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Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Titel: Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Mackay
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nicht. Begreifen die Folgen nicht. Leihen sich vielleicht hundert Pfund, um den Kindern, die das ganze Jahr kaum Grund zur Freude haben, ein schönes Weihnachtsfest zu bieten. Borgen sich hundert, und zahlen am Ende nicht selten ein paar tausend zurück. Natürlich können das die meisten nicht, also werden andere Zahlungsweisen verwendet. Schließlich müssen sie aushandeln, wie sie die Schulden abbezahlen. Für junge Frauen gibt’s auch andere Möglichkeiten.
    Rob hat schon seit Monaten nicht mehr gezahlt. Fünfhundert geliehen, um andere Schulden zu begleichen. Inzwischen steht er mit sechstausend in der Kreide und kann das Geld nicht zurückzahlen. Er ist ausgeblutet.
    »Steh auf, Robert.«
    George wartet, bis er sich aufrappelt. Er hat ihn bloß zweimal geschlagen, doch Robert ist ziemlich wacklig auf den Beinen. Im Moment ist er weder betrunken noch bekifft, aber das ist eine seltene Ausnahme. Deshalb ist George hier. Der Geldverleiher macht sich Sorgen, Robert könnte nicht lange genug leben, um den größten Teil der Schulden zurückzubezahlen. Er hätte ihm gar nicht erst was leihen sollen. Hätte er auch nicht, wenn ihm klar gewesen wäre, wie Roberts Leben aussieht.
    »Ich kann’s abarbeiten«, murmelt er, fast wieder auf den Beinen.
    Nein, kann er nicht. Nicht zuverlässig genug, um zu dealen. Nicht intelligent genug, um zu arbeiten. Wenn er kein Geld hat, dann hat er gar nichts.
    Alle Geldverleiher sind Abschaum. In diesem Fall ist es ein Mann namens Marty. Nicht nur ein ausbeuterischer Schläger, sondern auch ein angeberisches Großmaul. Lungert ständig in Jamiesons Club rum und versucht sich einzuschmeicheln. Obwohl George sich beherrschen kann, hätte er Marty schon oft gern das Maul gestopft. Er ist so daran gewöhnt, Leute zu verprügeln, dass es ihm inzwischen scheißegal ist. Er hasst diese Leute nicht, hat nicht mal was gegen sie. Meistens bedauert er die, um die er sich kümmern soll. Aber es ist sein Job, und er hat gelernt, sich keine Gedanken zu machen. Wenn Marty das Opfer wäre, würde ihm seine Arbeit wirklich mal Spaß machen. Pech gehabt. Irgendwann vielleicht. Menschen können schließlich in Ungnade fallen. Bisher ist es Marty jedenfalls immer noch gelungen, genug Geld ranzuschaffen, um beliebt zu bleiben.Und nicht bloß Geld. Auch Frauen. Marty versorgt Jamieson und andere gleichrangige Leute. Er findet junge Frauen, bietet gute Örtlichkeiten, organisiert die besten Partys. Den Exzess. Sich abschießen, weil man sich’s leisten kann. Marty macht’s möglich. Es hat immer viel damit zu tun, wie die bessere Hälfte lebt. Auch die bessere Hälfte von Robert, der jetzt wieder auf den Beinen ist. Eine trostlose kleine Wohnung, keine nennenswerten Möbel. Ein Leben, das nichts mehr wert ist. Und jetzt ist auch noch George bei ihm aufgetaucht, um alles noch schlimmer zu machen.
    »Ich kann was von der Kohle auftreiben.«
    George seufzt leise. Das behaupten alle. Egal, unter welchen Umständen, weil sie glauben, dass er das hören will. Reicht aber nicht. Marty hat ihm schon gesagt, dass der Typ kein Geld hat, keine Aussicht, welches zu kriegen. Das hier wird die letzte Warnung.
    Er wartet, bis Robert sich wieder aufgerichtet hat. Hebt die Hand und wartet gerade lange genug, so dass Robert sich ducken kann. Er trifft ihn am Ohr. Robert geht wieder zu Boden. Es war kein fester Schlag, dazu braucht George sich nicht herabzulassen. Er hat seinen Standpunkt klargemacht.
    »Du hast eine Woche. Heute in einer Woche kommt jemand vorbei. Dann hast du das Geld.«
    George verlässt die Wohnung und eilt durch das schmutzige Treppenhaus zum Gebäudeausgang. Ein typischer Auftrag. Robert wird auf Biegen und Brechen etwas Geld auftreiben. Er wird es irgendwo stehlen. Es sich bei einem anderen Geldverleiher besorgen. Er wird nicht alles kriegen, was Marty von ihm verlangt, aber genug, um dem Schlimmsten zu entgehen. Damit reitet er sich noch tiefer rein. Ist wirklich kein Leben, denkt George, als er in seinen Wagen steigt.
    Er hält vor seiner Wohnung. Soviel er weiß, wartet heute keine Arbeit mehr. Schon mittags fertig. Wenn noch was ansteht, melden sie sich. Ansonsten gehört der Tag ihm. Jamieson bezahlt ihm keine Unsummen, doch er kommt damit aus, und so gefällt es ihm. Ein lockeres Leben – keine Verantwortung, jede Menge Spaß. Er stürmt die Treppe rauf, und als er um die Ecke biegt, sieht er eine Gestalt auf der obersten Stufe sitzen. Er bleibt stehen. Man macht sich immer Sorgen. Er ist

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