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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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er, wie zu erwarten war, kein Peilgerät entdeckt. Wer auch immer im Laboratorium den Koffer präpariert hatte, war schlau genug gewesen, keinerlei sichtbare Spuren des Einbaus zu hinterlassen. Quinn hatte einfach angenommen, daß sich in dem Köfferchen irgend etwas befand, das die Polizei oder die SAS zu dem von ihm und Zack zu vereinbarenden Treffpunkt führen sollte.
    Als er an einer Ampel warten mußte, hatte er rasch die Schlösser geöffnet, das Diamantenpäckchen in seine Lederjacke gesteckt, den Reißverschluß hochgezogen und um sich geblickt. Der Golf stand neben ihm. Der Fahrer mit der Pelzmütze über den Ohren hatte überhaupt nichts bemerkt.
    Nach einer Fahrt von anderthalb Meilen ließ Quinn das Motorrad stehen; ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Sturzhelm konnte er zu leicht einem Polizisten auffallen. Vor dem Brompton Oratory winkte er einem Taxi, ließ sich nach Marylebone fahren, entlohnte den Fahrer in der George Street, und ging zu Fuß weiter.
    Seine Taschen enthielten alles, was er unauffällig aus der Wohnung hatte mitnehmen können: seinen amerikanischen Paß und Führerschein – beide allerdings schon bald nutzlos, wenn die Fahndung nach ihm begann –, ein Bündel englischer Geldscheine aus Sams Handtasche, sein Taschenmesser mit den vielen Zusatzklingen und eine Zange aus dem Sicherungsschrank. In einer Drogerie in der Marylebone High Street erstand er eine Brille mit gewöhnlichem Fensterglas und dickem Horngestell, bei einem Herrenausstatter einen Tweedhut und einen Burberry-Trenchcoat.
    Weitere Einkäufe machte er in einem Süßwarengeschäft, einem Laden mit Haushaltswaren und in einem Koffergeschäft. Dann sah er auf seine Uhr; fünfundfünfzig Minuten waren vergangen, seit er in Mr.   Patels Obstladen den Hörer aufgelegt hatte. Er bog in die Blandford Street ein und fand an der Ecke zur Chiltern Street die zwei Telefonzellen, nach denen er gesucht hatte. Er ging in die zweite; ihre Nummer hatte er drei Wochen vorher auswendig gelernt und eine Stunde vorher Zack diktiert. Der Anruf kam auf die Minute pünktlich.
    »So, du Scheißkerl, was hast du eigentlich vor?«
    Zack begriff nicht, war mißtrauisch und aufgebracht.
    Mit ein paar kurzen Sätzen erklärte Quinn, was er getan hatte. Zack hörte schweigend zu.
    »Erzählst du mir da kein Märchen?« fragte er. »Weil nämlich sonst der Junge noch immer in einem Leichensack enden wird.«
    »Hör zu, Zack, offen gesagt, ist’s mir scheißegal, ob sie euch erwischen oder nicht. Mir geht’s nur um eines: den Jungen lebend und unversehrt zu seiner Familie zurückzubringen. Und ich hab’ in meiner Jackentasche Rohdiamanten im Wert von zwei Millionen Dollar, die dich schätzungsweise interessieren dürften. Ich hab’ jetzt die Bluthunde abgehängt, weil sie sich immer wieder einmischen wollen. Willst du jetzt, daß wir den Austausch verabreden oder nicht?«
    »Die Zeit ist abgelaufen«, sagte Zack, »ich geh’ hier raus.«
    »Ich telefoniere zufällig aus einer Zelle in Marylebone«, sagte Quinn, »aber du hast recht, daß du mißtrauisch bist. Ruf mich heut abend unter derselben Nummer noch mal an und sag mir Genaueres. Ich komme, allein, unbewaffnet, mit den Steinen, egal wohin. Aber richte es so ein, daß es schon dunkel ist, weil ich abgehauen bin. Sagen wir, um acht.«
    »Einverstanden«, knurrte Zack. »Sei pünktlich.«
    Es war derselbe Augenblick, in dem Sergeant Kidd das Mikro seines Funkgeräts in die Hand nahm, um mit Nigel Cramer zu sprechen. Wenige Minuten später erhielt jede Polizeiwache im Bereich der Metropolitan Police die Beschreibung eines Mannes und Instruktionen für alle Beamten, die auf den Straßen Dienst taten, die Augen offenzuhalten, sich dem Verdächtigen, falls sie ihn entdecken sollten, nicht zu nähern, die Polizeiwache zu verständigen, den Mann zu beschatten, doch nicht weiter tätig zu werden. Für die Großfahndung nach ihm war kein Name angegeben und ebensowenig ein Grund, warum er gesucht wurde.
    Als Quinn das Telefonhäuschen verlassen hatte, ging er zurück zur Blandford Street und diese entlang bis zum Blackwood’s Hotel. Es war eine jener schon seit langem bestehenden Herbergen, in den Seitenstraßen Londons versteckt, die es irgendwie geschafft hatten, nicht von den großen Hotelketten aufgekauft und zu Tode renoviert zu werden, ein efeubewachsenes Haus mit zwanzig Gästezimmern, getäfelten Wänden und Erkern. Ein Feuer brannte in einem gemauerten Kamin des Empfangsbereichs, in dem

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