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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Straßenlampen Kensingtons schickten einen schwachen Schein in das sonst beinahe dunkle Zimmer. Er lag regungslos da und starrte zur Decke hinauf, nackt bis auf das Tuch, das er sich um die Hüften gewickelt hatte. Als er die Tür klicken hörte, drehte er den Kopf hin. Sam stand stumm im Türrahmen. Sie wußte über die Wanzen Bescheid. Sie wußte, daß ihr eigenes Zimmer nicht abgehört wurde, aber gleich daneben war das von McCrea.
    Quinn schwenkte die Beine auf den Boden, knotete sein Lendentuch fest und legte einen Finger an die Lippen. Er stieg ohne ein Geräusch aus dem Bett, nahm sein Tonbandgerät von dem Tischchen neben dem Bett, schaltete es an und stellte es neben eine Steckdose in der Fußleiste, zwei Meter vom Kopfende des Bettes entfernt.
    Ohne ein Geräusch zu verursachen, hob er den großen Klubsessel in der Ecke hoch, stellte ihn auf den Kopf und plazierte ihn über das Tonbandgerät dicht an die Wand. Mit Kissen verstopfte er die Lücken, wo die Armlehnen des Sessels die Tapete nicht erreichten. Der Sessel gab vier Seiten eines Hohlraums ab, die beiden anderen bildeten der Boden und die Wand. Innerhalb des Hohlraums befand sich das Tonbandgerät.
    »Jetzt können wir uns unterhalten«, murmelte er.
    »Ich möchte gar nicht«, flüsterte Sam und streckte die Arme nach ihm aus. Quinn hob sie mit einer raschen Bewegung hoch und trug sie zum Bett. Sie setzte sich einen Augenblick auf und streifte ihr seidenes Nachthemd ab. Quinn legte sich neben sie. Zehn Minuten später wurden sie Liebende.
    Im Keller der Botschaft lauschten der Techniker und zwei FBI -Männer den Geräuschen, die aus der Steckdose, zwei Meilen weit entfernt, kamen.
    »Er ist eingeschlafen«, sagte der Techniker. Die drei Männer hörten die gleichmäßigen, rhythmischen Atemzüge eines schlafenden Mannes, in der Nacht vorher aufgenommen, als Quinn das Tonbandgerät neben sein Kopfkissen gestellt hatte. Brown und Seymour kamen in die Lauschstation geschlendert. Für diese Nacht waren keine Vorkommnisse zu erwarten; Zack hatte während der abendlichen Hauptverkehrszeit um 18   Uhr angerufen – vom Bahnhof in Bedford aus. Man hatte ihn wieder nicht zu Gesicht bekommen.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Patrick Seymour, »wie der bei dem Streß, unter dem er steht, schlafen kann. Ich mache seit zwei Wochen immer nur ein kurzes Nickerchen und frage mich, ob ich überhaupt jemals wieder zum Schlafen komme. Er muß Nerven wie Klaviersaiten haben.«
    Der Techniker gähnte und nickte. Normalerweise war mit seiner Tätigkeit für die CIA in Europa nicht viel Nachtarbeit verbunden, und schon gar nicht, wie in diesem Fall, eine Nacht nach der anderen.
    »Yeah, das wär’ herrlich, wenn ich jetzt tun könnte, was der tut.«
    Brown wandte sich wortlos ab und kehrte in den Büroraum zurück, in dem er sein Quartier aufgeschlagen hatte. Er war jetzt seit beinahe vierzehn Tagen in dieser verdammten Stadt und gewann immer mehr die Überzeugung, daß die britische Polizei nicht vorankam und Quinn mit einer Ratte »füßelte«, die es nicht verdiente, als Mensch behandelt zu werden. Mochten Quinn und die britischen Kollegen auch bereit sein, auf ihren Ärschen zu sitzen, bis die Hölle zu Eis gefror – mit seiner eigenen Geduld war es zu Ende. Er beschloß, am Morgen seine Männer um sich zu versammeln und zu überlegen, ob nicht ein bißchen altmodische Kriminalerarbeit eine Spur aufdecken könnte. Es wäre ja nicht das erste Mal, daß die Polizei mit all ihren Machtmitteln irgendein wichtiges Detail übersehen hatte.

8. Kapitel
    Fast drei Stunden lang lagen sich Quinn und Sam, der Liebe hingegeben oder miteinander flüsternd, in den Armen. Flüstern tat vor allem Sam, die ihm über sich und ihren Werdegang beim FBI erzählte. Sie warnte ihn auch vor dem Rauhbein Kevin Brown, der sie für diese Mission ausgewählt und sich mit acht FBI -Männern in London einquartiert hatte, um »die Dinge im Auge zu behalten«.
    Sie war in einen tiefen, traumlosen Schlaf geglitten, schlief so gut wie seit zwei Wochen nicht, als Quinn sie mit einem sanften Schubs weckte.
    »Es ist nur ein Drei-Stunden-Band«, flüsterte er. »In einer Viertelstunde ist es zu Ende.«
    Sie küßte ihn noch einmal, streifte ihr Nachthemd über und ging auf Zehenspitzen zu ihrem Zimmer zurück. Quinn hob vorsichtig den Sessel von der Wand weg, stöhnte dem Wandmikrofon zuliebe ein paarmal, schaltete das Tonbandgerät ab, rollte sich auf dem Bett zusammen und schlief nun wirklich ein.

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