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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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von den prophetischen Religionen ab, aus und zwischen denen mit der apokalyptischen Erregung immer zahlreichere ordensartige Gemeinschaften entstanden, so waren es die beiden Kultkirchen des Westens, deren zahllose Einsiedler, Wanderprediger und Orden sich zuletzt nur durch den Namen der angerufenen Gottheit unterschieden. Alle empfehlen sie Fasten, Gebet, Ehelosigkeit und Armut. Es ist sehr fraglich, welche von beiden Kirchen um 300 asketischer gerichtet war. Der neuplatonische Mönch Sarapion geht in die Wüste, um nur noch die Hymnen des Orpheus zu studieren, Damaskios zieht sich, durch einen Traum bestimmt, in eine ungesunde Höhle zurück, um beständig zu Kybele zu beten. [R. Asmus, Damaskios, Philos. Bibl. 125 (1911). Das christliche Anachoretentum ist
jünger
als das heidnische: Reitzenstein, Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius, Sitz. Heid. Akad. (1914), VIII, 12.] Die Philosophenschulen sind nichts als asketische Orden; die Neupythagoräer stehen den jüdischen Essäern nahe; der Mithraskult, ein echter Orden, gestattet nur Männern den Zutritt zu seinen Weihen und Gelübden; Kaiser Julian wollte heidnische Klöster erbauen. Das Mandäertum scheint eine Gruppe von Ordensgemeinschaften verschiedener Strenge gewesen zu sein, unter denen sich die Johannes' des Täufers befand. Das christliche Mönchtum beginnt nicht mit Pachomius (320), der nur das erste Kloster gebaut hat, sondern mit der Urgemeinde in Jerusalem. Das Matthäusevangelium [Bis zu der Forderung 19, 12, die Origenes wörtlich befolgt hat.] und fast alle Apostelgeschichten sind Zeugnisse einer streng asketischen Gesinnung. Paulus hat es nie gewagt, dem ausdrücklich zu widersprechen. Die persische und nestorianische Kirche haben die mönchischen Ideale weiter entwickelt und der Islam hat sie sich endlich in vollem Umfange zu eigen gemacht. Die orientalische Frömmigkeit wird heute durchaus von den moslemischen Orden und Bruderschaften beherrscht. Die gleiche Entwicklung nahm das Judentum von den Karäern des 8. bis zu den polnischen Chassiden des 18. Jahrhunderts.
    Das Christentum, das noch im 2. Jahrhundert nicht viel mehr als ein verbreiteter Orden gewesen war, dessen öffentliche Macht über die Zahl der Mitglieder weit hinausging, wächst etwa seit 250 plötzlich ins Ungeheure. Es ist die Epoche, in welcher die letzten Stadtkulte der Antike verschwinden,
nicht vor der christlichen, sondern vor der neu entstehenden Heidenkirche
. 241 brechen die Akten der Arvalbrüder in Rom ab; 265 erscheinen die letzten Kultinschriften in Olympia. Die Häufung der verschiedensten Priestertümer auf eine Person wird gleichzeitig Sitte, [Wissowa, Religion und Kultus der Römer, S. 493; Geffcken, S. 4 und 144.] das heißt man empfindet diese Bräuche nur noch als die einer einzigen Religion. Und diese Religion tritt
werbend
auf und verbreitet sich weit über das griechisch-römische Stammgebiet hinaus. Dennoch ist um 300 die christliche Kirche die einzige, welche sich über das ganze arabische Gebiet ausgedehnt hat, aber gerade daraus folgt nun die Notwendigkeit innerer Gegensätze, die nicht mehr auf der geistigen Anlage einzelner Menschen, sondern auf dem Geist der einzelnen Landschaften beruhen und die deshalb zum Zerfall des Christentums in mehrere Religionen geführt haben, und zwar für immer.
    Der Streit um die Wesenheit Christi
ist das Feld, auf dem der Kampf zum Austrag kommt. Es handelt sich um
Substanzprobleme,
die in ganz derselben Form und Richtung auch das Denken aller andern magischen Theologien erfüllen. Die neuplatonische Scholastik, Porphyrios, Jamblich und vor allem Proklos haben solche Fragen in westlicher Fassung und in enger Fühlung mit der Denkweise des Philo und selbst des Paulus behandelt. Das Verhältnis zwischen dem Ur-Einen, Nus, Logos, dem Vater und dem Mittler wird auf das Substanzielle hin betrachtet. Handelt es sich um Ausstrahlung, Teilung oder Durchdringung? Ist eins im andern enthalten, sind sie identisch oder schließen sie sich aus? Ist die Trias zugleich Monas? Im Osten, wo schon die Voraussetzungen des Johannesevangeliums und der bardesanischen Gnosis eine andere Fassung dieser Probleme zeigen, hat das Verhältnis Ahura mazdas zum heiligen Geiste (
spenta mainyu
) und das Wesen des Vohu mano die awestischen »Väter« beschäftigt, und gerade in der Zeit der entscheidenden Konzile von Ephesus und Chalcedon bezeichnet der vorübergehende Sieg des Zrvanismus (438–457) mit dem Vorrang des göttlichen Weltlaufs

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