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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Außer den Geräuschen des nahen Waldes hörte ich nichts.
    Mit klatschendem Schlag zog ein riesiger Hautflügler vorbei, der mich mißtrauisch beäugte, so daß ich mich ängstlich duckte, obwohl ich keinen Fall kannte, daß ein solches Tier je einen Menschen angefallen hätte. Dabei besaß er eine Flügelspannweite von fast vier Metern und Krallenfüße, groß wie Stückgutgabeln.
    Nachdenklich und verunsichert ging ich zurück, kroch in meine Behausung, und da hörte ich noch einmal eine Serie der dumpfen Schläge, danach nichts mehr.
    Zur Wiederaufnahme meiner Lesung fand ich nicht mehr die nötige Ruhe. Ich lag und lauschte, aber da gab es nichts mehr zu hören, was sich aus der üblichen Geräuschkulisse die gedämpft von außen hereindrang, heraus gelöst hätte.
    Ich wartete eine Stunde, machte fahrig einige Verrichtungen, aß appe
titlos, wartete.
Nichts tat sich.
    Dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich zog mir weiche Schuhe an, nahm eine Lampe, aber auch den Laser und stieg hinab in das Schiff. Alle Dutzend Meter blieb ich stehen, lauschte.
    Ich tastete mich den geräumigen Mittelgang im Hauptturm nach hinten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die Geräusche wären aus diesem Teil des Schiffes gekommen.
    Zwischen den Fingern ließ ich ab und an ein wenig Licht vor mir herfallen. Noch funktionierte zwar die Notbeleuchtung im Schiff, aber die wagte ich unter den gegebenen Umständen natürlich nicht einzuschalten. Links und rechts von mir lagen die ehemaligen Wohnungen, später, zum Heck zu, Vorratsräume.
    Ich entdeckte nichts, was auf eine Unregelmäßigkeit hinwies.
    Eine Etage tiefer, im Steuerdeck des Schubwerkes, fand ich alles, wie ich es kannte: die Vor-Ort-Leitstände der Mitteltriebwerke. Dann mußten sich linker Hand sozusagen Herz und Verstand der Telesalt anschließen, das geräumige Computer-, Navigations- und Funksteuerzentrum, der einzige Trakt des Schiffes, in dem nach wie vor die Hermetik nicht aufgehoben war, in dem sich also gleichsam noch irdische Luft befand, in den weder Pilze noch Algen von Neuerde gedrungen sein konnten, kurzum, die komplizierteste, teuerste und vielleicht überlebenswichtigste Anlage des Schiffes, nach menschlichem Ermessen voll funktionsfähig. Sie würde ermöglichen, die Funkbrücke zur Erde herzustellen, falls die nötige Energie aufgebracht würde.
    Vor dem Tor zu diesem Trakt stand ein Vorschlaghammer!
    Wie vom Donner gerührt erstarrte ich in meiner Laufpose. Ich löschte das Licht gänzlich, lauschte. Lauerte man mir etwa auf…? Ich spürte, wie mir Schweiß ausbrach, und am liebsten wäre ich umgekehrt und davongelaufen.
    Eigenartigerweise kam mir nicht der Gedanke, der Hammer stünde schon lange hier und hätte mit dem Gehörten nicht das geringste zu schaffen. Mir war sofort klar, dieses Werkzeug und die vor Stunden wahrgenommenen Klopfgeräusche standen im Zusammenhang. Ich rutschte in den Winkel zwischen Fußboden und Wand, kauerte da – eine Stunde, länger… Nichts tat sich.
    Dann nahm ich meinen Mut zusammen, trat ans Tor, fuhr mit der flachen Hand über die kaum wahrnehmbaren Fugen – und erschrak: Grati ge Unregelmäßigkeiten an dem ursprünglich glatten Metall drohten mir die Haut aufzureißen.
    Ich richtete den vollen Strahl meiner Lampe auf die betreffenden Stel
len. Rings um den Torspalt gröbste Spuren einer äußerst unsachgemäßen
Gewalteinwirkung.
Ein ungeheurer Vorfall!
    Mir war sofort klar: Würde jemand die Hermetik zerstören, jegliche Hoffnung, jemals mit der Erde in Verbindung zu treten, könnte begraben werden. Aus welchem Grunde also hatte das jemand versucht? Ein Wahnsinniger, ja – einer, der den Verstand verloren hat, einer aus Seestadt.
    Und weshalb mit solcher Hartnäckigkeit ein so sinnloses Unterfangen? Er hatte völlig ungeeignetes Werkzeug. Wenn man diesem Werkstoff beikommen wollte, dann höchstens mit einem Spezialbrenner oder mit einer Königswasser-Druckpistole. Am sichersten aber, so dachte ich ein wenig sarkastisch, wäre es wohl mit der Code-Karte. Und die hatte Gus in Verwahrung. Nur der Rat würde über die Verwendung beschließen. Ich versuchte, den Hammer anzuheben, was ich natürlich schaffte, aber nur mit größter Mühe.
    An den Wänden fand ich Spuren, wie sie nur ein Widiameißel hinterlassen konnte. Niemals würde ein Mensch, und sei es der stärkste, einen Meißel halten und gleichzeitig mit diesem Hammer darauf schlagen können. Sie waren ihrer zwei…
    Ich ließ das Werkzeug stehen und lief den Gang

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