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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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kleine Teppiche die unebenen Dielen bedeckten. Quinn näherte sich dem nett aussehenden Mädchen hinter der Rezeption.
    »Hi«, sagte er mit seinem breitesten Grinsen.
    Sie blickte hoch und lächelte zurück. Hochgewachsen, leicht nach vorne gebeugt, Tweedhut, Burberry und Kalbsledertasche – ein amerikanischer Tourist, wie er im Buche stand.
    »Guten Tag, Sir, kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Ja, ich hoffe schon, Miss, ja, ganz sicher. Seh’n Sie«, sagte er im breit gedehnten Südstaaten-Amerikanisch, »ich bin gerade aus den Staaten gekommen mit Ihrer British Airways – überhaupt meine Lieblings-Airline und was glauben Sie, was denen passiert ist? Sie haben mein Gepäck verloren, ja, ma’am, sie haben es versehentlich nach Frankfurt weitergeschickt …«
    Ihr Gesicht zog sich mitfühlend zusammen.
    »Seh’n Sie, sie beschaffen es mir natürlich wieder, spätestens in vierundzwanzig Stunden hab’ ich’s. Nur stecken leider alle Unterlagen für meine Pauschalreise in meiner Reisetasche, und es ist nicht zu fassen, aber ich kann mich einfach nicht mehr erinnern, wo für mich gebucht wurde. Eine Stunde lang bin ich mit dieser Dame von der Airline Namen der Londoner Hotels durchgegangen – wissen Sie, wie viele es davon gibt? –, aber null Chance, daß es mir einfällt, bevor ich meine Tasche wieder habe. Also hab’ ich, um es kurz zu machen, ein Taxi in die Stadt genommen, und der Fahrer meinte, hier bei Ihnen ist’s wirklich nett … äh … und hätten Sie vielleicht zufällig ein Zimmer für diese Nacht frei? Übrigens, ich heiße Harry Russell …«
    Sie war ganz bezaubert. Der große Mann wirkte so bekümmert über den Verlust seines Gepäcks und weil er sich nicht erinnern konnte, welches Hotel für ihn gebucht war! Sie ging oft ins Kino und fand, er sah ein bißchen aus wie dieser hagere Amerikaner, der durch die Spaghetti-Western berühmt geworden war, obwohl er wie dieser Mann aus »Dallas«, der mit der komischen Feder am Hut, redete. Sie kam gar nicht auf den Gedanken, ihm seine Geschichte nicht abzunehmen oder auch nur nach seinem Paß zu fragen. Das Blackwood’s Hotel nahm normalerweise keine Gäste ohne Gepäck und Reservierung auf, aber da er sein Gepäck verloren und obendrein den Namen seines Hotels vergessen hatte und mit einer britischen Fluggesellschaft … Sie überflog die Liste der leeren Zimmer – die meisten ihrer Gäste waren Stammgäste aus der Provinz, ein paar Dauergäste.
    »Ich habe nur dieses eine, Mr.   Russell, leider ein kleines, nach hinten hinaus …«
    »Das tut’s längst für mich, young lady. Oh, ich kann bar bezahlen, hab’ gleich am Flughafen ein paar Dollar eingetauscht …«
    »Morgen früh, Mr.   Russell.« Sie griff nach einem alten Messingschlüssel. »Die Treppe hinauf, im zweiten Stock.«
    Quinn ging die ausgetretenen Stufen hinauf, fand Zimmer Nr. und sperrte auf. Klein, sauber und bequem. Mehr als ausreichend. Er zog sich bis auf die Unterhose aus, stellte den Wecker, den er in dem Haushaltswarengeschäft gekauft hatte, auf 18   Uhr und schlief ein.
    »Aber warum in aller Welt hat er es getan?« fragte Sir Harry Marriott, der Innenminister. Er hatte gerade in seinem Amtszimmer im obersten Stockwerk des Innenministeriums den ganzen Hergang erfahren und einen zehn Minuten langen Anruf aus der Downing Street über sich ergehen lassen müssen. Die Dame, die dort residierte, war gar nicht entzückt gewesen.
    »Ich vermute, daß er der Meinung war, er könnte niemandem vertrauen«, sagte Cramer behutsam.
    »Hoffentlich sind nicht wir damit gemeint«, sagte der Minister. »Wir haben getan, was in unseren Kräften stand.«
    »Nein, nicht wir«, sagte Cramer. »Er steuerte direkt auf einen Austausch mit diesem Zack zu. In einem Entführungsfall ist das immer die gefährlichste Phase. Sie verlangt ein äußerstes Maß an Fingerspitzengefühl. Nach diesen beiden Rundfunksendungen hier und in Frankreich, mit den durchgesickerten vertraulichen Informationen will er die Sache jetzt anscheinend auf eigene Faust machen. Wir können das nicht zulassen. Wir müssen ihn finden, Innenminister.«
    Cramer hatte noch immer nicht verwunden, daß ihm die Verhandlungen mit den Kidnappern entzogen worden waren und er sich auf die Ermittlungsarbeit hatte beschränken müssen.
    »Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie er sich absetzen konnte«, schimpfte der Innenminister.
    »Wenn ich zwei meiner Leute in der Wohnung gehabt hätte«, erinnerte ihn Cramer,

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