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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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– wir hatten ihr noch einiges an Ausrüstungsgegenständen umgehängt, Verpflegung in einem Beutel und einen Handscheinwerfer obendrein. Es schien, wäre sie im übrigen nicht fast nackt gewesen, als gehöre sie zur Mannschaft.
    Als aus dem grünen Vorhang heraus der gähnende Eingang des Schiffes in das Sichtfeld geriet, beobachteten wir die Einheimische scharf. Wir stellten wohl Reaktionen in ihrem Gesicht, in ihren Blicken fest, aber keineswegs so starke, die uns befürchten ließen, sie würde die weitere Begleitung etwa ablehnen.
    Mary blickte zunächst ein wenig neugierig, dann, als sie den Komplex einigermaßen überschauen konnte – schließlich hatten wir etliches ausgeholzt –, drückte ihr Gesicht doch Furcht aus. Den letzten Zweifel an ihrer Erkenntnis nahm sie uns, indem sie auf die Knie fiel, die Hände gegen den Himmel richtete und so eine Weile verharrte. »Haus Telsa«, murmelte sie.
    Danach stand sie auf, blickte unschlüssig auf uns. Und als wir Anstalten machten, die Rampe zu besteigen, ließ sie uns zwar den Vortritt, folgte uns aber dichtauf mit aufmerksamem Blick.
    Als wir erschrocken zur Seite wichen, um dem großen Hautflügler Platz zu machen, der seine Heimstatt wieder bezogen hatte, lachte sie. Wir informierten kurz Carlos und Lisa, daß Mary bei uns bliebe, und drangen ein. Wir gingen schnurstracks zur Zentrale, um dort an Hand des Schiffsschemas unser Vorgehen festzulegen. Es mußte rationell sein; denn soviel war sicher: Noch mehr Zugeständnisse würde Bruno nicht machen.
    Am Schema stellten wir fest, die Hälfte der obersten Etage des Mitteltrakts war von keinem von uns durchsucht worden, ebensowenig wie die untersten Räume des linken Trums.
    Während ich mir Notizen machte, blickte Friedrun durch die veralgten Fenster nach draußen in das niedrige Gestrüpp der ehemaligen Felder. Mary spielte mit der Lampe.
    Plötzlich sagte Friedrun nicht zu laut und auch nicht aufgeregt, aber zwingend: »Komm mal gleich her, Sam!« Ich trat zu ihr, sie deutete mit dem Kopf nach draußen.
    Trotz Friedruns verhaltenem Ruf war Mary aufmerksam geworden. Sie lief ebenfalls ans Fenster und blickte mit hinaus.
    Dort, wo das Buschwerk zum Hochwald überging, schritt eine uralte einheimische Frau auf die TELESALT zu. Sie bestand anscheinend nur aus Haut und Knochen, ihr Haar, filzig, ragte zottelig in Strähnen rings vom Kopf ab, und sie trug in der rechten Hand einen plastenen, schon etwas mitgenommenen Zehnliterkanister. Einer Eingebung folgend, blickte ich auf Mary.
    Das Mädchen hielt den Kopf gesenkt, und als ich mir den Blick in ihr Gesicht erzwang, indem ich mit gekrümmtem Zeigefinger Druck unter ihrem Kinn erzeugte, schaute sie mich an wie ein Hündchen, das man gerade beim Stibitzen einer Wurst ertappt hat. »Wer ist das?« fragte ich streng; denn es war mir sonnenklar geworden, daß sie es wußte. Wahrscheinlich besuchte sie uns so zufällig nicht und hatte sie die Wegstrecke von ihrem Dorf bis zu uns sogar in Begleitung der Alten zurückgelegt. »Muhm An«, sagte Mary, mit leibhaftig schlechtem Gewissen im Blick. Ich hätte grinsen mögen, und ich sah es Friedrun an, auch ihr war nach Lachen zumute. Schließlich – was schon bedeutete es für uns, wenn Mary mit der Alten… Halt, der Kanister! Also gab ich mein inquisitorisches Getue noch nicht auf und fragte und tat so, als trüge ich einen Kanister: »Was bedeutet das?«
    »Feuermach«, antwortete sie nun wieder mit gesenktem Kopf.
    »Feuermach«, wiederholte ich. »Aha!« setzte ich hinzu und hatte nicht
die geringste Ahnung, was »Feuermach« bedeutete.
Friedrun lächelte.
»Kannst du dir darunter was vorstellen?«
    Die Alte, die ganz schön rüstig ausschritt, verschwand aus unserem Gesichtsfeld. Und mit Sicherheit strebte sie dem Eingang der TELESALT zu.
    »Feuermach und Kanister kann ich nur in einem Zusammenhang se
    hen«, sagte Friedrun. »Sie holt etwas aus dem Schiff, was sie zum Feuer
machen brauchen. So reime ich mir das zusammen. Schließlich haben sie
bereits vor Zeiten alles Brennbare demontiert.«
»Aber im Kanister…«
»Carlos hat behauptet, es gäbe noch Treibstoff.«
    »Ah, aber vergewissern sollten wir uns. Kommt!« Ich war mir nicht im klaren, wie sich Mary verhalten würde. Vorsichtshalber versicherte ich sie unserer friedlichen Absicht, indem ich ihr mehrmals sagte: »Nur gucken!« Wir begaben uns schnell und so geräuscharm wie möglich zum Korri
    dor des rechten Nebentrums, bezogen dort Posten, wo die

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