Der Unterhändler
müsse »zwischen den amerikanischen Stellen und den Kidnappern« –, und das Weiße Haus erklärte sich, wenn auch widerstrebend, damit einverstanden.
»Die Medien werden uns massakrieren«, knurrte Odell.
»Sie wollten ja Quinn haben«, sagte Philip Kelly.
»Eigentlich waren Sie beide es, die Quinn zuziehen wollten«, fuhr der Vizepräsident Lee Alexander und David Weintraub an, die mit am Tisch im Lageraum saßen. »Wo ist er übrigens jetzt?«
»Er wird festgehalten«, sagte Weintraub. »Die Briten haben ihre Einwilligung verweigert, ihn auf amerikanischem Territorium innerhalb der Botschaft einzuquartieren. Ihr MI 5 hat ein Landhaus in Surrey zur Verfügung gestellt. Dort ist er.«
»Nun, er wird allerhand zu erklären haben«, sagte Hubert Reed. »Die Diamanten sind weg, die Kidnapper sind weg, und der arme Junge ist tot. Wie ist er eigentlich gestorben?«
»Die Briten versuchen es festzustellen«, sagte Brad Johnson. »Kevin Brown sagt, es sei beinahe so gewesen, als wäre er von einer Bazooka getroffen worden, direkt vor ihren Augen, aber sie hätten von einer Bazooka oder etwas Ähnlichem nichts gesehen. Vielleicht sei er auch auf eine Art Landmine getreten.«
»Am Rand einer Straße in einer gottverlassenen Gegend?« fragte Stannard.
»Wie ich Ihnen gesagt habe, die Premierministerin wird berichten, was sich abgespielt hat.«
»Ich finde, wenn die Briten ihn vernommen haben, sollten wir ihn zu uns herüberholen«, sagte Kelly. »Wir müssen mit ihm sprechen.«
»Der Deputy Assistant Director unserer Abteilung kümmert sich bereits darum«, sagte Weintraub.
»Wenn er sich weigert zu kommen, können wir ihn dann zur Rückkehr zwingen?« fragte Justizminister Bill Walters.
»Ja, Herr Minister, das können wir«, sagte Kelly. »Kevin Brown glaubt, Quinn könnte in irgendeiner Weise in die Sache verwickelt sein. Wir wissen nicht, wie … noch nicht. Aber wenn wir gegen ihn als unentbehrlichen Zeugen einen Haftbefehl erlassen, werden die Briten ihn wohl ins Flugzeug setzen.«
»Warten wir noch vierundzwanzig Stunden. Mal seh’n, was die Briten herausbekommen«, sagte Odell schließlich.
Die Verlautbarung des Weißen Hauses wurde um 17 Uhr Washingtoner Zeit herausgegeben und erschütterte die Vereinigten Staaten wie kaum etwas seit den Attentaten auf Bobby Kennedy und Martin Luther King. Die Medien gerieten außer Rand und Band, und die Weigerung des Pressesprechers Craig Lipton, die 200 Zusatzfragen der Journalisten zu beantworten, war wenig dazu angetan, sie zu zügeln. Wer das Lösegeld bereitgestellt habe, wollten sie wissen, wie hoch es gewesen, in welcher Form und wie es übergeben worden sei, von wem, warum kein Versuch unternommen worden sei, die Kidnapper bei der Übergabe zu verhaften, ob das Päckchen oder Paket mit dem Lösegeld »verwanzt« worden sei, ob die Kidnapper zu auffällig verfolgt worden seien und den Jungen während der Flucht getötet hätten, welche Nachlässigkeiten die Behörden sich hätten zuschulden kommen lassen, ob das Weiße Haus Scotland Yard die Schuld gebe und wenn nicht, warum, weshalb die USA die Sache nicht von Anfang an Scotland Yard überlassen hätten, ob irgendwelche Beschreibungen der Kidnapper vorlägen, ob die britische Polizei sie schon im Netz habe … Die Fragen nahmen kein Ende. Lipton faßte den Entschluß, sein Amt niederzulegen, bevor er gelyncht wurde.
In London war es fünf Stunden später als in Washington, aber die Reaktion fiel ähnlich aus; die Spätnachrichten im Fernsehen wurden durch Kurzmeldungen unterbrochen, die wie eine Bombe einschlugen. Die Telefonzentralen in Scotland Yard, im Innenministerium, in Downing Street Nr. 10 und in der amerikanischen Botschaft waren blockiert. Journalisten, die um 22 Uhr eben im Begriff waren, nach Hause zu gehen, erhielten Weisung, die Nacht durchzuarbeiten, da bereits für 5 Uhr morgens Sonderausgaben vorbereitet wurden. Schon bei Tagesanbruch belagerten Pulks von Reportern das Radcliffe Infirmary, die amerikanische Botschaft, Downing Street und Scotland Yard. In gecharterten Hubschraubern schwebten sie über der leeren Straße zwischen Fenny Stratford und Buckingham und fotografierten beim ersten Licht den blanken Asphalt und die letzten paar Barrieren und Polizeifahrzeuge, die dort noch geparkt waren.
Nur wenige taten ein Auge zu. Angespornt von einer dringlichen Bitte des Innenministers persönlich, arbeiteten Dr. Barnard und sein Team die ganze Nacht hindurch. Der
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