Der Untergang des Abendlandes
die Gleichheit im Körperbau bei einer durchgreifenden Verschiedenheit des lebendigen Ausdrucks. Ich brauche nur an den unermeßlichen Unterschied zwischen einer echten Bauernrasse wie den Friesen oder Bretonen und echten Stadtrassen zu erinnern. [Hierzu sollte einmal jemand physiognomische Studien an den massenhaften ganz bäuerlichen Römerbüsten, den Bildnissen der frühgotischen Zeit und der schon ausgesprochen städtischen Renaissance und noch mehr an den vornehmen englischen Porträts seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts machen. Die großen Ahnengalerien enthalten ein unübersehbares Material.] Aber zur Energie des Blutes, das durch Jahrhunderte immer wieder dieselben leiblichen Züge prägt – »Familienzüge« –, und der Macht des Bodens – »Menschenschlag« – tritt noch jene rätselhafte kosmische Kraft des gleichen Taktes eng verbundener Gemeinschaften. Was man das Versehen der Schwangeren nennt, ist nur eine wenig bedeutende Einzelheit aus einem der tiefsten und mächtigsten Gestaltungsprinzipien alles Rassehaften. Daß greise Eheleute nach einem langen innigen Zusammenleben sich überraschend ähnlich geworden sind, hat jeder schon gesehen, obwohl die messende Wissenschaft ihm vielleicht das Gegenteil »beweisen« würde. Man kann die Gestaltungskraft dieses lebendigen Taktes, dieses starken innerlichen Gefühls für die Vollkommenheit des eigenen Typus gar nicht hoch genug anschlagen. Das Gefühl für Rasseschönheit – im Gegensatz zu dem sehr bewußten Geschmack reifer Stadtmenschen für geistig-individuelle Schönheitszüge – ist unter ursprünglichen Menschen ungeheuer stark und kommt ihnen eben deshalb gar nicht zum Bewußtsein. Ein solches Gefühl ist aber
rassebildend
. Es hat ohne Zweifel den Krieger- und Heldentypus von Wanderstämmen immer reiner
auf ein leibliches Ideal
hin geprägt, so daß es einen Sinn gehabt hätte, vom Rassebild des Normannen oder Ostgoten zu sprechen, und dasselbe ist bei jedem alten Adel der Fall, der sich stark und innig als Einheit fühlt und eben damit ganz unbewußt zur Ausbildung eines körperlichen Ideals gelangt. Kameradschaft züchtet Rassen. Französische
noblesse
und preußischer Landadel sind echte Rassebezeichnungen. Aber gerade das hat auch den Typus des europäischen Juden mit seiner ungeheuren Rasse-Energie in einem tausendjährigen Ghettodasein herangezüchtet und wird immer wieder eine Bevölkerung zu einer Rasse schmieden, sobald sie sich einem Schicksal gegenüber seelisch für lange Zeit fest aneinander schließt. Wo es ein Rasse-Ideal gibt, und das ist in jeder frühen Kultur, in der vedischen, homerischen, staufischen Ritterzeit im höchsten Grade der Fall gewesen, da bewirkt die Sehnsucht einer herrschenden Klasse nach diesem Ideal, der Wille, so und nicht anders zu sein, ganz unabhängig von der Wahl der Frauen, daß dieses Ideal sich endlich verwirklicht. Und dazu kommt noch eine zahlenmäßige Erwägung, die bei weitem nicht genug beachtet wird. Jeder heute lebende Mensch hat um das Jahr 1300 schon eine Million, um das Jahr 1000 eine Milliarde Ahnen. Diese Tatsache besagt, daß jeder lebende Deutsche mit jedem Europäer der Kreuzzüge ohne Ausnahme blutsverwandt ist und daß sich dies, je enger man die Landschaftsgrenze zieht, zu einer hundert- und tausendfachen Verwandtschaft steigert, so daß die Bevölkerung eines Landes im Verlaufe von kaum zwanzig Generationen
zu einer einzigen Familie
zusammengewachsen ist; und das führt ebenso wie die Wahl und Stimme des durch die Geschlechter kreisenden Blutes, welches immer wieder Rassemenschen zueinander treibt, die Ehe löst und bricht und alle Widerstände der Sitte mit List und Gewalt überwindet, zu zahllosen Zeugungen, die ganz unbewußt
den Willen der Rasse
erfüllen.
Das sind erst die pflanzenhaften Rassezüge, die »
Physiognomie der Lage«
unter Absehen von der Bewegung des Beweglichen, also alles, was den lebendigen und toten Tierleib
nicht
unterscheidet und was auch in den starren Teilen ausgedrückt sein muß. Ohne Zweifel liegt im Wuchs einer Steineiche und italienischen Pappel und dem eines Menschen – »gedrungen«, »schlank«, »schmächtig« – etwas Gleichartiges. Und ebenso ist die Rückenlinie eines Dromedars und die Zeichnung eines Tiger- oder Zebrafelles ein pflanzenhaftes Rassemerkmal. Dahin gehört auch die Wirkung von Bewegungen, welche die Natur
an und mit einem Wesen
vornimmt. Eine Birke oder ein zartes Kind, die sich im Winde biegen, eine Eiche mit
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