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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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in die Decke eingelassene Lampe mit bruchsicherem Glas, ein Bettgestell aus Stahl, am Boden festgeschraubt, ein Toiletteneimer mit Plastikdeckel. Die Tür hatte ein Guckloch; die Verriegelung befand sich an der Außenseite, ebenso die beiden stählernen Bolzen.
    Die Männer waren nicht brutal. Sie hoben den jungen Mann einfach auf das Bett, und der Riese hielt ihn fest, während einer der anderen ihm eine stählerne Handschelle über das eine Fußgelenk schob, nicht so eng, daß sie ihm das Blut abschnürte, aber doch so, daß der Fuß nicht herausschlüpfen konnte. Die andere Handschelle wurde geschlossen. Durch sie lief eine drei Meter lange Stahlkette, die dann mit einem Vorhängeschloß an sich selbst befestigt wurde. Das andere Ende der Kette war bereits um ein Bein des Bettes geschlungen und ebenfalls mit einem Schloß gesichert worden. Dann verließen sie ihn. Sie hatten kein einziges Wort gesprochen und würden auch nie eines sprechen.
    Er wartete eine halbe Stunde, bis er die Kapuze abzunehmen wagte. Er war nicht sicher, ob sie noch hier waren, obwohl er gehört hatte, wie eine Tür zuging und Riegel sich knirschend bewegten. Seine Hände waren frei, aber er nahm die Kapuze ganz langsam ab. Er spürte keine Schläge, hörte keine Schreie. Endlich war sie herunter. Er blickte blinzelnd in die Helligkeit, seine Augen stellten sich darauf ein, dann starrte er um sich. Seine Erinnerung war getrübt. Er wußte noch, daß er über einen weichen, federnden Rasen gelaufen war, erinnerte sich an einen grünen Transporter, an einen Mann, der einen Reifen wechselte; an zwei schwarz gekleidete Gestalten, die auf ihn zukamen, das Krachen von Schüssen, dann an den Anprall, das lastende Gewicht auf ihm und an Gras in seinem Mund.
    Er erinnerte sich an die offenen Türen des Transporters, an seine Versuche zu schreien, an zappelnde Gliedmaßen, die Matratzen in dem Fahrzeug, an den großen Mann, der ihn niederhielt, an etwas Süßes, Aromatisches und dann an nichts mehr. Bis jetzt. Dann traf es ihn. Und mit der Erkenntnis seiner Lage kam die Furcht. Und die Einsamkeit, die absolute Isolierung. Er bemühte sich, tapfer zu sein, doch die Tränen der Angst rannen ihm übers Gesicht herab.
    » O Dad«, flüsterte er. »Dad, es ist schrecklich. Hilf mir!«
    Wenn Whitehall Probleme mit der Flutwelle der Telefonanrufe und Anfragen der Presse hatte, stand das Weiße Haus unter einem dreifachen Druck. Das erste Statement zu der Angelegenheit, das aus London kam, war um 7   Uhr Londoner Zeit eingetroffen, und das Weiße Haus war eine Stunde vorher verständigt worden, daß es kommen würde. Doch um diese Zeit war es in Washington erst 14   Uhr, und die amerikanischen Medien hatten überaus hektisch reagiert.
    Craig Lipton, der Pressesprecher des Weißen Hauses, hatte eine Stunde im Cabinet Room zusammen mit dem Komitee verbracht, wo er instruiert wurde, was er sagen solle. Das Dumme war, daß es nur wenig zu sagen gab. Das Faktum der Entführung konnte bestätigt werden, ebenso der Tod der beiden Secret-Service-Männer, die Simon Cormack eskortiert hatten. Außerdem, daß der Sohn des Präsidenten ein ausgezeichneter Sportler war, der sich auf den Geländelauf spezialisiert und sich zur bewußten Zeit auf einem Übungslauf befunden hatte.
    Das würde natürlich nichts helfen. Niemand sieht begangene Fehler mit klarerem Blick als ein empörter Journalist. Creighton Burbank erklärte zwar, daß er weder den Präsidenten kritisieren oder Simon selbst einen Vorwurf machen wolle, machte aber deutlich, er werde nicht zulassen, daß seine Behörde wegen mangelhafter Bewachung an den Pranger gestellt werde, da er ausdrücklich um mehr Leute gebeten hatte. Man dachte sich einen Kompromiß aus, der allerdings niemanden täuschen würde.
    Jim Donaldson verwies darauf, daß er als Außenminister auf das Verhältnis zu London achten müsse, und außerdem wären ja Mißhelligkeiten zwischen den beiden Hauptstädten nicht nur keine Hilfe, sondern könnten sogar echten Schaden anrichten. Er verlangte, Lipton solle betonen, daß auch ein englischer Polizeisergeant ermordet worden war. Man einigte sich darauf, doch das Pressekorps im Weißen Haus nahm dann kaum Notiz davon.
    Kurz nach 16   Uhr trat Lipton vor die knurrende Meute der Journalisten und gab seine Erklärung ab. Sie wurde live von Fernsehen und Rundfunk übertragen. Kaum hatte er geendet, brach der Sturm los. Er bat um Verständnis, daß er keine Fragen beantworten könne. Ebensogut

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