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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Holzholer degradiert werden…«
    »Eben«, bestätigte Lisa. »Da sind bestimmt etliche, was sage ich, die
meisten unverdientermaßen dabei.«
»Und sie haben keine Chance?« fragte Inge.
    »Es ist wie im Märchen«, erläuterte Lisa. »Er kommt als junger Mann nur wieder in den Schoß der Gesellschaft, wenn eine Frau ihn als Vater ihres Kindes angibt. Zurück kehrt er auch, wenn er den Arbeiten, die diese Kolonnen verrichten müssen, nicht mehr gewachsen ist oder als zu alt, um zeugungsfähig zu sein, eingeschätzt wird. Ihr seht, Unmenschen sind sie nicht…« »Na, ich weiß ja nicht«, sagte Friedrun.
    »Ich war bei Leuten«, setzte Lisa lächelnd hinzu, »die wußten sich anders zu helfen. Das Kind, das die jüngste Frau dort hat, stammt im Leben nicht von dem, mit dem sie zusammengetan wurde…«

    Unsere Abreise aus Ziti verlief ebenso undramatisch wie unsere Ankunft. Wir hatten den Abschied von uns aus etwas repräsentativer gestaltet, indem wir unsere Geschenke bis zu diesem Augenblick aufgespart hatten. Ich hatte aus gutem Grund vorgeschlagen, so zu verfahren, um herauszubekommen, was sie am nötigsten brauchten, Tand besaßen sie genug. So überließen wir ihnen mehrere Sortimente guter Handwerkszeuge, Sägen, Äxte und anderes, dazu Nägel, Klammern und Holzschrauben. Eine Schmiede, die wir auch vorgesehen hatten, nahmen wir wieder mit, es fehlten für ihren Betrieb zu viele Voraussetzungen, vor allem das Roheisen. Statt dessen überließen wir ihnen alle entbehrlichen Textilien, vor allem auch widerstandsfähige Kleidung, Folien und Riemenzeug.
    Dinge, die sie nicht kannten und an denen wir sie unterwiesen, wurden sehr schnell angenommen und begriffen.
    Bruno redete noch eine Rede, die für die Leute verständlicher ausfiel als bei der Ankunft. Er versprach darin, Mutter Erde würde jetzt häufiger ihre Boten schicken.
    Mutter Lene hielt ebenfalls eine Rede, aus der wir entnahmen, sie wären dankbare Kinder, und wir sollten Mutter Erde grüßen.
    Wir schritten wieder durchs Dorf, diesmal in ein wenig veränderter Formation: Bruno allein vornweg, dann folgten dichtauf in einer Reihe unsere drei Frauen, dahinter im Abstand ich – unmittelbar vor der Stoßstange des Rovers, den Carlos fuhr.
    Sie bildeten Spalier, das sich hinter uns zu einem Zug schloß, der uns bis zum Hubflügler begleitete. Man umringte uns, was uns beim Verladen des Rovers ein wenig nervös machte, und ein hundertfaches Schreien und Winken begleitete uns, als wir uns aus der Lichtung hoben. »Uff!« sagte Bruno, »das war anstrengend.«
    »Ich wäre gern noch geblieben, sie brauchen viel Hilfe«, bemerkte Lisa laut und, ich hatte den Eindruck, unangemessen patzig.

    Wir flogen heimwärts einen Umweg über Marys Dorf. Der Regenwald verbarg es so vollständig, daß wir keine Spur von ihm entdeckten. Dabei vermuteten wir, wieder aus einer Art Rinnenbildung im grünen Teppich, den Fluß, an dem die Heimstatt mit etwa hundert Einwohnern liegen sollte, identifiziert zu haben.
    Wir genossen an diesem Tag, wieder »daheim« zu sein. Und Bruno war so großzügig, weiter keine gemeinsamen Tätigkeiten anzuordnen. Ich sehnte mich schon lange nach einem unserer besinnlichgemütlichen und zärtlichen Abende mit Lisa, bereitete ihn besonders sorgfältig vor; von dem uns zustehenden Wein hatte ich stets eine Flasche in Reserve.
    Doch Lisa war nicht in Stimmung und kam nicht in Stimmung. Sie gab sich schweigsam, vor allem aber abwesend. Und wenn sie sich mühte, auf mich einzugehen, merkte ich es in wenigen Minuten.
    Schließlich fragte ich: »Wo bist du, Lisa?« Und ich legte dabei meine
Stirn auf die ihre.
Sie machte sich sachte frei. »Entschuldige, Sam…«

    Wir sagten eine ganze Weile nichts. Dann erklärte sie leise: »Da war Nada, weißt du, kurz vor der Niederkunft. Sie ist schwach, und es wird eine Steißgeburt…«
    »Schau, Lisa«, ich richtete mich auf, griff nach meinem Glas, wußte, der Abend war endgültig verdorben, »sie kommen schon einige hundert Jahre ohne uns nieder, und sie haben sich alle Zeit normal und – reichlich vermehrt, das wird auch weiterhin ohne uns gehen.«
    Lisa nickte gedankenabwesend. »Sicher«, bestätigte sie mit einem Seufzer. »Es wäre ein großes Glück, wenn unter diesen Umständen Nada und das Kind es überleben…«
    Ihre Aussage machte mich betroffen. Dann versuchte ich Trost, der jedoch des Grolls wegen in mir zu wünschen übrigließ. »Sie sind naturverbunden, halten etwas aus. Es wird bestimmt gut

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