Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
nur wie ein Häufchen winziger Fragmente aussah.
    Einige davon waren Überbleibsel einer kleinen Batterie, deren Herkunft Dr.   Barnard identifiziert hatte. Bei anderen handelte es sich um winzige Stückchen von einem mit PVC isolierten Kunststoffüberzug, Herkunft identifiziert. Strähnen von Kupferdraht, Herkunft identifiziert. Und ein Gewirr von verbogenem Messing, verschmolzen mit dem, was einmal ein kleiner, aber effizienter Impulsempfänger gewesen war. Nichts von einem Zünder. Er war sich zwar hundertprozentig sicher, wollte aber zweihundert Prozent Gewißheit. Vielleicht mußte er noch einmal die Stelle an der Straße inspizieren und von vorne anfangen. Einer seiner Assistenten steckte den Kopf zur Tür herein.
    »Dr.   MacDonald ruft aus dem Radcliffe an.«
    Auch der Pathologe hatte seit dem Nachmittag des Vortages gearbeitet. Seine Aufgabe würden viele als grausig empfinden, für ihn war sie eine Detektivarbeit, faszinierender als alles, was er sich vorstellen konnte. Er lebte für seinen Beruf, und dies so sehr, daß er sich nicht damit begnügte, die Überreste der Opfer von Sprengstoffexplosionen zu untersuchen, sondern auch an den Kursen und Vorträgen über den Bau und das Entschärfen von Sprengsätzen teilnahm, die im Sprengstofflaboratorium der Streitkräfte in Fort Halstead für einige wenige Auserwählte stattfanden. Es genügte ihm nicht zu wissen, daß er nach etwas suchte, er wollte auch wissen, was es war und wie es aussah.
    Er hatte zunächst zwei Stunden lang die Fotografien studiert, ehe er die Leiche auch nur berührte. Dann entfernte er vorsichtig die Kleidungsstücke, wobei er auf die Hilfe eines Assistenten verzichtete. Als erstes kamen die Turnschuhe, dann folgten die Söckchen. Das übrige wurde mit einer feinen Schere weggeschnippelt. Sämtliche Stücke wurden in Zellophanbeutel verpackt und direkt an Barnard in London geschickt. Sie trafen bei Sonnenaufgang in Fulham ein.
    Als die Leiche nackt war, wurde sie von Kopf bis Fuß geröntgt. Er sah sich die Abzüge eine Stunde lang an und identifizierte vierzig körperfremde Partikel. Dann tupfte er die Leiche mit einem klebrigen Puder ab, wobei ein Dutzend winzig kleine, an der Haut klebende Partikel entfernt wurden. Einige davon waren Grasfitzelchen und Straßenkot, andere etwas anderes. Ein zweiter Streifenwagen brachte diese grausige Ernte zu Dr.   Barnard in Fulham.
    Er führte eine Inaugenscheinnahme durch und diktierte mit seinem gleichmäßigen schottischen Singsang die Befunde auf ein Tonband. Zu schneiden begann er erst kurz vor Tagesanbruch. Zunächst mußte alles »relevante Gewebe« aus der Leiche herausgeschnitten werden; in diesem Fall betraf es den gesamten mittleren Teil des Körpers, der von den unteren beiden Rippen abwärts bis zum oberen Beckenrand zerfetzt worden war. Unter dem Herausgeschnittenen befanden sich auch die kleinen Fragmente von den unteren fünfzehn Zentimetern des Rückgrats, die es durch den Körper und die Bauchdecke gerissen hatte und die nun in den Jeans steckten.
    Die Feststellung der Todesursache war kein Problem. Es handelte sich um massive, durch eine Explosion bewirkte Verletzungen von Rückgrat und Unterleib. Für den vollen Befund reichte das jedoch nicht aus. Dr.   MacDonald ließ das exzidierte Material noch einmal, in viel feinerer Körnung, röntgen. Tatsächlich enthielt es Fremdkörper, manche so klein, daß sie mit einer Pinzette nicht zu fassen waren. Das Herausgeschnittene, Gewebe und Knochensplitter, wurde schließlich in einem Gebräu von Enzymen aufgelöst. Das anschließende Zentrifugieren erbrachte dann eine Unze kleiner Metallstücke.
    Aus dieser Unze wählte Dr.   MacDonald das größte Stück aus, das er auf der zweiten Röntgenaufnahme, in ein Stück Knochen gepreßt, in der Milz des jungen Mannes entdeckt hatte. Er betrachtete es eine Weile, stieß dann einen Pfiff aus und rief in Fulham an. Barnard meldete sich am Apparat.
    »Stuart, gut daß Sie anrufen. Gibt’s noch was für mich?«
    »Ja. Ich habe hier etwas, was Sie sich anschauen müssen. Wenn ich mich nicht täusche, handelt es sich um etwas, was ich noch nie gesehen habe. Ich meine zu wissen, was es ist, aber ich kann es beinahe nicht glauben.«
    »Lassen Sie es gleich mit einem Streifenwagen herbringen«, sagte Barnard.
    Zwei Stunden später sprachen die beiden wieder miteinander. Diesmal rief Barnard an.
    »Wenn Sie dachten, was ich vermute, dann hatten Sie recht«, sagte er. Barnard hatte seine

Weitere Kostenlose Bücher