter. »Die hierher gehören, sind alle noch anwesend. Außerdem, die von meinen Gastgebern saßen gerade noch beim Frühstück…«
»Also«, ordnete Bruno an. »Eine weitere Aufgabe. Wir sollten herausbekommen, wie ihr Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist…« »Hältst du das für wichtig?« fragte Friedrun scherzhaft anzüglich.
Friedruns Frage brachte mich auf einen ganz anderen Gedanken.
»Bruno – ist das – ihr Planet, oder könnte er dereinst von Menschen
besiedelt werden…?«
Wir schwiegen eine ganze Weile.
»Er ist von Menschen besiedelt«, sagte Bruno dann weise.
Ich nickte. »Aber da täten wir gut daran, sie richtig kennenzulernen.«
Die anderen vier Gefährten folgten dem Disput mit höchster Aufmerksamkeit.
»Ja, das täten… die Menschen.« Dann lächelte Bruno ein wenig spitzbübisch. »Wenn ich das gestern richtig verstanden habe, Sam, sind wir Sendboten der Mutter Erde – nach hiesigem Glauben. Du siehst ja, so sehr überrascht hat sie unser Besuch deshalb nicht. Es werden also in Zukunft, wenn Mutter Erde es für richtig hält, häufiger solche Boten kommen, um ihr von ihren Kindern hier zu berichten. Und der Entwicklung auf Flora
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