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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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haben Sie vielleicht irgendeine Vermutung, wer die Täter sein könnten?«
    »Gentlemen, es gibt vier verschiedene Sorten von Kidnappern. Nur vier. Am günstigsten aus unserer Sicht wären die Amateure. Ihre Planung ist schlecht. Wenn ihnen die Entführung gelingt, lassen sie meist Spuren zurück. Sie können in der Regel aufgespürt werden. Sie haben schwache Nerven, was gefährlich werden kann. Im allgemeinen läuft es so, daß die Befreiungsteams anrücken, die Entführer übertölpeln und die Geisel unversehrt befreien. Aber das hier waren keine Amateure.«
    Es gab keinen Widerspruch. Alle Augen ruhten auf ihm.
    »Am schlimmsten sind die Maniacs; Typen wie die Manson-Bande. Völlig unzugänglich, irrational. Sie haben es nicht auf materielle Dinge abgesehen; sie töten, weil es ihnen Spaß macht. Glücklicherweise sieht es nicht so aus, als wären die hier Maniacs. Alles war peinlich genau vorbereitet, präzise geübt.«
    »Und die anderen beiden Sorten?« fragte Bill Walters.
    »Von den beiden anderen sind die politischen oder religiösen Fanatiker die Schlimmeren. Ihre Forderungen sind manchmal schlechterdings unerfüllbar. Sie suchen Ruhm und Publizität – die vor allem. Sie kämpfen für eine ›Sache‹. Manche sind bereit, dafür zu sterben, alle sind bereit, dafür zu töten. Ihre ›Sache‹ kommt uns vielleicht hirnverbrannt vor, ihnen überhaupt nicht. Und sie sind nicht dumm, nur voller Haß auf das Establishment und damit auch auf ihr Opfer, das aus diesen Kreisen kommt. Sie töten, um etwas zu demonstrieren, nicht zur Selbstverteidigung.«
    »Und die vierte Sorte?« fragte Morton Stannard.
    »Die professionellen Kriminellen«, sagte Quinn, ohne zu zögern. »Sie wollen Geld – das ist der einfache Teil. Sie haben sehr viel eingesetzt, ihre Investition steckt in der Geisel. Sie werden diese Investition nicht so leicht ruinieren.«
    »Und die Typen in unserem Fall?« fragte Odell.
    »Wer sie auch sind, ein Umstand ist sehr zu ihrem Nachteil, was sich gut oder schlecht auswirken kann. Die Tupamaros in Mittel- und Südamerika, die Mafia in Sizilien, die N ’Drangheta in Kalabrien, die Gebirgler in Sardinien oder die Hisbollah in Beirut – sie alle operieren in einer sicheren, vertrauten Umgebung. Sie müssen nicht töten, weil sie nicht unter Zeitdruck stehen. Diese Leute aber sitzen in einem Schlupfwinkel ausgerechnet in England, einer – für sie – sehr feindseligen Umgebung. Ergo stehen sie bereits jetzt unter Druck. Sie wollen ihren Deal schnell über die Bühne bringen und sich dann absetzen; das ist gut. Aber es besteht die Gefahr, daß sie die Furcht vor einer unmittelbar bevorstehenden Entdeckung übermannen könnte, so daß sie das Weite suchen und eine Leiche zurücklassen. Und das ist schlecht.«
    »Würden Sie mit Ihnen verhandeln?« fragte Reed.
    »Falls das möglich ist, ja. Wenn sie sich melden, muß irgendeiner das übernehmen.«
    »Es widert mich an, einem solchen Abschaum Lösegeld zu zahlen«, sagte Philip Kelly von der kriminalpolizeilichen Abteilung des FBI . Die Leute kommen zum FBI aus allen möglichen Bereichen des Polizeiapparats; Kelly war vorher beim New York Police Department gewesen.
    »Zeigen Profi-Verbrecher mehr Mitleid als Fanatiker?« fragte Brad Johnson.
    »Kidnapper, gleich welche, kennen kein Mitleid«, sagte Quinn knapp, »es ist das gemeinste Verbrechen überhaupt. Hoffen Sie auf Geldgier.«
    Michael Odell blickte in die Runde. Seine Kollegen nickten langsam.
    »Mr.   Quinn, wollen Sie versuchen, die Freilassung des Jungen auszuhandeln?«
    »Angenommen die Entführer melden sich, ja. Ich habe aber ein paar Bedingungen zu stellen.«
    »Natürlich. Nennen Sie sie.«
    »Ich arbeite nicht für die amerikanische Regierung. Sie kooperiert mit mir in jeder Hinsicht, aber ich arbeite für die Eltern. Nur für sie.«
    »Einverstanden.«
    »Meine Basis ist London, nicht Washington. Washington liegt zu weit vom Schuß. Ich trete in der Öffentlichkeit überhaupt nicht in Erscheinung. Ich bekomme meine eigene Wohnung und die Telefonleitungen, die ich brauche. Und ich bin Nummer eins beim Verhandeln – das muß mit London abgestimmt werden. Ich will keinen Krieg mit Scotland Yard.«
    Odell warf dem Außenminister einen Blick zu.
    »Ich denke, wir können die Engländer dazu bringen, daß sie das konzedieren«, sagte Donaldson. »Sie haben Vortritt bei den Ermittlungen zur Tataufklärung, die parallel zu eventuellen direkten Verhandlungen geführt werden. Sonst noch

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