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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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auf einer dreitägigen Inspektion in Bergstadt.
    Es fand sich, daß am Nachmittag ein Materialtransport dorthin ging, dem ich mich nach einiger Überredung anschließen durfte. Die Strecke sei der Tiere wegen nicht ungefährlich und der Transporter nicht gerade bequem, und wenn ich doch gerade erst aus dem Krankenhaus… In der Tat fiel uns unterwegs ein Polyp an, was mir beinahe das Blut in den Adern gefrieren ließ, zumal wir in einer halboffenen Kabine saßen. Anscheinend aber gehörten solche Zwischenfälle zum Alltag. Einige wahllos in den glitschig schimmernden Körper gepumpte Laserstöße, die auf der Haut des Ungetüms häßliche schwarze, schmorende Auswüchse hervorriefen, aus denen penetrant riechender Quiem quoll, trieben das Tier ins schützende Unterholz.
    Der Fahrer nickte beifällig, lachte und verhakte die Waffe neben der Lenksäule.
    Als sich später die Straße erweiterte, wir in Bergstadt einfuhren, trafen wir auf eine bestürzt, ratlos stehende, nur wenig diskutierende Gruppe von Arbeitern. Einer erzählte uns knapp, daß sein Kollege vor wenigen Minuten von einem Kraken ins Dickicht gezerrt worden sei und man nach einigen Dutzend Metern die Verfolgung abgebrochen habe. Aussichtslos. Außerdem sei es, so die Erfahrung, so gut wie nie vorgekommen, daß jemand lebend geborgen werden konnte. Selbst wenn man die Umklammerung überstünde, das Zerren durch das Pflanzengewirr auf keinen Fall…
    Der Transporter wurde zu seinem Bestimmungsplatz dirigiert, wir fuhren dabei über eine einigermaßen beräumte Knüppeldammstraße, die links und rechts von festungsartigen Gehöften gesäumt wurde – zumindest umschlossen regelrechte Palisadenzäune die Häuser und die dazugehörigen Gärten. Mir drängte sich die Vermutung auf, daß hier der Tierbestand bedeutend höher sein müsse als bei Ziel. Später erhielt ich Gewißheit: Man begründete diesen Tatbestand damit, daß durch die katastrophenähnliche Landung unseres Riesenschiffes in dessen Umgebung eine nachhaltige Vertreibung erfolgt sei.
    Ich traf Gus jenseits der Siedlung auf einem kleinen gerodeten Hügel. Sie projizierten ein Schlachthaus in die Landschaft, und Gus war anwesend, um den Bauplan zu bestätigen.
    Als ich kam, stritten sie. Gus gewahrte mich zunächst nicht. Er stand mit dem Rücken zu mir und hielt eine kleine Rede, deren Quintessenz seine Ablehnung bestimmter Details war. Sie seien zu aufwendig, und es grenze an Größenwahn, in dieser Phase an so etwas zu denken. Ich trat vor, Gus erblickte mich und kam einen Augenblick aus dem Konzept. »Fanny! Was um alles in der Welt machst du hier?«
    Aber dann hatte er sich gefangen. Er faßte kategorisch zusammen, wie es nach seiner Ansicht gemacht werden müsse, und er wartete eine Entgegnung nicht mehr ab. Ich hatte den Eindruck, seine Partner akzeptierten wohl die Autorität, aber überzeugt hatte Gus nicht. Eine junge Frau verzog die Mundwinkel und zuckte mit den Schultern, deutlich Geringschätzung ausdrückend. Gus wandte sich mir zu. »Sag mal…«, begann er.
    Ich schilderte kurz, weshalb ich gekommen sei, und jetzt, im Erinnern an diese Demütigung – ja, als eine solche empfand ich meine sogenannte Schonzeit –, traten mir vor Ärger und Enttäuschung Tränen in die Augen.
    Viel zu schnell reagierte Gus. Er schüttelte den Kopf, und ich dachte natürlich, im Einverständnis mit mir. Doch dann sagte er: »Und deswegen kommst du hierher?« Er schüttelte noch nachhaltiger den Kopf. »Fanny – vielleicht ist das für dich nicht schön…« Er versuchte einen versöhnlichen Ton. »Aber warum begreifst du nicht, daß das jetzt nicht zählt. Wo einer steht, wird er gebraucht. Es ist gleichgültig, wo. Und sicher ist es gut, wenn du vom Schulstreß noch ein wenig verschont wirst, hm? Zum Heulen aber ist kein Grund.«
    Ich nickte, zerdrückte die letzten Tränen. »War wohl dumm von mir«, stammelte ich und wandte mich ab. Ich wollte unter keinen Umständen, daß er mir die Enttäuschung ansah.
    Gus ging auf zwei Männer zu, deutete auf mich, sprach einiges. Sie nickten lachend und winkten ab.
    Dann kam Gus zu mir. »Ich habe die Besprechung heute abend abgesagt.« Und sehr jovial fügte er hinzu: »Wenn du schon mal da bist, wollen wir uns ein paar gemütliche Stunden machen, ja? Deinen Kummer vertreiben…«
    In der Tat, es gab Augenblicke an jenem Abend, die mich mehr als meinen Kummer vergessen ließen. Ich dachte nicht an diesen verdammten Planeten, nicht an unsere heroische

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