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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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aufzutauchen.
    Kubiela hatte ihn auf seine Station verlegen lassen. Auch dieser Mann benutzte einen Nickname, »Andromak«, und kannte sowohl das Pitcairn als auch das Vega. Schließlich gab es keinen Zweifel mehr. Drei Männer, alle einsam, sensibel und labil, hatten die Dienste von sasha.com in Anspruch genommen, weil sie sich nach einer dauerhaften Beziehung sehnten.
    Kubiela hatte darauf verzichtet, die Verantwortlichen des Clubs zur Rede zu stellen oder die Polizei einzuschalten. Stattdessen trat er selbst dem Club bei. In den ersten Wochen konnte er keine Erfolge verbuchen. Schließlich begann er schon daran zu zweifeln, dass hier wirklich Entführungen, Manipulationen des Gehirns und Menschenversuche stattfanden. Doch dann lernte er eines Tages Feliz alias Anne-Marie Straub kennen.
    Von diesem Moment an nahmen seine Nachforschungen eine unerwartete Wendung. Kubiela mochte zwar ein unerfahrener Ermittler sein, aber seiner Wirkung auf Frauen konnte er sich sicher sein. Die hinreißende dunkelhaarige Feliz, die sich kühl und geheimnisvoll gab, war seinem Charme schließlich erlegen und hatte ihn ins Vertrauen gezogen. Sie arbeitete als Escort-Girl und wurde dafür bezahlt, unter den Kandidaten von sasha.com nach alleinstehenden Männern ohne Familie und andere Bindungen zu suchen, die zudem möglichst psychisch labil sein sollten. Mehr wusste sie nicht. Weder kannte sie ihre Auftraggeber persönlich, noch wusste sie, was sie mit dieser Suche beabsichtigten.
    Der Hobbyermittler war verblüfft über das merkwürdige System, Escort-Girls in eine Partnervermittlung einzuschleusen. Genau genommen waren sie Treiberinnen auf der Suche nach Beute. Fanden sie ein geeignetes Opfer, wurde es entführt und psychisch manipuliert. Aber von wem? Wie? Und wozu?
    Als er dann das fünfte und letzte Heft seiner Aufzeichnungen begann, war François Kubiela offensichtlich nachdenklich geworden. Wie sollte er seine Nachforschungen weiterführen? Die Situation überforderte ihn. Er entschloss sich, die Polizei einzuschalten, zumal er von Miossens’ Schwester Nathalie Forestier erfahren hatte, dass ihr Bruder nach seinem zweiten Verschwinden tot und verstümmelt aufgefunden worden war. Er überredete Feliz, ihm als Zeugin zur Seite zu stehen …
    Hier endeten die Notizen des Psychiaters. Den Rest konnte Kubiela sich denken. Die Männer von der ACSP waren tätig geworden. Ende Januar 2009 hatten sie Feliz aufgehängt und den Arzt entführt, um ihn der Behandlung mit dem Namen »Matrjoschka« zu unterwerfen. Diesen Punkt der Geschichte begriff Kubiela nicht. Warum hatte man ihn nicht ebenfalls getötet? Warum hatte man stattdessen das Risiko auf sich genommen, ihn in das Projekt aufzunehmen, obwohl er vom Fach war und nicht dem Psychogramm der Versuchskaninchen entsprach? Oder täuschte er sich da? Immerhin lebte er allein und hatte nie einen Hausstand gegründet. Und was sein psychisches Gleichgewicht anging, so war es ihm nicht möglich, über sich selbst zu urteilen. Vielleicht passte er ja tatsächlich perfekt ins Profil.
    Mit achtunddreißig Jahren war François Kubiela zur Versuchsperson von Mêtis geworden. Nach seiner ersten psychischen Flucht war er im März 2009 am Ufer des Kanals de l’Ourcq aufgetaucht, felsenfest davon überzeugt, Arnaud Chaplain zu heißen. Was anschließend geschah, war ihm mehr oder weniger bekannt. Eine Flucht folgte der anderen, während die von Mêtis beauftragten Mörder versuchten, ihn zu eliminieren, und die mythologischen Morde verübt wurden. Mit jeder neuen Identität hatte Kubiela sich Fragen gestellt und von Neuem mit seinen Nachforschungen begonnen. Immer wieder war er den gleichen Spuren gefolgt, hatte nach und nach die Maschinerie Matrjoschka enthüllt und war dem mythologischen Mörder näher gekommen. Aber wie weit hatte er es geschafft? Kannte er die Identität des Mörders? Die ewigen Fragen. Leider fand sich in den Heften keine Antwort darauf.
    Als Nächstes widmete er sich dem zweiten Karton, dessen Inhalt die Familie Kubiela betraf. Aus den Dokumenten erfuhr er lediglich zwei wichtige Dinge. Erstens: Seine Mutter Franciszka war 1973, zwei Jahre nach seiner Geburt, in eine Anstalt eingeliefert worden, aus der sie nie wieder herauskam. Den Unterlagen nach zu schließen lebte sie noch, und zwar in der Klinik Philippe-Pinel in Amiens. Diese Information rief in Kubiela nicht die geringste Gefühlsregung hervor. Neben der Erinnerung schien man ihm auch die Emotionen genommen zu

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