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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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hatte versucht, die Chassis- und Motornummer abzuschleifen, wofür er eine auf eine Bohrmaschine gesteckte Wolfram-Karbid-Schleifscheibe benutzte, die in jedem Werkzeuggeschäft erhältlich ist. Das war nicht ganz gelungen. Diese Nummern werden ins Metall gestanzt, und eine spektroskopische Untersuchung förderte sie aus einer tieferen Schicht zutage.
    Der zentrale Fahrzeugcomputer in Swansea spuckte die ursprüngliche Zulassungsnummer und den letzten bekannten Eigentümer aus, der den Angaben zufolge in Nottingham lebte. Die Adresse wurde aufgesucht, aber er war verzogen. Keine Nachsendeadresse. Klammheimlich wurde eine Großfahndung nach dem Mann eingeleitet.
    Nigel Cramer erstattete dem COBRA -Komitee jede Stunde pünktlich Bericht, und seine Zuhörer gaben ihn an ihre jeweiligen Abteilungen weiter. Langley ermächtigte Lou Collins, den Mann der CIA in London, zu erklären, daß man auch sämtliche Infiltrationsagenten aufbiete, die man in die europäische Terroristenszene eingeschleust hatte. Es waren gar nicht wenige. Die Gegenspionage- und Anti-Terror-Dienste in sämtlichen Ländern, wo sich derartige Gruppen betätigten, boten gleichfalls jegliche Unterstützung an. Die Jagd wurde allmählich sehr heiß, aber einen großen Erfolg gab es nicht zu verzeichnen – noch nicht.
    Und die Entführer hatten sich bislang nicht gemeldet. Seit die Sache publik geworden war, waren die Telefonleitungen nach Kidlington, zu Scotland Yard, zur amerikanischen Botschaft am Grosvenor Square, zu allen Ministerien blockiert. Das Telefonpersonal mußte verstärkt werden. Die englische Öffentlichkeit, das mußte man ihr lassen, bemühte sich wirklich zu helfen. Jeder Anruf wurde überprüft, fast alle anderen Ermittlungen auf Sparflamme gesetzt. Unter den Tausenden von Anrufern waren auch Ausgeflippte, Spinner, Schwindler und Optimisten, Hoffnungsvolle, Hilfsbereite und schlicht Schwachsinnige.
    Den ersten Filter bildete die Reihe der Telefonistinnen; dann kamen Tausende von Polizeibeamten, die den Anrufenden aufmerksam zuhörten und ihnen beipflichteten – ja, das zigarrenförmige Objekt am Himmel könnte sehr wichtig sein und werde der Premierministerin persönlich zur Kenntnis gebracht werden. Die letzte Aussiebung behielten sich die hohen Polizeibeamten selbst vor, die sich die Anrufe vornahmen, die wirklich etwas versprachen. Darunter befanden sich die zweier Autofahrer, Frühaufsteher, die den grünen Transporter zwischen Wheatley und Stanton St.   John gesehen hatten. Aber alles führte nicht weiter als zu der Scheune.
    Nigel Cramer hatte zu seiner Zeit persönlich ein paar Fälle geknackt; er hatte zuerst als Revierpolizist Dienst getan, war dann zur Kripo übergewechselt und dort dreißig Jahre lang geblieben. Er wußte: Verbrecher hinterlassen Spuren; jedesmal, wenn man etwas anfaßt, hinterläßt man eine Spur. Ein guter Polyp konnte, besonders mit Hilfe moderner Technik, diese Spur finden, wenn er scharf genug hinsah. Es nahm allerdings Zeit in Anspruch – und die hatte er nicht. Er hatte schon manchen Fall erlebt, an dem auf Teufel komm raus gearbeitet werden mußte, so einen wie diesen aber noch nicht.
    Er wußte auch, daß, trotz aller Technologie, Erfolg zumeist jener Kriminalbeamte hatte, dem das Glück zu Hilfe kam. In beinahe allen Fällen kam irgendwann eine Chance durch puren Zufall – Dusel fü den Kriminaler, Pech für den Kriminellen. Ging es andersherum konnte der Verbrecher noch immer entkommen. Immerhin, man konnte seinem eigenen »Glück« nachhelfen, und Cramer schärfte seinen Teams ein, aufzupassen und nichts, absolut nichts auszulassen, mochte es ihnen noch so verrückt oder sinnlos vorkommen. Doch nach vierundzwanzig Stunden dämmerte ihm, wie auch seinem Kollegen von der Thames Valley Police, die Erkenntnis, daß diese Sache nicht auf die Schnelle zu lösen sein werde. Die Typen hatten es geschafft zu verduften, und sie aufzuspüren, würde nichts anderes als eine endlose Schinderei sein.
    Und dann war der andere Faktor zu bedenken – die Geisel. Daß es sich um den Sohn des amerikanischen Präsidenten handelte, war eine politische Angelegenheit, betraf nicht die Polizei. Auch das Leben eines Gärtnersohns war schließlich ein Menschenleben. Wenn man Männer mit einem Sack geraubten Geldes oder nach einem begangenen Mord jagte, steuerte man direkt aufs Ziel los. Bei einer Geiselnahme mußte man unauffällig vorgehen. Jagte man den Kidnappern zuviel Angst ein, lief man Gefahr, daß sie auf Zeit

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