Der Unterhändler
bedienen.
Dreißig Sekunden, nachdem Quinn das Telefonat mit Zack abgebrochen hatte, erreichte er den Gehsteig auf der anderen Seite. Er lief um zwei Fußgänger herum und schoß wie ein Tornado durch die Tür des Lebensmittelgeschäfts.
»Die Jungs draußen klauen Ihre Orangen«, sagte er ohne weitere Einleitung. In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Zwischen einem Anruf und gestohlenen Orangen hin und her gerissen, reagierte Mr. Patel wie ein rechter Gudscharati und rannte hinaus. Quinn nahm den Hörer ab.
Die Fernmeldezentrale Kensington hatte rasch reagiert und die Untersuchung später ergab, daß die Leute dort getan hatten, was sie konnten. Doch sie verloren mehrere der vierzig Sekunden durch schiere Überraschung, und dann ergab sich ein technisches Problem. Zum Orten der Anrufe gingen sie von der Blitzleitung in der Wohnung aus. Jedesmal, wenn diese Nummer angerufen wurde, konnte der Anruf per Computer zu seinem Ursprungsort zurückverfolgt werden. Der Computer zeigte dann an, daß die Nummer, von der aus telefoniert wurde, zu einer bestimmten Zelle an einem bestimmten Ort gehörte. Das nahm sechs bis zehn Sekunden in Anspruch.
Sie hatten bereits die Nummer des Telefonhäuschens ermittelt, aus dem Zack angerufen hatte, doch als er die Zelle wechselte, verloren sie seine Spur, obwohl die zweite gleich nebenan war. Schlimmer noch: Er rief jetzt eine andere Londoner Nummer an, und diese war nicht angezapft. Die Sache wurde nur dadurch etwas besser, daß die Nummer, die Quinn in die Leitung diktiert hatte, noch zum Bereich Kensington gehörte. Trotzdem mußte die Suche wieder von vorne beginnen. Hektisch raste der Computer durch die zwanzigtausend Anschlüsse. Mr. Patels Nummer wurde achtundfünfzig Sekunden, nachdem Quinn sie diktiert hatte, angezapft und dann die zweite Nummer in Dunstable ermittelt.
»Schreib folgende Nummer auf, Zack«, sagte Quinn ohne Einleitung.
»Was zum Teufel ist denn los?« fauchte Zack.
»Neun-Drei-Fünf-Drei-Zwei-Eins-Fünf«, diktierte Quinn ungerührt. »Hast du sie?«
Es entstand eine Pause, während Zack sie auf einen Zettel kritzelte.
»Jetzt machen wir die Sache allein, Zack. Ich hab’ sie alle miteinander abgehängt. Nur du und ich, die Diamanten gegen den Jungen. Keine faulen Tricks, darauf geb’ ich dir mein Wort. Ruf mich in sechzig Minuten unter dieser Nummer an und in neunzig, wenn du das erstemal keine Antwort bekommst. Sie wird nicht überwacht.«
Er legte auf. In der Zentrale hörten die Lauscher die Worte: »… sechzig Minuten unter dieser Nummer an und in neunzig, wenn du das erstemal keine Antwort bekommst. Sie wird nicht überwacht.«
»Der Mistkerl hat ihm eine andere Nummer gegeben«, sagte der Techniker in der Zentrale zu den beiden Beamten von der Metropolitan Police, die bei ihm waren. Einer der beiden hatte bereits den Hörer in der Hand, um Scotland Yard zu verständigen.
Als Quinn aus dem Laden kam, sah er drüben auf der anderen Straßenseite McCrea, der sich gerade durch die zugeklemmte Tür zu drängen versuchte. Sam war hinter ihm, winkend und gestikulierend. Auf der anderen Seite fuhren zwei Autos die Straße entlang; auf Quinns Seite näherte sich ein Motorradfahrer. Quinn trat mit erhobenen Armen – der Aktenkoffer baumelte an seiner linken Hand – auf die Straße, dem Motorrad direkt in den Weg. Der Mann darauf bremste, das Motorrad brach aus und kam rutschend zum Stehen.
»Heda, was soll denn das …?«
Quinn lächelte ihn entwaffnend an, während er sich um den Lenker herum nach links duckte. Das übrige besorgte ein kurzer, harter Nierenschlag. Der junge Mann mit dem Sturzhelm sank nach vorne, Quinn zog ihn von der Maschine herunter, schwang sich in den Sattel, legte den ersten Gang ein und gab Gas. McCreas fuchtelnder Arm verfehlte Quinns Jacke um zehn Zentimeter, als dieser davonbrauste.
McCrea stand niedergeschlagen mit trauriger Miene auf der Straße. Sam kam herbeigelaufen. Sie blickten einander kurz an und rannten dann ins Haus zurück. Am schnellsten war Grosvenor Square zu erreichen, sobald sie wieder oben im dritten Stock waren.
»So steht’s also«, sagte Brown fünf Minuten später, nachdem er sich am Telefon McCreas und Somervilles Bericht aus Kensington angehört hatte. »Aber wir finden diesen Arsch schon.«
Ein anderer Apparat klingelte. Nigel Cramer meldete sich aus Scotland Yard.
»Ihr Unterhändler ist getürmt«, sagte er ausdruckslos. »Können Sie mir sagen, wie? Ich habe es in der
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