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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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sie barg einen Augenblick ihren Kopf an meiner Brust.
    Nur allmählich sammelten wir uns, langsam versuchte ich Zusammen
    hänge herzustellen, Fragen aufzuwerfen…
    Ich strich Friedrun übers Haar. Wir sprachen nicht. Aber meine Er
    schütterung ebbte ab.
    Über Friedruns Kopf hinweg musterte ich den Raumsektor. Und dann drückte ich mit rauher Stimme meine Überzeugung aus: »Der letzte Wissende, Friedrun…«
    Friedrun löste sich von mir, drehte sich dem Knochenmenschen zu. »Wie kommst du…?«
    »Alle anderen sind ausgezogen, den Planeten zu erobern. Er stirbt hier für sich allein – ohne Ehrenbestattung da unten, mit Papier und Stift… Ein Außenseiter, ein Schreibkundiger. Zwingt das nicht zu dem Schluß…?«
    »Muhm An… Wo ist sie denn?« Friedrun machte sich endgültig von
mir frei, schaute sich nach der Alten um.
Aber die Alte war nicht mehr da.
    Noch immer stark beeindruckt und mit scheuen Blicken auf die dritte, für immer stumme Person im Raum, begannen wir mit einer oberflächlichen Untersuchung.
    »Warum sind die Pflanzen nicht verdorrt?« fragte Friedrun. Gleichzei
    tig ging ihr Blick über den Kuppelzenit.
    Ursprünglich konnte man diesen Raum für astronomische Beobach
    tungen öffnen. Und wir stellten alsbald fest, die beiden Kuppelhälften klafften etwa zehn Zentimeter auseinander. Den Spalt hatte man ausgeschäumt – bis auf zwei Stellen. Dort führten Rohre hindurch. Und eines, das obere, endete in einem Trichter, der sich außerhalb der Kuppel befand und offenbar dem Auffangen des Wassers diente, das in einem plastenen Faß gesammelt wurde und dessen Überlauf zu den Pflanzenkä sten führte. Eine sinnreiche selbsttätige Gießanlage. Das zweite, unten angebrachte Rohr diente der Entwässerung und der Entfernung von Unrat.
    Eine dritte Öffnung, rechteckig mit einem großen Querschnitt, verband dieses Domizil noch mit der Außenwelt. Wir sahen es nur angedeutet, denn der Rost hatte es total zerfressen. Dort führte ein Rauchfang über einer Feuerstelle ins Freie.
    »Kein Zweifel, er hat hier gewohnt«, sagte Friedrun, und sie deutete mit dem Kopf zum Skelett. »Ich wollte, du hättest recht!«
    Ich hatte mich unterdessen mit einem Blechschrank beschäftigt, der aus einer Aluminiumlegierung bestand und der sauerstoffangereicherten Atmosphäre einigermaßen getrotzt hatte. Es stäubte Oxid, als ich die Tür mit mäßiger Gewalt aufriß.
    Ich fand drei in nunmehr lädiertes, aber noch schützendes Ölpapier eingewickelte und mit Plasthäuten zusätzlich umhüllte, recht wohlerhaltene Kassetten, die Stapel handschriftlich eng beschriebenes Papier enthielten. »Friedrun«, rief ich ergriffen, »komm!«
    Dann entnahm ich den Behältern die Blätter, behielt zwei Stapel in den Händen, zwei weitere schichtete ich Friedrun in die Arme.
    Auf dem Blatt, das in der ersten Kassette zuunterst lag, stand in gezirkelter Handschrift »Chronik«.
    Friedrun ließ mein Getue wortlos über sich ergehen. Wir verharrten eine kleine Weile, schwiegen…
    »Am besten«, sagte sie dann, »wir packen alles wie vorgefunden in die Kästen zurück. Es wird chronologisch geordnet sein. Und so…«, Friedrun deutete mit dem Kinn lächelnd auf den Papierstapel in ihren vorgestreckten Armen, »können wir das Ganze wohl schlecht transportieren.« Ich nickte und lächelte zurück und begann wortlos, die Stöße wieder so in die Behälter zu ordnen, wie wir sie vorgefunden hatten. »Lisa muß bestimmen, wie lange der dort – oder die – schon so dasitzt. Und sie muß ihm auch die letzten Blätter fortnehmen…« Ich trat an das Skelett heran. Die oberen Seiten waren mit den Handknochen verkrustet. Ein Teil würde sicher unleserlich sein…
    Friedrun sah dem Knochenmenschen – so gut es ging – über die Schulter. »Vorerst ist auf dem obersten Blatt nichts zu lesen«, sagte sie, und es klang enttäuscht.
    Wir verschafften uns einen weiteren flüchtigen Überblick und blieben dabei: die Wohnung eines Außenseiters…
    Es fanden sich noch Reste von Geräten, ein Regal mit einer Unmenge von vorsintflutlich anmutenden Magnetbändern. Als ich an einem ein wenig spulte, zerbrach das Band. Es war spröde und unbrauchbar geworden.
    Schließlich beließen wir alles auf seinem Platz. Lisa mußte her, die anderen… Es kam auf eine genaue Altersbestimmung an.
    Nur allmählich strömte ein Gefühl höchster Befriedigung auf mich ein. So etwa mußte einem Erfinder zumute sein, dessen langjähriges Hoffen sich erfüllte. Ja, ich

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