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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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bitte?«
    »Heute ist Sonntag. Ich habe die ganze Nacht mit dieser Leiche verbracht und hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich jetzt erst einmal gemütlich mit meinen Kindern frühstücke.«
    Anaïs betrachtete das zusammengeflickte Gesicht des Opfers. Sie würde den Sonntag in Gesellschaft dieses Monsters verbringen, das aussah, als wäre es einem Horrorfilm entstiegen, und vermutlich Penner und Dealer verhören. Tränen stiegen ihr in die Augen. Leg auf .
    »Dann schick mir wenigstens schon mal die Fotos von der Leiche.«
    »Und der Kopf? Was soll ich damit machen?«
    »Welcher Kopf?«
    »Der von dem Stier. Wer bekommt ihn?«
    »Schreib mir bitte einen Vorabbericht darüber, wie der Mörder ihn abgetrennt und ausgehöhlt hat.«
    »Tiere sind nicht mein Aufgabenbereich«, entgegnete Longo abschätzig. »Da müssen wir einen Tierarzt fragen. Oder meinetwegen die Berufsschule für Metzger in Paris.«
    »Dann such dir eben einen Tierarzt«, schnauzte Anaïs. »Der Kopf ist ein Teil deiner Leiche und gehört in deinen Bericht.«
    »Heute? Am Sonntag? Das kann Stunden dauern!«
    Anaïs wusste, dass der Traum des Mediziners vom gemütlichen Familienfrühstück gerade zerplatzt war. Nicht ohne eine gewisse Grausamkeit erwiderte sie:
    »Lass dir etwas einfallen. Wir sitzen schließlich alle im gleichen Boot.«

A naïs bestellte Le Coz und die anderen Mitglieder ihres Teams in ihr Büro. Während sie wartete, blickte sie sich um. Der ihr zugeteilte Raum war recht groß und lag im ersten Stock des Kommissariats. Ein Fenster, das bis zum Boden reichte, öffnete sich auf die Rue François de Sourdis, ein zweites ging auf den Flur hinaus. Das nach innen liegende Fenster hatte ein Rollo, mit dem sie sich bei Bedarf vor neugierigen Blicken schützen konnte. Doch Anaïs ließ es niemals hinunter. Sie genoss es, dem regen Treiben im Kommissariat zuzuschauen.
    Im Augenblick herrschte eine geradezu außergewöhnliche Ruhe. Die Ruhe eines Sonntagmorgens. Das Einzige, was Anaïs hören konnte, waren die leisen Geräusche aus dem Erdgeschoss, wo gerade die Zecher der vergangenen Nacht aus den Ausnüchterungszellen entlassen wurden. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft durften auch diejenigen nach Hause gehen, die in der Nacht vorläufig festgenommen worden waren: Fahrer ohne Führerschein, Jugendliche, die man mit ein paar Gramm Shit oder Koks aufgegriffen hatte, und Diskothekenschläger. Die Ernte eines Samstagabends, die sich im Aquarium drängte.
    Anaïs warf einen Blick in ihre Mails. Longo hatte ihr seine Fotos im PDF-Format bereits übermittelt. Sie schickte die Dateien zum Drucker und ging in den Flur zum Kaffeeautomaten. Bei ihrer Rückkehr wartete ein ganzer Stapel makabrer Bilder auf sie.
    Aufmerksam betrachtete sie die Tattoos des Opfers. Ein keltisches Kreuz, ein Maori-Bild, eine Schlange mit einer Krone aus Rosen: Der Junge hatte keinen besonders kreativen Geschmack. Das letzte Bild zeigte den Stierkopf, der auf dem Obduktionstisch ausgestellt war wie in der Auslage eines Metzgerladens. Eigentlich fehlten nur die Petersiliensträuße in der Nase. Anaïs wusste nicht, ob Longo sich wieder einmal nur einen Scherz erlaubt hatte oder ob er provozieren wollte. Trotzdem freute sie sich über das Bild, das sie als untrüglichen Beweis für die Wahnhaftigkeit des Mörders ansah. Der Kopf wirkte wie ein animalisches Symbol für seinen gestörten Geist und seine Gewaltbereitschaft.
    Das Tier hatte große Nüstern, weit geschwungene Hörner und ein glänzend schwarzes Fell. Die Augen wirkten wie aus dunklem Lack und glänzten noch immer, obwohl das Tier schon lange tot war und stundenlang in der Kälte der Reparaturgrube gelegen hatte.
    Anaïs legte die Bilder zur Seite und trank einige Schluck Kaffee. Ihr Magen rumorte. Wie lange hatte sie schon nichts mehr gegessen? Stunden? Tage? Den verbliebenen Teil der letzten Nacht hatte sie damit verbracht, Gefängnisse und psychiatrische Kliniken anzurufen. Sie suchte nach einem kürzlich entlassenen Geistesgestörten, der entweder einen Hang zu griechischer Mythologie hatte oder irgendwann einmal als Tierschänder aufgefallen war. Leider hatte sie nur ein paar verschlafene Wärter erreicht und würde es später noch einmal probieren müssen.
    Anschließend hatte sie Kontakt zu der Behörde aufgenommen, bei der alle in Frankreich begangenen Straftaten dokumentiert werden. Doch auch hier war das Ergebnis gleich null. An einem Sonntag um fünf Uhr morgens war buchstäblich niemand zu

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