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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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Alls in tiefem Einklang stehen. In einem kleinen merkwürdigen Buch: R. Mewes, Die Kriegs- und Geistesperioden im Völkerleben und Verkündigung des nächsten Weltkrieges (1896) ist die Verwandtschaft dieser Kriegsperioden mit Perioden der Witterung, der Sonnenflecken und gewisser Planetenkonstellationen festgestellt und daraufhin ein großer Krieg für 1910–1920 angesetzt worden. Aber diese und zahllose ähnliche Zusammenhänge, die in den Bereich unsrer Sinne treten (vgl. Bd. II, S. 559f.), bergen ein Geheimnis, das wir zu ehren haben und nicht durch kausale Erklärungen oder mystische Gedankengespinste antasten sollten.] Es ist der Höhepunkt auch des genealogischen Prinzips.
Bella gerant alii, tu felix Austria nube
– das war in der Tat eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Das Wort ist einst mit Beziehung auf Maximilian I. geprägt worden, aber das Prinzip erlangt erst jetzt seine höchste Wirkung. Die Kriege der Fronde gehen in Erbfolgekriege über, die im Kabinett beschlossen und mit kleinen Heeren kavaliermäßig und nach strengen Regeln ausgefochten werden. Es handelt sich um die Erbschaft der halben Welt, welche durch die habsburgische Heiratspolitik des frühen Barock zusammengekommen war. Der Staat ist noch immer fest in Form; der Adel ist loyal, Dienst- und Hofadel geworden; er führt die Kriege der Krone und organisiert die Verwaltung. Neben dem Frankreich Ludwigs XIV. entsteht in Preußen ein Meisterstück staatlicher Organisation. Der Weg vom Kampfe des Großen Kurfürsten mit seinen Ständen (1660) bis zum Tode Friedrichs des Großen, der Mirabeau 1786, drei Jahre vor dem Bastillesturm noch empfangen hat, ist genau derselbe und hat zur Schöpfung eines Staates geführt, der wie der französische in jedem Punkt das Gegenteil der englischen Gestaltung der Dinge ist.
    Denn es steht anders im Reich und in England, wo die Fronde siegreich war und die Nation nicht absolut, sondern ständisch regiert wurde. Aber es besteht der gewaltige Unterschied, daß hier das Inseldasein den größten Teil der staatlichen Vorsorge ersetzte und der herrschende erste Stand, die Peers im Oberhaus wie die Gentry, die Größe Englands als selbstverständliches Ziel ihren Handlungen zugrunde legten, während im Reich die Oberschicht der Landesfürsten – mit dem Reichstag in Regensburg als Oberhaus bestrebt war, die von ihnen beherrschten zufälligen Fragmente der Nation zu »Völkern« zu erziehen und deren zerstreute »Vaterländer« so schroff als möglich gegeneinander abzugrenzen. An Stelle des Welthorizonts, der zur Zeit der Gotik vorhanden war, wurde hier ein Provinzhorizont in Tun und Denken gezüchtet. Die Idee der Nation selbst verfiel dem Reich der Träume, jener
andern
Welt nicht der Rasse, sondern der Sprache, nicht des Schicksals, sondern der Kausalität. Es entstand die Vorstellung und endlich die Tatsache des Volkes der Dichter und Denker, das sich eine Republik im Wolkenreiche der Verse und Begriffe gründete und zuletzt zu dem Glauben kam, daß Politik in idealem Schreiben, Lesen und Reden und nicht in Tat und Entschluß bestehe, so daß man sie noch heute mit dem Ausdruck von Gefühlen und Gesinnungen verwechselt.
    In England war in der Tat mit dem Sieg der Gentry und der
Declaration of rights
von 1689 der Staat abgeschafft. Das Parlament hat damals Wilhelm von Oranien als König eingesetzt und später Georg I. und Georg II. an der Abdankung verhindert, und zwar im Standesinteresse. Das noch unter den Tudors ganz geläufige Wort
state
kommt außer Gebrauch, so daß man Ludwigs XIV.: »
L'état c´est moi
« und Friedrichs des Großen: »Ich bin der erste Diener meines Staates« heute nicht mehr ins Englische übersetzen kann. Dagegen bürgert sich
society
ein als Ausdruck dafür, daß die Nation ständisch, nicht staatlich in Form ist, ein Wort, das mit bezeichnendem Mißverständnis von Rousseau und überhaupt von den Rationalisten des Festlandes übernommen wird, um dem Haß des
dritten
Standes gegen die Autorität zu dienen . [Hierzu und zum Folgenden »Preußentum und Sozialismus«, S. 31 ff.] Aber die Autorität ist in England als
government
sehr nachdrücklich ausgeprägt und sie wird
verstanden
. Ihr Mittelpunkt liegt seit Georg I. in dem verfassungsmäßig gar nicht vorhandenen Kabinett als dem regierenden Ausschuß der gerade herrschenden Adelsfaktion. Der Absolutismus ist vorhanden, aber er ist der einer Standesvertretung. Der Begriff der Majestätsbeleidigung wird auf das

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