Der Untergang
schlimmer gemacht.
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich herum und ging.
Elena wartete in seinem Wagen auf ihn. Sie hatte die Läden vorgelegt, das Bett gerichtet und die Decke
zurückgeschlagen, aber sie stand vollkommen angekleidet und reglos wie eine Statue daneben, und sie war
gewiss nicht gekommen, um dasselbe mit ihm zu tun wie in den vergangenen beiden Nächten. Andrej war
nicht einmal sicher, ob er ihr hätte widerstehen können. Nicht einmal jetzt. Ihr bloßer Anblick, wie sie so
in den Schatten stand, selbst kaum mehr als ein Schemen mit glänzendem Haar und bleichem Gesicht,
löste sie ein Verlangen in ihm aus, wie er es nie zuvor gespürt hatte.
Nicht einmal damals, in jenem anderen, so unendlich weit zurückliegenden und doch unvergessenen
Leben, in dem er seine erste und zugleich bisher wirklich einzige Liebe gefunden hatte.
»Schließ die Tür«, sagte sie.
Andrej gehorchte. Nach dem gleißenden Sonnenlicht draußen waren seine empfindlichen Augen fast
blind, und doch war es ihm, als sehe er Elena in allen Einzelheiten noch immer vor sich. Das Bild ihres
verlockenden, so unendlich weiblichen Körpers, hatte sich unauslöschlich in seine Gedanken eingegraben;
wie mit Säure in seine Augen geätzt.
»Laurus wird das nicht gefallen«, sagte er. Seine eigenen Worte kamen ihm absurd vor. Laurus war im
Moment gewiss ihr kleinstes Problem.
»Was? Dass ich hier bin?« Elena lachte leise, aber es klang eher bitter. »Er weiß es. Er wusste es auch
gestern und am Tag davor.«
Andrej war nicht einmal wirklich überrascht. Er nickte nur.
»Wer hat es dir gesagt?«, fragte Elena.
»Was? Dass du eine Hexe bist?« Die Worte taten ihm sofort wieder leid. Er hätte sich eher die Hand
abgehackt, als das zu tun, was Elena verletzte, und eher die Zunge abgebissen, als ihr Schmerz zuzufügen.
Und dennoch, so wie vorhin bei Bason, gelang es ihm diesmal, die fast übermächtigen Gefühle
zurückzudrängen. Elena hatte ihn verzaubert, ob tatsächlich mit Hexenkraft oder mit dem Zauber, der
jeder normalen Frau zu Eigen war, spielte keine Rolle. Er wusste überhaupt nicht mehr, was noch eine
Rolle spielte und was nicht. Alles, was er wusste, war, dass Pater Flock Recht gehabt hatte. Irgendetwas
Entsetzliches würde passieren. Er konnte das Unheil spüren, wie die knisternde Spannung in der Luft vor
einem schweren Sommergewitter, bevor sich die erste Wolke am Himmel zeigt.
Er schluckte die Worte der Entschuldigung, die ihm über die Lippen kommen wollten, herunter und sah
Elena nur herausfordernd an.
»Und das glaubst du wirklich?« Elena klang traurig. »Dass ich eine Hexe bin?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Andrej in gequältem Tonfall.
»Aber die Kaufleute in der Stadt … all diese Menschen, denen du deinen Willen aufgezwungen hast…« Er
suchte einen Moment nach Worten und räusperte sich, ehe er mit etwas klarerer, aber noch lange nicht
fester Stimme fortfuhr: »Noch vor einer halben Stunde hätte uns Schulz am liebsten an Händen und Füßen
gefesselt und über einem Pferderücken liegend in die Stadt mitgenommen. Jemand hat ihn überzeugt, es
nicht zu tun. Warst du es?«
Elena nickte. Lange Zeit - in Wahrheit nur Augenblicke, die sich aber für sie beide zu einer Ewigkeit
dehnten - schwieg sie.
Dann sagte sie leise: »Du hast Recht, Andreas. Ich vermag tatsächlich manchen Menschen meinen Willen
aufzuzwingen.
Nicht allen und längst nicht in dem Ausmaß, in dem du vielleicht annimmst, aber oft ist es leicht, andere
dazu zu bringen, das zu tun, was ich möchte.«
»So wie mich?«, fragte Andrej bitter.
Er konnte Elenas Gesicht in den Schatten, in denen sie stand, nicht sehen, aber er spürte, wie hart sie
seine Worte trafen, und der Schmerz, den allein dieses Begreifen in ihm auslöste, war entsetzlich.
»Dich?« Andrej war nicht sicher, ob das Geräusch, das Elenas Worte begleitete, ein leises Lachen oder
ein unterdrücktes Schluchzen war. »Nein. Ich habe mir niemals einen Mann so gefügig gemacht.«
»Du hättest es mir sagen müssen«, sagte Andrej.
»Was?«
»Du wusstest, warum ich hierher gekommen bin«, antwortete er gequält. »Du wusstest, wonach ich mein
Leben lang gesucht habe. Warum hast du mir nicht gesagt, dass ihr so seid wie ich?«
»Aber das sind wir nicht«, antwortete Elena. Plötzlich erwachte sie aus ihrer Starre, kam auf ihn zu und
blieb auf Armeslänge vor ihm wieder stehen, wie von einer unsichtbaren Hand zurückgerissen. Ihre Augen
waren groß und erfüllt von Furcht. »Du glaubst, du
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