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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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und Geld, auf alles, was sie in das Verbrechen investiert hatten, pfiffen, sich auf die Socken machten und eine tote Geisel zurückließen. Dies trug er dem düster gestimmten Komitee um Mitternacht Londoner Zeit vor. Eine Stunde später trank in Spanien David Weintraub mit Quinn ein Glas Wein. Nigel Cramer wußte davon nichts. Noch nicht.
    Bei Scotland Yard räumt man unter vier Augen ein, daß die Beziehungen zur englischen Presse besser sind, als es zuweilen den Anschein hat. Bei Kleinigkeiten ärgert man sich oft übereinander, doch wenn es um eine wirklich ernste Sache geht, sind die Chefredakteure und Zeitungsbesitzer im allgemeinen bereit, Zurückhaltung zu üben. »Ernst« bedeutet, daß ein Menschenleben oder die Sicherheit des Landes in Gefahr ist. Dies ist der Grund, warum einige Entführungsfälle überhaupt nicht an die Öffentlichkeit gekommen sind, obwohl den Chefredakteuren die meisten Details sicher bekannt waren.
    In diesem Fall hatte die Spürnase eines jungen Reporters von der Sache bereits Wind bekommen, und die britische Presse konnte nicht mehr viel tun, um sie unter der Decke zu halten. Peter Imbert, der Commissioner der Metropolitan Police, lud acht Zeitungsbesitzer, zwanzig Chefredakteure, die Chefs der beiden Fernsehanstalten und zwölf Rundfunkstationen zu sich ein. Er argumentierte, was die Auslandspresse auch drucken oder schreiben möge, es spreche viel dafür, daß die Kidnapper sich irgendwo in England versteckt hielten, englische Sender abhören, englisches Fernsehen anschauen und englische Zeitungen lesen würden. Er bat darum, keine verrückten Berichte zu bringen, etwa des Inhalts, daß die Polizei das Netz zuziehe und ein Sturm auf das Versteck unmittelbar bevorstehe. Genau solche Berichte könnten dazu führen, daß die Kidnapper in Panik gerieten, ihre Geisel töteten und verdufteten. Er bekam, was er wollte.
    Es war früher Morgen in London. Tief im Süden überflog eine VC 20 A , unterwegs nach Washington, gerade die im Dunkeln liegenden Azoren.
    Tatsächlich hatten sich die Kidnapper verkrochen. Nachdem am vorhergehenden Morgen der Volvo durch Buckingham gefahren war, hatte er östlich von Milton Keynes den Motorway M 1 erreicht und südliche Richtung, auf London zu, eingeschlagen. Er hatte sich dem großen, stählernen Strom angeschlossen, der auf die Hauptstadt zu rollte, unauffällig zwischen den schweren Lastern und den Fahrzeugen der Pendler, die aus Buckinghamshire, Bedfordshire und Hertfordshire der Hauptstadt zustrebten. Nördlich von London war der Volvo auf die M 25 abgebogen, die große Autobahn, die in einem Radius von rund fünfundzwanzig Meilen vom Stadtzentrum London umgibt. Von der M 25 gehen die großen Fernverkehrsstraßen, die die Provinzen mit London verbinden, wie die Speichen eines Rades aus.
    Der Volvo war schließlich auf eine dieser Speichen abgebogen und glitt vor 10   Uhr in die Garage eines einzeln stehenden Hauses, eine Meile vom Zentrum einer Kleinstadt und keine vierzig Meilen Luftlinie von Scotland Yard entfernt. Das Haus war mit Überlegung ausgesucht worden; nicht zu abgelegen, um Interesse bei den Käufern zu erregen, aber auch nicht zu nahe für neugierige Nachbarn. Zwei Meilen, bevor der Volvo das Ziel erreichte, befahl der Führer der Gruppe den anderen drei Männern, auf den Boden zu rutschen und sich unterhalb der Höhe der Wagenfenster zusammenzukauern. Die beiden im Fond, übereinander liegend, zogen eine Decke über sich. Jeder Beobachter hätte nur einen bärtigen Mann in einem Straßenanzug gesehen, der die Einfahrt passierte und in seine Garage fuhr.
    Der Fahrer betätigte die Fernsteuerung, worauf sich das Garagentor automatisch öffnete und dann wieder schloß. Erst als es hinter ihnen geschlossen war, erlaubte er seinen Komplizen, sich zu erheben und herauszuklettern. Die Garage war in das Haus integriert, das man durch eine Verbindungstür erreichte.
    Die vier Männer zogen wieder ihre schwarzen Trainingsanzüge an und ihre Masken, die Kopf, Hals und Schultern bedeckten, über die Gesichter, bevor sie den Kofferraum öffneten. Simon Cormack war benommen, konnte nicht klar sehen und kniff die Augen zusammen, als ihn die Taschenlampe blendete. Dann wurde ihm eine Kapuze aus schwarzer Serge über den Kopf geworfen. Von seinen Entführern sah er nichts.
    Wacklig auf den Beinen, wurde er durch die Tür ins Haus und die Treppe hinab ins Souterrain geführt. Es war vorbereitet worden; sauber, weiße Wände, betonierter Boden, eine

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