Der Unterhändler
es galt, die versteckte Leiche eines ermordeten Kindes oder auch nur eine Mordwaffe wie ein Messer, einen Revolver oder einen Knüppel zu finden. Doch für diese Arbeit wurden Geschick, Erfahrung und ein hochentwickeltes Fingerspitzengefühl gebraucht. Deshalb setzte er nur seine geschulten Spezialisten aus Fulham ein.
Sie sicherten einen Kreis mit einem Durchmesser von hundert Yards um den Schauplatz der Explosion – er war viel zu weit gezogen, wie sich zeigte. Sämtliches Beweismaterial wurde schließlich innerhalb eines Kreises von dreißig Yards gefunden. Seine Männer krochen buchstäblich auf Händen und Knien, mit Plastiktüten und Pinzetten über den Untersuchungsbereich.
Jedes Fitzelchen Faser wurde mit Pinzetten vom Boden aufgehoben und in den Tüten deponiert. An manchen klebten Haare, Stückchen von Körpergewebe oder andere Materie. Auch blutbeschmierte Grashalme wanderten in die Plastiktüten. Ultraempfindlich eingestellte Metalldetektoren suchten jeden Quadratzentimenter der Straße, der Gräben und der umliegenden Felder ab und förderten unvermeidlich ein Sortiment von Nägeln, Blechdosen, verrosteten Schrauben, Muttern, Bolzen und sogar eine rostbedeckte Pflugschar zutage.
Das Sortieren war eine spätere Sache. Acht große Mülltonnen aus Kunststoff wurden mit durchsichtigen Plastiktüten gefüllt und nach London geflogen. Der ovale Bereich von dort, wo Simon Cormack bei seinem Tod gestanden, bis dorthin, wo seine Leiche zu rollen aufgehört hatte, im Mittelpunkt des größeren Kreises, wurde mit besonderer Sorgfalt untersucht. Es dauerte vier Stunden, bis die Leiche fortgebracht werden konnte.
Zuerst wurde sie aus jedem denkbaren Winkel fotografiert, aus relativ großer, aus mittlerer Entfernung sowie in extremen Nahaufnahmen. Erst als jedes einzelne Stück der Grasnarbe um die Leiche herum gründlich gefilzt war und nur noch das Gras unter der Leiche selbst zu untersuchen blieb, erlaubte Dr. Barnard, daß man den Boden betreten und sich dem Toten nähern durfte.
Dann wurde ein Leichensack neben den Toten gelegt und das, was von Simon Cormack übriggeblieben war, sanft aufgehoben und auf die ausgebreitete Plastikbahn gelegt. Sie wurde zusammengefaltet, der Reißverschluß zugezogen, auf ein Bahre gehoben und von einem Hubschrauber zum Obduktionslabor geflogen.
Der Präsidentensohn war in Buckinghamshire gestorben, einer der drei Grafschaften, für die die Thames Valley Police zuständig ist. Und so kehrte Simon Cormack im Tode nach Oxford zurück, ins Radcliffe Infirmary, dessen Einrichtungen es sogar mit denen des Guy’s Hospital in London aufnehmen können.
Aus dem Guy’s Hospital kam ein Freund und Kollege von Dr. Barnard, der mit dem CEO der Metropolitan Police schon in zahlreichen Fällen zusammengearbeitet hatte und zu Barnard auch in einer engen beruflichen Beziehung stand. Tatsächlich wurden sie oft als ein Zweigespann betrachtet, obwohl sie in unterschiedlichen Disziplinen tätig waren. Dr. Ian Macdonald war einer der führenden Pathologen an dem großen Londoner Krankenhaus, stand in dieser Eigenschaft auch auf der Gehaltsliste des Innenministeriums und wurde zumeist von Scotland Yard zugezogen, wenn er verfügbar war. An ihn wurde nun die Leiche Simon Cormacks übergeben, als sie ins Radcliffe Infirmary eingeliefert wurde.
Während die Männer über das Gras neben der A 421 krochen, fanden den ganzen Tag über zwischen London und Washington Konsultationen darüber statt, wie das Geschehnis den Medien und der Welt mitgeteilt werden sollte. Man einigte sich darauf, daß die Nachricht vom Weißen Haus bekanntgegeben und unmittelbar darauf in London bestätigt werden solle. In der Verlautbarung sollte es nur heißen, daß, wie von den Kidnappern gefordert, ein Austausch unter höchster Geheimhaltung vereinbart, ein Lösegeld in ungenannter Höhe gezahlt worden sei und die Verbrecher ihr Wort gebrochen hätten. Auf einen anonymen Telefonanruf hin habe die britische Polizei am Rande einer Straße in Buckinghamshire Simon Cormack tot aufgefunden.
Die britische Monarchin, die Regierung und die Bevölkerung sprächen dem Präsidenten und dem amerikanischen Volk ihr tiefstes und aufrichtigstes Mitgefühl aus. Um die Täter zu identifizieren, aufzuspüren und dingfest zu machen, sei eine Fahndung von noch nicht dagewesenem Ausmaß eingeleitet worden.
Sir Harry Marriott bestand darauf, daß der Satz über die Vereinbarung des Austausches durch sieben Worte ergänzt werden
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