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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Messer in die Tasche und schwankte zusammengekrümmt zur Tür des Schlafsaals. Jeder Schritt verstärkte den Schmerz.
    Auf der Schwelle musste er stehen bleiben. Er klammerte sich an den Türstock. Wo waren noch die Toiletten? Irgendwo am Anfang des Flurs. Ob er überhaupt bis dahin durchhalten würde?
    Mit einer Hand am Bauch tastete er sich an der Wand entlang. Blähungen wollten ihn schier zerreißen, sein Darm gurgelte zum Erbarmen. Aber er schaffte es bis zu den Toiletten.
    Als er jedoch erleichtert die Tür aufriss, geriet er mitten in ein nächtliches Drama. Zwei Helfer bemühten sich verzweifelt, einen Mann zu beruhigen, der sich mit allen Kräften an einen Wasserhahn klammerte. Janusz sah nur seine Augen, in denen sich der Wahnsinn spiegelte. Der Kerl rührte sich nicht von der Stelle und schrie auch nicht, sondern konzentrierte sich ganz und gar auf seine »Eroberung«. Von den beiden Sozialarbeitern kam ebenfalls kein Laut. Stumm und verbissen versuchten sie den Mann zu überwältigen.
    Unmöglich, sich bei einem solchen Gerangel zu erleichtern!
    Die Duschen fielen ihm ein. Auch dort gab es Toiletten. Er stieß die Tür auf, wandte sich nach rechts und fand sich im Hof wieder. Die Luft war so eisig, dass er für einen Augenblick seine Qualen vergaß. Die Umgebung wirkte wie versteinert. Selbst die Hunde auf dem Dach des ersten Blocks waren zur Ruhe gekommen.
    Janusz hatte keine Ahnung, wie spät es war. Jedenfalls mitten in der Nacht. Und er hatte schreckliche Bauchschmerzen. Mühsam schleppte er sich zu den Duschen. Der Raum lag in tiefem Dunkel, doch er erkannte die roten Türen und die weißen Fliesen. Alles war jetzt wieder blitzsauber und roch nach Chlor. Janusz drückte die erste Türklinke. Besetzt. Den Geräuschen nach zu urteilen, hatte es noch jemanden so heftig erwischt wie ihn.
    Die nächste Kabine war frei. Er stieß die Tür mit dem Kopf auf, torkelte hinein, drehte sich um, ließ die Hose hinunter und setzte sich, ohne sich die Mühe zu machen, die Tür abzuschließen. Ein Krampf fuhr wie ein glühendes Messer durch seinen Darm.
    Die Erleichterung raubte ihm fast den Atem.
    Mit geschlossenen Augen genoss er das Gefühl, sich zu entleeren und von seinem Übel zu befreien. Obwohl der Schmerz immer noch da war, empfand er es wie einen Segen.
    Mit geschlossenen Augen wurde er Zeuge der Qualen in der Nachbarkabine, die wie ein Echo seiner eigenen Not waren. Jetzt gehörte er wirklich zu diesen Menschen. Sogar beim Scheißen waren sie Kameraden, Komplizen bis ins Innerste. Dieser Durchfall war seine Feuertaufe.
    Plötzlich erstarrte er.
    Da war jemand. Genau vor ihm.
    Ohne den Kopf zu heben, öffnete er die Augen. Spitze an Spitze mit seinen Turnschuhen stand ein Paar glänzend gewichste Westons. Panik ergriff ihn. Wie konnte das passieren? Richtig, er hatte die Tür nicht verschlossen. Der Mann hatte sich hineingeschlichen und die Tür hinter sich geschlossen, und das alles, während Janusz sich ungebremst entleerte.
    Zunächst tat er so, als hätte er nichts bemerkt. Sein erster Gedanke galt den Rumänen, doch dazu hätten die Westons nicht gepasst. Fast unmerklich hob er den Kopf und sah eine schmale, gut geschnittene Anzughose vermutlich italienischer Herkunft.
    Sein Blick landete bei den Händen. Der Eindringling hielt einen Kabelbinder in der Hand – ein festes Nylonband mit gezahnter Innenseite, das zur Standardausrüstung jedes Handwerkers gehörte.
    Aber woher wusste er das?
    Gerade noch rechtzeitig hob er die rechte Hand an die Kehle. Der Mann hatte den Kabelbinder um seinen Hals gezurrt. Das Plastikteil schnitt sich in seine Handfläche. Mit den Fingern umklammerte er das Band, um den Zug zu mildern. Bevor der Angreifer eine bessere Position gefunden hatte, war Janusz aufgesprungen und hatte dabei mit dem Kopf auf das Kinn des Mannes gezielt. Ein jäher Schmerz durchzuckte ihn. Er sank auf der Toilettenschüssel zusammen und unterdrückte einen Schrei.
    Der Angreifer hatte den Kabelbinder losgelassen, schwankte und taumelte gegen die Tür. Janusz nahm sich nicht die Zeit, seine Hose hochzuziehen. Mit der linken Hand – die rechte war noch immer an seinem Hals festgezurrt – stieß er den Angreifer nach draußen.
    Doch nichts geschah. Erst mit Verspätung fiel Janusz ein, dass sich die Türen der Kabinen nach innen öffneten. Er griff nach der Klinke und zog aus Leibeskräften. Die durch den Körper des Mannes blockierte Tür ging zwar langsam auf, doch gleichzeitig kam auch der

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