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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Seite und lauschte einen Moment konzentriert und mit geschlossenen
Augen.
»Was ist?«, fragte Andrej alarmiert. Auch er horchte für einen Augenblick ins Dickicht hinein und tastete
gleichzeitig mit seinen anderen, nichtmenschlichen Sinnen die Umgebung ab.
Doch alles, was er hörte, waren die natürlichen Geräusche des Waldes und ganz weit entfernt das
Plätschern von Wasser, und alles, was er spürte, war Elenas Gegenwart. Sie waren allein.
»Hörst du nichts?«, fragte Elena.
Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Dann komm mit.«
Bevor er sich versah, lief sie so schnell in die Dunkelheit hinein, dass er sie schon fast aus den Augen
verloren hatte, bevor er endlich auf die Idee kam, ihr nachzueilen.
»Elena!«, rief er. »Was soll da? Bleib stehen!«
»Hol mich doch ein, wenn du kannst«, rief sie spöttisch und rannte nun wirklich los.
Andrej unterdrückte einen Fluch und legte Tempo zu, um zu ihr aufzuholen, aber es bereitete ihm
unerwartete Mühe. Der Wald war so dicht, dass selbst er kaum mehr als Schatten sah, mehr als einmal
über eine Baumwurzel stolperte oder sich den Kopf an einem tief hängenden Ast stieß. Wie Elena, deren
normale menschliche Sinne nicht annähernd so scharf sein konnten wie seine, es schaffte, nicht gegen ein
Hindernis zu prallen, war ihm ein Rätsel. Möglicherweise hätte er sie gar nicht eingeholt, wäre sie nicht
plötzlich langsamer geworden, um schließlich ganz stehen zu bleiben.
Andrej erreichte sie schwer atmend und konnte sich gerade noch beherrschen, sie nicht grob am Arm zu
packen und herum zu reißen. »Was soll das?«, herrschte er sie an.
»Wenn du schon bei mir bist, um mich zu beschützen, dann muss ich mich doch wenigstens davon
überzeugen, dass du das auch kannst«, antwortete Elena lachend. »Komm mit!« Sie ergriff seinen Ärmel,
um ihn mit sich zu ziehen, aber Andrej machte sich ungehalten los. »Wohin?«
»Hörst du nichts?«, fragte Elena verwundert.
Obwohl er das Ergebnis kannte, tat er ihr den Gefallen, noch einmal konzentriert zu lauschen, aber da war
absolut nichts Außergewöhnliches. Nichts, was nicht hierher gehörte. »Was?«
Statt zu antworten, ging Elena weiter, bückte sich unter einem tief hängenden, halb verdorrten Ast
hindurch und trat dicht vor Andrej auf eine halbrunde, vielleicht dreißig oder vierzig Schritte messende
Lichtung hinaus, die sich plötzlich vor ihnen auftat. Die Blätterkrone des Waldes, die an dieser Stelle
unterbrochen war, hatte die unbarmherzige Sonnenglut der letzten Tage und Wochen nicht
zurückgehalten, so dass Gras und Moos längst verdorrt und verbrannt waren, aber auf der anderen Seite
der Lichtung befand sich etwas, das irgendwo auf halbem Wege zwischen einem Tümpel und einem
kleinen See aufgehört hatte, zu wachsen. Vor nicht all zu langer Zeit musste es ein richtiger kleiner See
gewesen sein, wie die verbrannten Reste des Uferbewuchses zeigten, nun aber war es zu einer besseren
Pfütze zusammengeschmolzen, die vermutlich in wenigen Tagen oder spätestens einer Woche ganz
verschwunden sein würde, wenn die unbarmherzige Hitze weiter anhielt und es nicht regnete.
Elena ließ so etwas wie einen leisen Freudenschrei hören und eilte rasch auf den Tümpel zu, während sie
bereits ihre Bluse zu öffnen begann.
»Was hast du vor?«, fragte Andrej alarmiert.
»Na, was werde ich wohl vorhaben nach einem Tag wie diesem und an einem so wundervollen Fleckchen
Erde?«, fragte Elena spöttisch. Sie hatte den Tümpel erreicht und stürmte so ungestüm hinein, dass ihr das
Wasser bis zur Brust spritzte. »Ich werde schwimmen. Komm auch hinein!«
»Schwimmen?«, fragte Andrej verwirrt. »Hier? Jetzt?«
Elena drehte sich lachend zu ihm um. Sie hatte die Schnüre ihres Kleides bereits gelöst. Jetzt zog sie es mit
einer raschen Bewegung über den Kopf und warf es achtlos zur Seite. Zum Vorschein kam ein dünnes
Unterkleid aus Seide, das deutlich mehr von ihrem Körper enthüllte, als verbarg; vor allem dort, wo es
klatschnass war.
»Du bist verrückt«, sagte Andrej. »Mach keinen Blödsinn!«
»Wieso Blödsinn?«, fragte Elena lachend. »Was ist schlecht an einem Bad? Vor allem nach einem so
heißen Tag wie heute? Ich stinke.« Sie machte eine auffordernde Geste. »Komm mit herein.
Ein Bad würde dir ebenfalls gut tun.«
»Das mag sein«, antwortete Andrej, ohne sich von der Stelle zu rühren. »Trotzdem ist es keine gute Idee!
Es ist Nacht. Wir wissen nicht, wer sich hier sonst noch herumtreibt.« Und es geziemt sich nicht, fügte

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