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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wußte, der zweite stellvertretende Direktor der CID auf ihn wartete. Kevin Brown und er hatten viel gemeinsam, weshalb er darauf gedrängt hatte, daß Brown diesen Posten erhielt.
    Als er in sein Arbeitszimmer trat, fand er dort seinen Stellvertreter vor, der gerade Quinns Dossier las. Kelly deutete mit einer Kopfbewegung auf die Akte hin, während er Platz nahm.
    »Das ist also unser Held. Was sagen Sie dazu?«
    »Als Soldat hat er sich recht tapfer gehalten«, räumte Brown ein.
    »Im übrigen einer, der alles besser weiß. So ungefähr das einzige, was mir an dem Kerl gefällt, ist sein Name.«
    »Nun ja«, sagte Kelly, »sie haben sich über das Bureau hinweggesetzt und ihn als Unterhändler angeheuert. Don Edmonds hat keine Einwände dagegen erhoben. Vielleicht sagt er sich, wenn die ganze Sache schiefgeht … Trotzdem, die Schweine, die das verbrochen haben, haben gegen mindestens vier amerikanische Gesetze verstoßen. Das Bureau ist zuständig, obwohl es auf englischem Territorium geschehen ist. Und ich bin dagegen, daß dieser Wirrkopf dort drüben auf eigene Faust und ohne Aufpasser operiert, egal, wer das erlaubt hat.«
    »Richtig«, pflichtete ihm Brown bei.
    »Der FBI -Mann in London, Patrick Seymour – kennen Sie ihn?«
    »Ich habe schon von ihm gehört«, knurrte Brown. »Er kann es sehr gut mit den Briten. Vielleicht zu gut.«
    Kevin Brown kam aus der Bostoner Polizei, war, wie Kelly, irischer Abstammung, und seine Bewunderung für England und die Engländer hätte auf der Rückseite einer Briefmarke mühelos Platz gefunden. Nicht, daß er die IRA mit Samthandschuhen angefaßt hätte; er hatte zwei Waffenhändler, die mit ihr Geschäfte machten, aus dem Verkehr gezogen, und nur die Gerichte hatten sie vor dem Knast bewahrt.
    Er war ein Polizist vom alten Schlag, der für Kriminelle, gleich welcher Sorte, nichts übrig hatte. Aber er erinnerte sich auch, wie er in den Slums von Boston als kleiner Junge entsetzt seine Großmutter von Leuten hatte erzählen hören, die mit grünem Mund gestorben waren, weil sie während der Hungersnot von 1849 Gras gegessen hatten. Er wußte noch, wie sie von den vielen Iren berichtet hatte, die 1916 gehängt und erschossen worden waren. Er dachte sich Irland, das er nie besucht hatte, als ein nebelverhangenes Land mit grünen Hügeln, erfüllt von den Klängen der Fiedel und des Dudelsacks, wo Dichter wie Yeats und O ’Faolain umherwanderten und ihre Verse ersannen. Er wußte, Dublin war eine Stadt voller freundlicher Kneipen, wo friedliche Menschen am Torffeuer bei einem Glas Stout saßen, versenkt in die Werke von Joyce und O ’Casey.
    Er hatte gehört, Dublin habe das schlimmste Drogenproblem unter den Jugendlichen, aber er wußte, das war nichts als englische Propaganda. Er hatte gehört, daß irische Premierminister auf amerikanischem Boden inständig darum baten, man möge der IRA kein Geld mehr schicken; na schön, jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung. Und er selbst auch. Daß er Verbrecher jagte, verpflichtete ihn nicht dazu, die Leute sympathisch zu finden, die er als die ewigen Unterdrücker des Landes seiner Vorfahren betrachtete. Inzwischen war der ihm gegenübersitzende Kelly zu einer Entscheidung gekommen.
    »Seymour ist ein Kumpel von Buck Revell, aber der hat Krankenurlaub. Der Direktor hat mich damit beauftragt, im Namen des Bureaus diesen Fall zu übernehmen. Und ich möchte nicht, daß dieser Quinn außer Kontrolle gerät. Stellen Sie bitte ein gutes Team zusammen und nehmen Sie den Mittagsflug nach London. Sie werden ein paar Stunden nach der Concorde dort ankommen, aber das ist egal. Quartieren Sie sich in der Botschaft ein – ich werde Seymour sagen, daß Sie das Kommando führen, sollten Probleme auftreten.«
    Brown stand auf. Er war befriedigt.
    »Noch was, Kevin. Ich möchte einen Spezialagenten ganz in Quinns Nähe haben. Immer, Tag und Nacht. Wir wollen Bescheid wissen, wenn dieser Kerl auch nur rülpst.«
    »Ich weiß genau den richtigen«, sagte Brown. »Gut, hartnäckig und schlau. Auch äußerlich sympathisch. Es ist eine Frau – Agentin Sam Somerville. Ich werde sie selbst einweisen … jetzt gleich.«
    Draußen in Langley fragte sich David Weintraub, ob er jemals wieder Zeit zum Schlafen finden werde. Während seiner Abwesenheit hatte sich die Arbeit zu einem wahren Berg aufgetürmt. Viel davon hatte mit den bekannten Terroristengruppen in Europa zu tun – aktuelle Informationen, Infiltrationsagenten innerhalb dieser

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