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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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bitten. Er brauchte sie also mehr denn je.
    »Weißt du was, Sol?« Es war das erste Mal, dass sie ihn so nannte, und der Name passte zu ihm. »Ich will ein Büro, einen funktionstüchtigen Computer, ein Zivilfahrzeug und zwei richtig gute Männer. Außerdem rufst du gleich die Wache an der Place des Invalides an und sorgst dafür, dass du zu meinem ›Bewährungshelfer‹ ernannt wirst.«
    »Sonst aber nichts?«
    »Wenn du mich ans Ruder lässt«, fuhr sie fort, als hätte sie seinen Einwurf nicht gehört, »hast du innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden erste Resultate.«
    Schweigend sah Solinas sie an, während er pausenlos seinen Ring auf und ab schob. Fast sah es aus, als masturbierte er.
    »Du bist auf mich angewiesen«, bekräftigte sie. »Deine Jungs haben keine kriminalistische Erfahrung, du kannst niemanden um Hilfe bitten, und am Montag wird der Staatsanwalt einen Ermittlungsrichter ernennen, der wiederum die Kripo einschaltet.«
    Solinas schwieg noch immer.
    »Du hast das alles von Anfang an gewusst. Und nur deshalb hast du mich im Knast besucht.«
    Der Kommissar runzelte die Stirn, was bei seinem kahlen Schädel gut zu beobachten war. Man konnte seine Gedanken wie in einem offenen Buch lesen.
    »Ja oder nein?«
    Solinas’ Gesicht entspannte sich plötzlich, und er brach in schallendes Gelächter aus.
    »Was ist denn daran so komisch?«, fragte Anaïs pikiert.
    »Ich denke gerade an deinen Alten.«
    »Wieso an den?«
    »Du warst bestimmt keine ganz einfache Tochter.«
    »Er war ein unmöglicher Vater. Kriege ich jetzt das, was ich brauche, oder nicht?«
    »Geh dir einen Kaffee holen. Ich muss ein paar Dinge organisieren.«
    Wortlos verließ Anaïs das Büro. Die mit Teppichboden ausgelegten Flure, die Klimaanlage und die trüben Deckenleuchten erinnerten sie an das Gefängnis, allerdings in einer Hightechversion.
    Vor dem Kaffeeautomaten suchte sie nach Kleingeld. Zwar zitterten ihre Hände, doch es war eine positive Erregung. Sie hatte sich längst entschieden, die Ermittlung aufzuteilen. Mit Medina sollten sich Solinas und seine Leute befassen, während sie selbst sich um etwas anderes kümmern würde, von dem sonst niemand wusste: die Daguerreotypien. Solinas gegenüber würde sie natürlich kein Sterbenswörtchen davon erwähnen. Wäre doch gelacht, wenn sie der Macho-Bande nicht eine Nasenlänge vorausblieb.
    Der Kaffee gurgelte in den Becher. Gleich beim ersten Schluck verbrannte sie sich die Zunge. Der zweite Schluck war schon erträglicher, doch der Kaffee hatte nicht das geringste Aroma. Ihr Bauch knurrte und rumorte. Sie hatte nichts mehr gegessen, seit … ja, seit wann eigentlich?
    Als sie in Solinas’ Büro zurückkehrte, war dieser nicht mehr allein. Neben ihm standen zwei Kleiderschränke, die wie ausgemachte Ganoven aussahen.
    »Darf ich dir Fiton und Cernois vorstellen? Zwei meiner besten Jungs. Sie werden dir bis Montag zur Hand gehen.«
    Anaïs musterte die beiden Muskelmänner. Der eine war groß und dürr, nicht rasiert, trug eine verdreckte Jeans, dunkle Turnschuhe und eine schwarze Jacke, unter der ein T-Shirt mit dem Konterfei von Iggy Pop hervorlugte. Er hatte sein Haar zu einem Entenschwanz frisiert, die Augen mit Kajal betont und sah aus, als wäre er komplett zugedröhnt. Der andere war ebenso groß wie der erste, aber locker doppelt so schwer. Er trug einen fadenscheinigen Markenanzug, eine fleckige Krawatte und einen Dreitagebart, der heftig mit seinem Bürstenschnitt kontrastierte. Beide trugen die Waffe gut sichtbar an ihrem Gürtel.
    Sie gefielen Anaïs auf Anhieb, denn sie erinnerten sie an ihr Team in Bordeaux. Allerdings ahnte sie, dass die beiden Typen für kriminaltechnische Ermittlungen ungefähr so geeignet waren wie sie selbst für ein Strickkränzchen.
    »Und mein Büro?«
    »Das ist gleich nebenan. Dann kann ich dich besser im Auge behalten. Du wirst keinen Schritt tun, ohne mich auf dem Laufenden zu halten.«
    Sie dachte an die Daguerreotypien und suchte nach einem Ausweg. Aber vergeblich.
    »Friss oder stirb«, grinste Solinas. »Ich denke, du hast keine Wahl.«

I nnerhalb von zwei Stunden erkannte François Kubiela, dass die Aufzeichnungen seine neuesten Vermutungen im Großen und Ganzen bestätigten. In fünf kleinformatigen Spiralheften, deren karierte Seiten er mit seiner engen Kugelschreiberschrift vollgeschrieben hatte, fand sich sein komplettes Logbuch. Er hatte ganz altmodisch gearbeitet – ohne Computer, ohne USB-Stick, ohne Internet. In

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